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Totsein verjaehrt nicht

Titel: Totsein verjaehrt nicht
Autoren: Friedrich Ani
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noch vor Ort. Ich hab gewartet, bis die Scarlett nach Hause gekommen ist. Hab ich sie abgepasst, und wir haben geredet.«
    »In der Wohnung«, sagte Liz.
    Er sah nicht sie, sondern Fischer an. »Im Auto. Halbe Stunde. Hab ihr erklärt, dass ich illegal hier bin, dass das niemand erfahren darf, sonst bin ich geliefert. Sie hat wieder geheult. Hab ich sie getröstet. Dann sagt sie, sie will in Zukunft bei mir wohnen. Sie hat mich angefleht, anders kann man das nicht nennen. Völlig unmöglich natürlich.« Er setzte sich aufrecht hin, griff in die Schale und zog die Hand zurück, ohne Chips genommen zu haben.
    Wieder fielen Fischer Borkhams meerblaue Augen auf. Aber Scarlett hatte ihre Augen nicht von diesem Mann.
    »Ich hab gesagt, sie soll sich beruhigen. Sie war hysterisch. Dann hat sie den Jockel auf der Straße laufen sehen und hat gesagt, sie würd jetzt zu ihrem großen Freund gehen und mit ihm Playstation spielen. Mit einem Schlag war sie wieder normal drauf. Aber Angst hat sie immer noch gehabt, vor allem vor dem Hanno, dem Freund von der Micha. Einer von hundert, würd ich schätzen. Die Scarlett hat behauptet, er hätt sie geschlagen, und ich hab zu ihr gesagt, wenn er das macht, bring ich ihn um. Sie hat gesagt, er lauert ihr auf und schaut sie komisch an. Mehr hab ich nicht aus ihr rausgekriegt. Klang nicht gut, was sie über den erzählt hat. Dann hat sie mir einen Kuss gegeben und ist raus. Ich war sauer, das Gespräch hätt ich mir sparen können. Sie hat mir zugewinkt und war weg. Zum Jockel, der sie dann umgebracht hat. Und der Vater sitzt heut straffrei in seiner Kneipe und macht Umsatz. Wissen Sie, was das ist? Ein Freibrief für Grattler ist dieses Gesetz. Die decken ihre Verbrecherkinder, und niemand darf sie zur Verantwortung ziehen. Und ich war in der Nähe und hab den Mord nicht verhindern können.«
    »Und Sie haben Ihre alte Freundin Mimi angerufen«, sagte Liz.
    »Wieso nicht? Das wär zeitlich noch drin gewesen. Aber sie wollt nicht. Hat sich gefürchtet vor mir. Verständlich. Sie war nie eine Professionelle, wär nur gern eine gewesen. Das ist die Geschichte. Ist die Sache jetzt erledigt?« Er erwartete eine Antwort.
    Der Kommissar antwortete nicht.
    »Was hat Scarlett von Hanno erzählt?«, sagte Liz. »Warum und wie hat er das Mädchen bedroht?«
    »Hören Sie nicht zu?«, sagte Borkham, stand auf und schüttelte die Arme aus. »Er hat ihr aufgelauert, er hat sie eingeschüchtert. Die Scarlett ging dem im Weg um, die hatgestört. Wenn der Behinderte sie nicht umgebracht hätt, dann wär dieser Hanno fällig gewesen, den hätt ich erledigt. Und jetzt muss ich mich um die Anschi kümmern.«
    »Sie haben Ihre Freundin gefesselt«, sagte Liz.
    »Sie ist meine Gespielin, und ich bin ihr Gespieler. Freundin klingt viel zu intim.« Er grinste wieder und ging zur Treppe, die vom Zimmer aus in den ersten Stock führte.
    »Ich möchte die Frau sehen«, sagte Fischer.
    »Wirklich nicht.«
    »Ich schau mir die Frau an«, sagte Liz und ging an Borkham vorbei die Treppe hinauf. Borkham machte eine abfällige Handbewegung und folgte der Kommissarin.
    »Wiedersehen«, sagte Fischer.
    Mit patschenden Schritten stieg Borkham die weißen Stufen hinauf.
     
    Es fing an zu regnen.
    Fischer steuerte den Mitsubishi hinunter nach Untergiesing. Das Auto gab scheppernde, misslaunige Geräusche von sich.
    »Und wenn sie mal auf die Toilette musste?«, sagte er.
    »Die Schnur reicht bis ins Bad«, sagte Liz. »Anschi liegt freiwillig den ganzen Tag im Bett und fühlt sich als Sklavin oder so was Ähnliches.«
    Am Fuß des Giesinger Bergs standen sie im Stau.
    »Ruf ihn jetzt an«, sagte Fischer.
    »Das ist total gesetzeswidrig«, sagte Liz zum wiederholten Mal.
    »Ich kann ihn nicht anrufen, meine Stimme erkennt er vielleicht wieder«, sagte Fischer zum wiederholten Mal.
    Die Fenster beschlugen. Fischer schaltete die Klimaanlage an.
    »Wir müssen die Kollegen informieren«, sagte Liz.
    »Noch nicht. Erst wenn wir einen Beweis haben.«
    »Wir haben noch keinen einzigen.«
    »Ruf endlich an.«
    Liz tippte die Nummer in ihr Handy. Im Schritttempo fuhren sie auf die Kreuzung zur Pilgersheimer Straße zu, an der Fischer nicht links abbiegen durfte.
    »Hofmann«, sagte Liz ins Telefon. »Ich möcht mit Frau Peters sprechen … Das ist schlecht, es geht um ihre Mutter, es wär sehr dringend, ein Notfall … Sie wissen nicht, wann sie zurückkommt? In der Klinik hab ich schon angerufen, da war sie nicht … Ich meld mich
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