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Totsein verjaehrt nicht

Titel: Totsein verjaehrt nicht
Autoren: Friedrich Ani
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Höllriegelskreuth, am Forstenrieder Park entlang. Liz sprach ins Handy, meldete ihre Position, bemühte sich um Ruhe und Konzentration.
    Doch ruhig waren sie beide nicht.
    Kurz vor dem Baierbrunner Ortsteil Buchenhain leuchtete der rechte Blinker des Polo. Überrascht bremste Fischer ab, sah im Rückspiegel einen schnell näher kommenden Wagen und ließ ihn überholen. Außer Rost nahm niemand die Ausfahrt nach Buchenhain.
    »Bleib dran«, drängte Liz.
    Fischer trat zu spät auf die Kupplung, und das Getriebe grüßte mürrisch zurück.
    »Er rechnet auf keinen Fall mit einem Verfolger«, sagte Liz und drückte Fischers Arm. Von dieser Berührung ging eine Ruhe aus, die ihn zuerst verwirrte und dann wie ein elektrisierender Schlag wirkte. Er wollte etwas sagen, aber es war keine Zeit dazu.
    Anstatt weiter ins Dorf hineinzufahren, bremste Rost ab, schaltete die Scheinwerfer aus und nahm den asphaltierten, nur für Forstfahrzeuge freigegebenen Weg in den Park. An einer Abzweigung verschluckte die Dunkelheit das rote Fahrzeug zwischen dichtem Mischwald und Sträuchern.
    Liz hatte ihren Aufenthaltsort durchgegeben. Sie legte das Handy vor die Windschutzscheibe. Wie Rost hatte auch Fischer das Licht ausgeschaltet.
    »Hier ist damals nie gesucht worden«, sagte Liz.
    »Nein.«
    »Der Park wird bewirtschaftet, Spaziergänger, Radfahrer, Inlineskater sind hier unterwegs, und niemand hat was bemerkt.«
    »Nein«, sagte Fischer.
    »Wie ist das möglich?«
    »Menschen verschwinden in Kellern, niemand vermisst sie, niemand sucht sie, jemand lügt und kommt damit durch.«
    »Niemand wird uns beschuldigen«, sagte Liz. »Man wird von einem Justizirrtum sprechen.«
    »Noch haben wir die Leiche des Mädchens nicht gefunden. Noch wäre es möglich, dass Eberhard Krumbholz seinem Sohn tatsächlich geholfen hat. Noch ist nichts bewiesen.«
    Dann schwiegen sie lange.
    Als im Handy eine Stimme zu hören war, schaute Fischer in den Rückspiegel. Zwei Fahrzeuge versperrten die Straße, in dem einen blinkte eine Taschenlampe. Fischer erkannte das Gesicht von Hauptkommissarin Esther Barbarov.
     
    Vierzig Minuten lang blieb es still.
     
    Dann tauchte der Polo aus der Finsternis auf, mit ausgeschalteten Scheinwerfern. Er fuhr schneller als vorher. Kurz bevor er die Ausfahrt erreichte, startete Fischer den Motor und schaltete das Fernlicht ein. Durch das abrupte Bremsen schlitterte der Polo auf dem nassen Asphalt und kam schräg zu Fischers Wagen zum Stehen.
    Rost hatte keine Zeit zu reagieren. Sigi Nick riss die Fahrertür auf, Esther Barbarov zielte mit ihrer Waffe auf Rost. Liz rief übers Handy die Spurensucher.
    Hanno Rost stand breitbeinig, mit den Händen auf dem Dach, neben dem Polo. Nick hatte den Kofferraum geöffnet und meinte, es würde Leichengeruch ausströmen.
    »Drehen Sie sich um«, sagte Fischer.
    Rost gehorchte. Sein Gesicht war schweißnass. Reste vonErde klebten an seiner Jeans und seinem Anorak. Seine Schuhe waren verdreckt, seine Hände sahen sauber aus. Handschuhe und Decken lagen im Kofferraum.
    »Wo ist Michaela Peters?«, fragte Fischer.
    Rost wandte den Kopf ab.
    »Vor sechs Jahren haben Sie die Leiche der kleinen Scarlett hierhergebracht«, sagte Fischer.
    Rost stieß Luft durch die Nase, sein Atem ging heftig. Er trommelte mit den Fäusten gegen die Karosserie. »Frage mal: Was nützt mir das, wenn mir die Frau sagt, sie kriegt ein Kind von mir, aber sie geht weg? Weil sie will lieber bei der Mutter wohnen als beim Kindsvater. Was nützt mir das Kind, wenn ich die Liebe nicht dazu krieg? Da brauch ich doch die ganze Wahrheit nicht. Da hätt sie doch gescheiter gar nichts gesagt. Hätt sagen sollen: Ich trenn mich von dir, weil ich zu meiner Mutter zieh, und Ende. Bittschön, ich weiß jetzt, dass ich Vater werd. Aber ich werd keiner sein, weil das Kind ist in Weimar und wird von der Oma verhätschelt. Wahrheit minus Liebe, was gibt das? Liegt da hinten. Können wir gehen?«
    »Führen Sie uns zu der Stelle, wo Sie die Leiche von Michaela Peters vergraben haben«, sagte Liz.
    »Führ ich nicht. Müssen Sie schon selber führen.«
    »Und dort liegen auch die Überreste von Scarletts Leiche«, sagte Liz.
    Rost kratzte sich am Bauch. »Hab keine gesehen. Staub zu Staub, Erdn zu Erdn.«
    Fischer sagte: »Warum haben Sie Scarlett getötet, Herr Rost?«
    »Hab ich vergessen.«
    Fischer wartete, dass er noch etwas sagte. Sie warteten alle, dass er noch etwas sagte.
    »Ist ewig her«, sagte Rost dann. »Hat mich dumm
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