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TS 72: Das Erbe von Hiroshima

TS 72: Das Erbe von Hiroshima

Titel: TS 72: Das Erbe von Hiroshima
Autoren: Clark Darlton
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nur ein Gramm Treibstoff benötigt würde. Aber ich kann genauso gut an jedem Ort der Welt die Atombomben detonieren lassen – wenn ich von ihrem Vorhandensein Kenntnis erhalte und den Zündmechanismus studiere.“
    Lex kniff die Augen zusammen, um sein Erschrecken hinter Skepsis zu verbergen, in Wirklichkeit zweifelte er keine Sekunde an Anns Worten. Eine Bombe bestand aus zwei Teilen, die – zusammengebracht – die kritische Masse ergaben. Diese Masse aber war unstabil und gab ihre Energie sofort frei.
    „Du willst also verhindern, daß weitere Kinder von Hiroshima entstehen? Und wie willst du das?“
    „Es dürfen keine weiteren Atomversuche mehr stattfinden.“
    „Wie willst du das erreichen?“
    „Ich muß den Politikern beweisen, welche Gefahr sie durch diese Versuche heraufbeschwören. Vielleicht demonstriere ich ihnen meine Macht und sage ihnen, daß bald zehn oder hundert Menschen meiner Art existieren werden.“
    „Und, was glaubst du, wielange wirst du danach leben?“
    „Ich verstehe dich nicht.“
    „Es ist doch sehr einfach, Ann. Sie werden alles daransetzen, dich unschädlich zu machen. Gegen ein Heer zum Äußersten entschlossener Geheimdienstler wirst du auf lange Sicht gesehen keine Chance haben. Eine geringe Unaufmerksamkeit – und du bist gewesen. Glaube nur ja nicht, daß die Regierungen der Welt eine Gefahr wie dich dulden.“
    „Aber – bin ich denn eine Gefahr?“
    „Eine viel größere, als du ahnen kannst, Ann. Es sei denn, du stellst dich auf ihre Seite – hüben oder drüben.“
    Sie schüttelte den Kopf.
    „Niemand soll mich haben.“
    „Du bist Amerikanerin, Ann!“
    „Ich bin mehr als das, begreifst du das nicht? Die Kinder von Hiroshima, wenn sie einst als Rasse existieren, werden keine Grenzen oder Nationen mehr kennen. Welchen Sinn hätten dann noch Türen, wenn man die Materie beherrscht und sie durchschreiten kann? Was bedeutet die Isolierung der Nationen, wenn die geheimsten Gedanken von Kontinent zu Kontinent eilen? Nein, mein lieber Lex, die Grenzen zwischen den Menschen, von diesen selbst gezogen, werden fallen müssen, wenn der Mensch über sie hinauswächst.“
    „Das läßt sich genauso wenig übers Knie brechen wie die Entwicklung zur Superrasse – hast du das nicht selbst eben gesagt? Wir sind vom Thema abgekommen. Ich habe nur eine einzige Frage: wie wollen wir es machen?“
    Sie sah ihn erstaunt an. In ihre Züge kam plötzlich etwas Weiches, Gütiges. Sie lächelte.
    „Nun hast du endlich in deiner eigenen Frage die Antwort gefunden, indem du ,wir’ sagtest, Lex. Ich bleibe im Verborgenen, während du für mich sprichst. Du wirst der Welt sagen, welche Gefahr der jetzige Kurs für sie birgt, ich aber werde warten und, wenn du das Zeichen gibst, eingreifen. Ich werde nichts anderes tun, als deine Worte beweisen.“
    „Und wie?“
    „Die Einzelheiten besprechen wir noch. Mir kommt es jetzt nur auf eines an: kann ich mich auf dich verlassen und hast du wirklich verstanden, worum es geht? Wirst du auf meiner Seite stehen, wenn ich die noch unreife Menschheit vor der zu schnellen Reife bewahren möchte? Ein zu milder Frühling treibt auch Knospen, aber wenn dann der Frost eintritt, stirbt die Natur. Ich will lediglich verhindern, daß weitere Zufälle neue Mutationen auftreten lassen.“
    „Wir wissen noch nicht, ob deine Fähigkeiten erblich sind.“
    Ann errötete ein wenig.
    „Vielleicht werden wir auch das eines Tages erfahren. Ist es so, dann können wir nichts anderes tun, als eine bereits begonnene Entwicklung lediglich zu verlangsamen; sie aufzuhalten – ist es dann zu spät. Denn wenn die Eltern die erweiterte Funktion ihres Gehirns noch nicht erfaßten, werden ihre Kinder es tun.“
    „Besonders dann, wenn du sie mit deiner Demonstration darauf aufmerksam machst. Damit entsteht ein weiteres Problem: wir müssen das Unternehmen so durchführen, daß die Öffentlichkeit nichts davon erfährt.“
    Vom Fenster her wehte es nun kühl in das Zimmer. Ann fröstelte. Wie von Geisterhand glitten die beiden Flügel zu; mit einem hörbaren Einrasten schob sich der Riegel herab. Selbsttätig schloß sich der Vorhang.
    „Ich beginne mir die Welt der Zukunft vorzustellen“, sagte Lex ruhig, ohne ein Zeichen von Überraschung. „Es ist wirklich noch zu früh für die Kinder von Hiroshima.“
    Sie atmete unmerklich auf.
    „Ich werde Urlaub nehmen und mit dir nach Amerika kommen. Im Hause meiner Eltern wird man mich nicht suchen. Wenn du meinen
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