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Tropfen im Ozean

Tropfen im Ozean

Titel: Tropfen im Ozean
Autoren: Subina Giuletti
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erklärte sie mir. „Danach verlierst du jede Hemmung“.
    Aufmunternd stöhnte sie selbst ein paar Takte. Ich zögerte. Ein weiterer Fehler, wie sich herausstellte, denn ein zweiter Buddy kam angestürmt. „Was ist los?“, wollte er wissen, gierig darauf, sich einzubringen. „Gibt es Schwierigkeiten?“
    Der gesamte Saal stöhnte und keuchte bereits, nur ich stand da wie eine Salzsäule und lud damit jede Aufmerksamkeit auf mich. Währenddessen war auch meine Partnerin – eine Schweizerin - sauer auf mich, weil ich die Gruppenübung so blockierte. Von soviel Feindseligkeit irritiert setzte ich mich auf den Stuhl und fing an, ein paar vorsichtige Bewegungen zu machen... und ein paar Laute von mir zu geben. Ich kam mir unglaublich blöd dabei vor.
    Mit einem Mal hörte ich ein Kichern. Die Buddys starrten mich an und flüsterten sich was ins Ohr. Dann drehten sie sich um und lachten offen. Die Schweizerin kniff die dünnen Lippen zusammen und sagte bissig:
    „Dein Becken ist tot. Total tot. Nix drin. Absolut tot“.
    Mir schoss das Wasser in die Augen und ich senkte mein Gesicht gen Boden, biss die Tränen gewaltsam zurück. Nicht auch das noch. Nicht vor diesen Affen auch noch weinen! Wegen nix!
    Eine Sekunde später  war die Zeit für die Übung zu Ende - ich hätte zu gern gesehen, wie die Schweizerin mit dem verkniffenen Mund sich dabei angestellt hätte.
    Auch wenn das eine der markantesten Übungen blieb, wurde das Seminar für mich nicht besser. Jede dieser Gruppenübungen stresste mich enorm. Die Show, die der Mann da auf der Bühne abzog, verdiente vom rhetorischen und schauspielerischen Können her eine absolute Eins – gleichzeitig war es genau das, was mich frustrierte: Es war eine Show. Eine Selbstbeweihräucherung. Sicher sagte der Mann sinnvolle, schöne Sätze, aber sie waren einstudiert, sie verklangen in mir wie Schall und Rauch, ohne mich zu erreichen.
    Die Tage in diesem eiskalten Raum waren lang, lang, lang. Sie begannen um acht Uhr in der Früh und endeten um drei oder vier am nächsten Morgen. Damit wir fit blieben, wurde uns eiskaltes Wasser gereicht und irgend so ein Gesöff, das nach Spinat schmeckte. Die wenigen Pausen, in denen ich sehnsüchtig nach draußen schaute, wo die Sonne von einem strahlenden, ewig blauen Himmel schien, wurden genutzt, weitere Seminare sowie T-Shirts, Tassen und sonstige Werbeartikel von der eigens gegründeten „Akademie“ des Seminarleiters zu verkaufen. Mann, da war ich in einer Gegend, die mit 360 Sonnentagen gesegnet war und saß in einem unterkühlten abgedunkelten Scheiß-Seminarraum mit einem amerikanischen Showstar, der über 1000 Leute, einschließlich mich, dressierte! Der Persönlichkeits-Trainer hatte so seine eigene Methode, mit den Teilnehmern umzugehen. Er war recht unverblümt, um es gelinde auszudrücken. Diejenigen, die zu ihm auf die Bühne kommen durften, nahm er, berechtigt oder nicht, ziemlich auseinander, um sie hinterher wieder zusammenzuflicken, so dass sie ihm dankbar in die Augen blickten und sagten, er habe ihr Leben verändert.
    „Ich löse jedes Problem“, sagte er und forderte die Teilnehmer auf, von den ihren zu berichten.
    Eine Italienerin meldete sich. Eine hübsche Frau, die unglücklich gestand, sie habe ein Verhältnis mit einem Mann, obwohl sie verheiratet war und sie könne von keinem der beiden lassen. Aber die Schuld fresse sie auf. Sie habe bereits einen Suizid-Versuch hinter sich. Eine Freundin habe ihr das Seminar empfohlen und da sei sie nun.
    „Und?“ fragte der Seminarleiter. „Genießt du den Sex?“
    „J...ja“, gab sie weinerlich zu. „Das ist es ja, ich bin sündig.“
    „Schläft dein Mann mit dir?“
    „Ja, tut er.“
    „Und? Wie ist das?“
    „Nicht so gut wie mit Toni“.
    „Was hält dich bei deinem Mann?“
    „Die Kinder“, antwortete sie, wie aus der Pistole geschossen.
    „Okay, das heißt, wenn die Kinder nicht wären, würdest du gehen?“
    „Weiß ich nicht. Ich bin katholisch. Sich scheiden lassen ist eine Sünde in unserem Land“.
    Der Seminarleiter kratzte sich am Kopf. Wenn der Sex woanders besser war, verstand er wohl ihr Problem nicht so ganz. Dann fragte er:
    „Kannst du rülpsen?“
    „Wie bitte?“
    „Jane! Gib ihr mal ein Mikro. Da. Hier. Rülps mal rein.“
    Die Italienerin schaute sich gehetzt um. „Was?“ hechelte sie. „Ich kann... das kann ich nicht!“
    Aber einen simulierten Orgasmus auf einem Stuhl, das hatte sie gekonnt? Da hätte ich lieber ins Mikro
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