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Mr. Sex

Mr. Sex

Titel: Mr. Sex
Autoren: Carolin Mueller
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Alles Mittel
     
    Kurz nach meinem 30. Geburtstag, den ich so wild gefeiert hatte, als wäre ich gerade 18 geworden, habe ich mich zum Kauf einer soliden Eigentumswohnung entschieden. Viel lieber hätte ich natürlich ein schönes Haus, einen passenden Mann und das erste Kind gehabt. Aber das kann man sich ja leider nicht kaufen.
     
    Mein Budget reichte weder für ein Einfamilien- noch für ein Reihenhaus, aber immerhin für eine 110 qm große Maisonette-Wohnung in einem schönen Vierfamilienhaus.
    Im Erdgeschoss befand en sich die Küche inklusive Speisekammer, das Wohn-Esszimmer sowie die Diele mit Gästetoilette und einer buchefarbenen Wendeltreppe, die nach oben führte. Im Obergeschoss gab es zwei Schlafzimmer und ein tolles Wellness-Bad mit Wellness-Dusche und verschiedenen Lichtern, die dir gut tun sollen, wenn es dir mal schlecht geht. Was so ein Licht gegen Liebeskummer oder eine zu hohe Gewichtsanzeige auf der Körperfett-Waage bewirken soll, habe ich bis jetzt allerdings noch nicht herausgefunden.
    Ein Kellerraum und ein Garten gehörten ebenfalls zu der Wohnung.
    Mein Wohn-Esszimmer ha tte ich in einem warmen Gelb gestrichen, die Möbel waren weiß. Alles war freundlich und hell – im Exposé wurde die Wohnung als „Licht durchflutet“ beschrieben - und jeder, der mich zum ersten Mal besuchte, war begeistert von der warmen Atmosphäre. Ich muss sagen, dass mir die Einrichtung und die Farbzusammenstellungen wirklich gut gelungen waren. Meine Küche war apfelgrün und mein Schlafzimmer hatte ich asiatisch gestaltet: Dunkle Möbel, Blumenkübel, geflochten aus Wasserhyazinthen mit Bambus, der jeden Tag unzählige Blätter fallen ließ, grüne Accessoires und weiß-grüne Gardinen. Ein Raum zum Wohlfühlen. Leider fühlte ich mich, seit ich eingezogen bin, immer nur alleine wohl.
     
    In der Dachgeschosswohnung über mir wohnen Margot und Albert. Sie sind 55 Jahre alt und total auf Öko eingestellt. Sie stehen beide auf gutes Schuhwerk, Hauptsache bequem, auf wind- und regendichte Outdoor-Jacken in der Signalfarbe Gelb, um beim Spazierengehen gut gesehen zu werden, auf Fahrradfahren und auf Bio-Gemüse. Bei ihnen wohnt und bellt „Jacko“, ein großer, schwarzer Labrador-Mischling, mit glänzendem Fell. Er ist immer gut gelaunt und liebt es, einem seinen voll gesabberten, stinkenden Seuchenball vor die Füße zu legen, den man dann voller Freude anfassen und werfen sollt. Manchmal tue ich ihm den Gefallen und habe dann direkt das Gefühl, das ein gigantischer Herpes auf meiner Lippe wächst.
    In der anderen Hälfte des Hauses wohnen Bernd und Hildegard. Die beiden sind erst Mitte 40, wirken aber wie 70 und sind das Spießigste, was ich je erlebt habe.
    Die zweite Dachgeschosswohnung ist im Moment nicht vermietet.
     
    Wir Hausbewohner teilen uns das Treppenhaus sowie den Wasch- und Trockenraum. Gemeinsam sind wir für eine saubere Straße, einen sauberen Mülltonnenweg und eine saubere Mülltonne verantwortlich. Dass das Treppenhaus wöchentlich geputzt werden muss, ist klar. Und das ich das hin und wieder auch mal vergesse auch.
     
    Da die monatlichen Raten für mein Darlehen relativ hoch sind und ich ja auch lieber zu Dritt oder Viert gewesen wäre, es aber nicht bin, ist mein bester Freund, Kemal Öztürk, ein aus Anatolien stammender, 1,90 Meter großer und 100 kg schwerer Türke, bei mir eingezogen. Jeder von uns hat sein eigenes Schlafzimmer im ersten Stock. Die Küche, das Wohn- und Badezimmer teilen wir uns. Die Wände seines Zimmers hat Kemal mit hässlichen Helden aus seinen Computer-Spielen bemalt. Das hatte er – nüchtern betrachtet - wirklich toll gemacht, aber ich finde es trotzdem dämlich. Und rein Feng-Shui-technisch betrachtet stört mich diese Hässlichkeit natürlich in meinem Einklang und meiner Zufriedenheit. Aber er zahlt brav seine Miete, die ich dringend brauche und da kann ich auf solch wichtige Dinge wie ein ausgewogen fließendes Shi keine Rücksicht nehmen.
    Für die Einrichtung der Gemeinschaftsräume war ich zuständig gewesen – ist ja auch schließlich meine Wohnung – was Kemal aber nicht im Geringsten störte. Das gemeinsame Planen und Aussuchen von Möbeln, Farben und Accessoires hätte ihn sowieso nur genervt.
    Wenn er nicht gerade als Krank enpfleger im städtischen Krankenhaus arbeitet, sitzt er stundenlang vor seinem Computer und spielt irgendwelche bescheuerten Baller-Spiele. Dabei ißt er eine Tüte Chips und trinkt gefühlte 5 Liter Cola und beschwert sich
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