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Traeume wie Samt

Traeume wie Samt

Titel: Traeume wie Samt
Autoren: Jayne Ann Krentz
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angeblich angewendet hatte. Das tat ich. Es war sofort klar, daß die Testergebnisse manipuliert worden waren.«
    »Es war sofort klar?« Mollys Augen weiteten sich mit plötzlichem Interesse. »Sie haben gleich erkannt, daß der Mann ein Schwindler war?«
    »Ja.«
    Sie schnippte mit den Fingern. »Einfach so?«
    Harry wollte sich auf keine nähere Erklärung einlassen, warum ihm sofort aufgegangen war, daß ein Betrug vorlag. »Sagen wir einfach, daß ich ein Gespür für solche Dinge besitze.«
    »Ein Gespür?« Molly beugte sich vor. Offenbar hatte Harry ihre Neugier geweckt. »Sie meinen, Sie sind ein Hellseher oder so etwas Ähnliches?«
    »Verdammt, nein. Natürlich bin ich das nicht.« Harry nahm die Teekanne und zwang sich, seine Tasse erneut mit dem Darjeeling zu füllen. Erfreut stellte er fest, daß kein einziger Tropfen auf die Glasplatte fiel – seine Hände waren ruhig wie immer. »Das ist wirklich eine merkwürdige Bezeichnung. Sehe ich aus wie jemand, der von sich behauptet, übersinnliche Kräfte zu besitzen?«
    Molly lehnte sich im Sofa zurück. Ihre Augen leuchteten nachdenklich. »Tut mir leid. Ich wollte Sie nicht kränken.«
    Harry bemühte sich um seinen seriösesten Dozententon. »Ich erforsche die Geschichte der Naturwissenschaft.«
    »Ich weiß.«
    Verstohlen warf er einen Blick auf Molly. »In Ergänzung meines Doktorgrades auf diesem Gebiet besitze ich Abschlüsse in Mathematik, Ingenieurwesen und Philosophie.«
    Molly klapperte mit den Augendeckeln. »Beeindruckend.«
    Harry preßte die Zähne zusammen. »Mit diesem Hintergrund gelange ich zu Einsichten, die Wissenschaftlern mit der Spezialisierung auf ein einziges Gebiet verschlossen bleiben.«
    »Ah, ja. Einsichten.«
    »Genau. Wie ich schon sagte …«
    »… bevor Sie so rüde unterbrochen wurden«, murmelte Molly.
    »Und nun zu Ihrer Frage nach meiner beruflichen Laufbahn«, fuhr Harry unbeirrt fort. »Ein Beratungsauftrag führte zum nächsten. Ich erledige mittlerweile jedes Jahr eine ganze Reihe davon. Vorausgesetzt, sie stören meine Forschung und die Schreibprojekte nicht.«
    »Ihre Forschung und das Schreiben sind Ihnen wichtiger?«
    »Allerdings.«
    Molly plazierte einen Ellenbogen auf der Armlehne des Sofas und senkte ihr Kinn auf das Handgelenk. »Was hat Sie bewogen, für mich zu arbeiten? Ich bin sicher, daß ich Ihnen nicht annähernd so viel zahle, wie Sie durch einen Vertrag mit der Regierung oder einem Großunternehmen erzielen könnten.«
    »Nein«, stimmte er zu. »So viel zahlen Sie nicht.«
    »Warum machen Sie sich dann die Mühe, eine kleine Organisation wie die Abberwick-Stiftung zu beraten?«
    »Weil Sie bereit sind, etwas zu tun, das weder die Industrie noch die Regierung tun.«
    Molly neigte den Kopf zur Seite. »Und was ist das?«
    »Geld für interessante Projekte zu verschwenden, die keinen sofortigen, offensichtlichen Anwendungszweck besitzen. Sie sind bereit, in das Unbekannte zu investieren.«
    Mollys Brauen hoben sich. »Darum haben Sie eingewilligt, für mich zu arbeiten?«
    »Deshalb berate ich Sie«, korrigierte Harry kühl.
    »Das ist dasselbe.«
    »Nicht ganz.«
    Sie ignorierte die Bemerkung. »Warum sind Sie so begierig, eine Meute verrückter Erfinder zu unterstützen?«
    Harry zögerte einen Moment und entschied sich dann, ihr seine Entscheidung zu erklären. »Ich habe während meiner gesamten beruflichen Tätigkeit die Geschichte des wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts studiert.«
    »Ich weiß. Ich habe Ihr letztes Buch gelesen.«
    Harry war so verblüfft von dieser Enthüllung, daß er sich beinahe an seinem Tee verschluckte. »Sie haben Illusionen der Gewißheit gelesen?«
    »Ja.« Molly lächelte. »Ich würde nicht behaupten, daß es die heißeste Bettlektüre aller Zeiten ist, aber zugegebenermaßen fand ich es unerwartet interessant.«
    Überrascht bemerkte Harry, daß er sich geschmeichelt fühlte. Er warf einen Blick auf das Buch, das auf einem Regal in der Nähe stand. Illusionen der Gewißheit: Auf dem Weg zu einer neuen Wissenschaftsphilosophie war kein Titel, der in den Bestsellerlisten erschien. Es handelte sich um eine ausführliche, sorgfältig recherchierte Abhandlung über die historischen und gesellschaftlichen Beschränkungen des naturwissenschaftlichen und geschichtlichen Fortschritts und war für den akademischen Markt geschrieben. Das Buch hatte sich als Studientext für Studenten der Wissenschaftsgeschichte gut verkauft, wandte sich aber nicht an den
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