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Transsibirien Express

Transsibirien Express

Titel: Transsibirien Express
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ein, daß er ihre festen Brüste von neuem streifen mußte. Dabei seufzte sie tief und bekam einen traurigen Blick.
    »Ich habe zu trinken in meinem Abteil.«
    »Haben Sie ein Abteil ganz für sich?« fragte Forster.
    »Wo gibt es das, schöner Mann? Es sind noch drei Mitreisende drin, ein Ehepaar und ein junges Mädchen.«
    »Aber das geht doch nicht …«, meinte Forster unsicher. »Sie können doch nicht …«
    »In der Nacht hat jeder sein Bett!« Die Rotflammende strich sich wollüstig mit beiden Händen über die Brust. »Das Ehepaar schläft. Es sind alte Leute, muß man wissen. Und das Mädchen? Wen stört es? Entweder schläft es auch, oder es lernt noch etwas dazu. Wer wird sich an solchen Problemen stoßen? Sagen wir, um zehn Uhr? Ich notiere es.«
    »Nein!« Forster drängte sich an ihr vorbei. Der Gedanke, vor Zuschauern zu lieben, jagte ihm Schauer über den Rücken. »Ich glaube, wir kommen nicht ins Geschäft.«
    »Wenn es Ihnen lieber ist, komme ich in Ihr Abteil, gospodin!«
    Forster dachte an Karsanow und schüttelte lachend den Kopf. Er stellte sich Pal Viktorowitsch als Augen- und Ohrenzeuge nächtlicher Umarmungen vor und geriet in eine verrückte Fröhlichkeit.
    »Mein Abteilgenosse ist ein vornehmer Mensch.« Er lachte. »Sie können ihn ja einmal fragen. Wagen fünf, Abteil Nummer drei. Er wird Ihnen etwas von Lenin vorlesen.«
    »Das sind die Schlimmsten!« rief die Frau ihm nach. Sie hatte die Brüste eingezogen, und Forster konnte passieren.
    Im Speisewagen bestellte er Tee und eine Flasche Mineralwasser. Dann gab er sich wieder dem Anblick der russischen Landschaft hin.
    Die nächste Station ist Kirow, dachte er. Dann Perm, die wildromantische Fahrt durch den Ural, und schließlich Swerdlowsk. Das war dann schon Sibirien, das Tor in eine riesige neue Welt, von Menschen kaum zu bezwingen: die Taiga!
    Swerdlowsk …
    Werner Forster holte seine Sonnenbrille aus dem Jackett. Der Vorfrühlingstag ging zu Ende, die Sonne stand tief und blendete. Was hatte sein Vater von Swerdlowsk erzählt?
    Die Zentrale der Gefangenenlager, der Außenlager, die über das ganze Land verstreut waren. Darin beinahe sechzigtausend Deutsche aus Stalingrad …
    Er war gespannt, wie dieses Land aussah, in dem die Gräber der deutschen Plennys lagen, flachgewalzt, unbekannt …
    Jeder Krieg ist ein Verbrechen, hatte sein Vater gesagt. Jeder Krieg, mein Junge! Da verrecken Millionen und wissen nicht warum. Hat das ganze Blutvergießen wenigstens einen Sinn gehabt, ist die Welt dadurch besser und klüger geworden? Nein, im Gegenteil! Die Gegensätze sind noch größer, die Ideologien noch fanatischer geworden. Als ob das Blut nur Dünger gewesen wäre, damit der Irrsinn noch üppiger wächst …
    Forster trank seinen Tee und eine halbe Flasche Wasser, kaufte noch ein belegtes Brot – Schwarzbrot mit einer fetten Leberwurst – und ging zurück in sein Abteil.
    Schon von weitem hörte er Stimmengewirr. Eine Frau kreischte, dazwischen schrie Karsanow. Als Forster die Abteiltür aufschob, kam ihm die üppige Rothaarige entgegen. Sie hatte keine Spur mehr von erotischer Ausstrahlung, sondern wirkte megärenhaft. Ihre wutgeweiteten Augen blitzten.
    »Ein Flegel, Ihr Nachbar!« schrie sie Forster an. »Ein ekelhafter Eunuch! Ha, an dem werden Sie Freude haben! Zehn Tage mit ihm, und ich gehe ins Kloster! Kommen Sie zu mir! Um ihn zu ärgern, verlange ich von Ihnen kein Geld!«
    »Ein Skandal!« brüllte nun auch Karsanow, nachdem er Forster erblickt hatte. Er hatte einen hochroten Kopf und seine Haare spreizten sich vor Wut wie bei einem gereizten Hund.
    »Diese Huren werden immer frecher! Kommt hier ins Abteil, setzt sich mir gegenüber, lüftet den Rock, daß ich ihr bis zur Galle sehen kann, und sagt: ›Na, Alterchen, bewegt sich nichts bei dir? Da war doch mal was, nicht wahr?‹ Und als ich aufspringe und losschreie: ›Hinaus, du Hurenbiest!‹, da sagt sie doch: ›Übernimm dich nicht, Alterchen! Brüll nicht weg, was du an anderer Stelle brauchst.‹ … Was soll man dazu sagen? Es ist ungeheuerlich!«
    Karsanow ließ sich erschöpft auf die Bank fallen, drückte seinen Kopf gegen das Polsterkissen und schnaufte laut.
    »Man sollte solche Weiber steinigen!« sagte er später, als die Frau das Abteil schimpfend verlassen und er sich wieder etwas beruhigt hatte. Er nahm sogar aus Forsters Reiseflasche einen Schluck grusinischen Kognaks an, was ihm sichtlich guttat.
    »Diese Hure ist übrigens besonders impertinent.
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