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TS 72: Das Erbe von Hiroshima

TS 72: Das Erbe von Hiroshima

Titel: TS 72: Das Erbe von Hiroshima
Autoren: Clark Darlton
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superior.
    Die Hochzeit fand im Jahre 1974 in Richmond statt. Und knapp ein Jahr später, am 16. Juli 1975, wurde Reginald Robert Harnahan geboren, fast genau dreißig Jahre nach der Detonation jener Bombe, die ein neues Zeitalter einleitete.
    R. R. Harnahan war ein völlig normales Kind, und selbst Professor Prexler mußte gestehen, selten ein so lustiges und bewegliches Baby gesehen zu haben, obwohl das, wie er zugab, absolut nichts bedeute. Denn man hatte ihn selten zu Kindstaufen eingeladen.
    Er hatte selbstverständlich eine bunte Kugel mitgebracht, die er dem strampelnden Nachfolger des ehemaligen Detektives und jetzigen Schriftstellers andauernd vorhielt, wahrscheinlich in der heimlichen Hoffnung, das einige Wochen alte Baby könne damit die verwunderlichsten Zauberkunststücke vollführen. Seine Enttäuschung war dementsprechend groß.
    Oberhauser hatte ebenfalls den langen Weg nicht gescheut. Er war inzwischen in den Ruhestand getreten und weigerte sich trotz verlockender Angebote entschieden, an der weiteren Forschung teilzunehmen. In regelmäßigen Abständen kam er nach Richmond, um Robert Britten bei seinen Forschungen zu unterstützen. Beide Männer waren Freunde geworden.
    Marry Britten, die Großmutter, fühlte sich nicht als solche. Ihr Stolz ging sogar soweit, daß ein plötzlich hinzukommender Besucher sie unweigerlich für die Mutter des Neugeborenen halten mußte.
    Ann und Lex fielen am wenigsten auf. Aber das schien kein Wunder zu sein, denn sie waren schließlich nur die Eltern und hatten alle Hände voll zu tun, für das Wohl der fröhlichen Runde zu sorgen.
    „Hat Prexler es immer noch nicht aufgegeben“, erkundigte sich Bob Britten bei Oberhauser. „Er steckt die ganze Zeit im Kinderzimmer und läßt das arme Wurm nicht schlafen.“
    „Das Kind ist noch viel zu jung“, schüttelte Oberhauser den Kopf. „Ich hätte Prexler mehr Vernunft zugetraut.“
    „Er wird es schon aufgeben“, lachte Ann. „Schließlich bewies ich meine Fähigkeiten erst mit acht Jahren.“
    Lex runzelte die Stirn.
    „Prexler kommt mir wie ein Geier vor – hartnäckig und zielbewußt dazu. Er wird uns vorerst kaum Ruhe gönnen.“
    „Er bringt das Kind noch um“, fürchtete Oberhauser. „Als ich eben nach ihm sah, hätte ich fast an seinem Verstand gezweifelt. Er hockt vor der Wiege, den bunten Gummiball an einem dünnen Faden. Dann schwenkt er ihn vor den Augen des unglücklichen Reggy hin und her in der Hoffnung, der Junge möchte den Ball gern haben. Aber das Gehirn des Kindes kann überhaupt noch nicht entwickelt sein, obwohl Prexler behauptet, das spiele absolut keine Rolle. Wenn die Fähigkeit vorhanden sei, müßte der Ball reagieren; lediglich das Bewußtsein arbeite noch nicht.“
    Ann schenkte die Gläser voll.
    „Ich glaube, daß unsere Befürchtungen sich nicht bewahrheiten. Es wird keine Kinder von Hiroshima geben – ich bin das einzige geblieben.“
    Oberhauser gab keine Antwort.
    Er wäre auch nicht mehr dazu gekommen.
    Professor Prexler stürzte ins Wohnzimmer. Sein Gesicht leuchtete feuerrot in fieberhafter Erregung, und die Spitzen seines wohlgepflegten Vollbartes zitterten merklich. Seine Krawatte hing schief, was bei ihm als Zeichen außerordentlicher Gemütsbewegung gelten mußte. In seiner Hand hielt er den bunten Ball.
    Zweimal setzte er zum Sprechen an, aber jedesmal zwang ihn die nach Luft dürstende Lunge, Atem zu holen. In seinen Augen war ein fanatisches Leuchten.
    Oberhauser wurde blaß.
    „Was ist passiert?“ schrie Ann und eilte an Prexler vorbei zu der Wiege des Kindes. Reginald R. Harnahan lag friedlich in den zerwühlten Kissen und hatte die Augen geschlossen. Jetzt öffnete er sie. Es war Ann, als lächle der kleine Kerl.
    „Nun?“ machte Oberhauser.
    Prexler nahm seine ganze Kraft zusammen.
    „Der Ball – er wollte den Ball haben – und er bekam ihn. Aus einem halben Meter Entfernung holte sich Anns Sohn den Ball. Er berührte ihn nicht, aber ich vermochte nicht, ihn zu halten. Wissen Sie, was das bedeutet, Professor Oberhauser?“
    Oberhauser nickte und sah dann Lex an.
    „Ich weiß es. Mister Harnahan – damit wurde das Urteil über uns alle gesprochen.“
    Lex stand ohne ein Wort auf und schritt quer durch das Zimmer, um im schmalen Gang zu verschwinden, der sie vom Kinderzimmer trennte. Bob Britten wollte ihm folgen, aber Oberhauser hielt ihn zurück.
    „Lasse ihn, Bob. Lassen wir ihn mit seinem Kind und der Mutter des neuen Geschlechtes allein. Es wird
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