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TS 72: Das Erbe von Hiroshima

TS 72: Das Erbe von Hiroshima

Titel: TS 72: Das Erbe von Hiroshima
Autoren: Clark Darlton
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Menschen, die ihr so nahe standen, und die ihr doch so fern waren. Ihr kam zu Bewußtsein, daß sie den Ablauf ihres eigenen Lebens verfolgte, das an dem verhängnisvollen Tag von Hiroshima begann …
    Hiroshima!
    Auf der anderen Seite der Erde lag diese Stadt, und doch war ihr Schicksal eng mit dem ihren verbunden. Sie war eines der Kinder von Hiroshima – vielleicht das einzige Kind, das sich dieser Tatsache vollauf bewußt war. Sie hatte von keinem anderen je gehört.
    Gab es vielleicht nur ein Kind von Hiroshima? War sie ein Einzelfall? Würde es niemals eine neue Rasse geben?
    Es klopfte.
    Sie blieb sitzen, aber der Schlüssel drehte sich im Schloß. Lex Harnahan trat ein, blieb reglos stehen, während hinter ihm die Tür wieder einrastete und der Schlüssel sich drehte.
    Seine Hand tastete zum Lichtschalter, aber er war nicht schnell genug. Ehe er ihn finden konnte, knackte es dicht neben ihm. Die Lampe an der Decke flammte auf.
    Ann saß am Tisch und sah ihm entgegen.
    „Du bist pünktlich, Lex.“
    Er nickte, von der Probe ihres Könnens tief beeindruckt. Fast hätte er vergessen, den Hut vom Kopf zu nehmen und auf einen Stuhl zu legen. Dann ging er langsam auf sie zu.
    „Man könnte Angst vor dir haben“, gab er zu.
    „Hast du keine?“
    Er setzte sich ihr gegenüber.
    „Ich weiß es nicht, Ann. Vielleicht sollte ich.“
    Sie schüttelte den Kopf.
    „Du solltest eben nicht, weil du mich kennst. Das Gefühl der Macht hat mich nicht verderben können und ich bin der gleiche Mensch geblieben, der ich immer war. Es darf nur einen einzigen Menschen geben, der Angst vor mir hat – und das bin ich selbst.“
    „Warum?“
    „Vielleicht deshalb, weil ich auch der einzige bin, der meine Grenzen kennt – aber: kenne ich sie wirklich? Ich habe ja nicht die Möglichkeit, sie restlos abzutasten.“
    „Immerhin zeigte mir der Empfang, daß du über viele Meter hinweg Türen aufschließen und Lichtschalter anknipsen kannst.“
    „Wenn ich es wollte, könnte ich jetzt das Licht im Haus meiner Eltern einschalten.“
    Lex sah sie fast erschrocken an.
    „Die Entfernung – sie ist kein Hindernis?“
    „Sie spielt keine Rolle mehr.“
    „Mein Gott – welche Macht besitzest du, Ann?“
    Sie schlug plötzlich die Hände in einer hilflosen Geste vor das Gesicht und begann zu schluchzen. Im ersten Augenblick wußte Lex nicht, was er tun sollte, aber dann überwand er die Scheu. Er stand auf und ging zu ihr. Sanft legte er seine Hände auf ihre Schultern. Er beugte sich herab und berührte ihre Stirn mit seinen Lippen.
    „Arm – beruhige dich, bitte. Ich bin ja bei dir, und ich werde dich nie mehr verlassen. Du sollst nicht mehr allein sein, verstehst du? Du hast mich, deinen alten Lex …“
    Sie ließ die Hände sinken und starrte ihn an.
    „Nicht den alten Lex. Ich möchte einen neuen Lex, der mich versteht und der mir hilft. Einen Lex, der mich nicht fürchtet, sondern mir vertraut. Der mich versteht, hörst du?“
    „Ich glaube schon, daß ich verstehe. In den vergangenen Jahren gab mir das Leben genügend Zeit, über dich und uns nachzudenken. Aber ich weiß auch, daß sich die Entwicklung nicht aufhalten läßt. Wenn ein neues Geschlecht heranwächst, so dürfen wir es nicht verhindern.“
    „Die Zeit ist noch nicht gekommen, Lex. Aus Bösem kann nie etwas wirklich Gutes entstehen – ganz davon abgesehen, daß die natürliche Entwicklung künstlich beschleunigt würde. Das Gehirn des Menschen wird erst dann seine volle Wirksamkeit entfalten dürfen, wenn Geist und Körper die notwendige Reife erreicht haben. Davon kann heute noch keine Rede sein. Ich bin eine Ausnahme, nicht mehr. Erst in tausend Jahren vielleicht darf ich zur Regel werden. Käme die Reife des Gehirnes zu früh, würden Ereignisse eintreten, deren Folgen nicht abzusehen wären. Ich sehe es doch an mir, Lex. Allein der Gedanke daran, jemand anders als ich könne die gleichen Kräfte besitzen, läßt mich schaudern. Eine einzige schwache Stelle im Charakter eines solchen Menschen, und die Welt, wie wir sie kennen, ist zum Untergang verurteilt.“
    „Vielleicht überschätzt du die Gefahr, Ann.“
    „Es kann eher sein, daß du sie unterschätzt. Bedenke, ich bin in der Lage, Materie über beliebige Entfernungen hinweg zu bewegen. Ich will dir zwei krasse Beispiele nennen, um dir Nutzen und Gefahr der Telekinese klarzumachen. So könnte ich ohne besondere Anstrengung eine kleine Sonde in eine Kreisbahn um die Erde bringen, ohne daß auch
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