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Als Helmut Schmidt einmal ...: Kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Als Helmut Schmidt einmal ...: Kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Titel: Als Helmut Schmidt einmal ...: Kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)
Autoren: Jost Kaiser
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Vorwort
    » Ich habe nur die Absicht, drei Sätze zu sagen, und ich bitte, mich ausreden zu lassen. Noch habe ich das Recht, hier zu reden! «
    Helmut Schmidt im Bundestag, 1.Oktober 1982
    Die Idee, jemand könnte Helmut Schmidt nicht ausreden lassen oder ihm gar das Rederecht absprechen: Sie ist im Jahr 2012 noch viel absurder, als sie es 1982 schon war.
    Schmidt-Schnauze, oder »Schmidt-The-Lip«, wie der Amerikaner sagt, ist langsam so groß geworden, dass man sich dabei erwischt zu denken: Das kann kein Zufall sein, dass der Mann am 23. Dezember 1918, also fast an Heiligabend geboren wurde. Denn auch wenn es vielleicht noch nicht ganz Gottes Wort ist: Was Schmidt sagt und was er gemacht hat, erzeugt in Deutschland geradezu sakrosankte Ehrfurcht.
    Muss man die haben? Klar, muss man.
    Schließlich hat Schmidt die RAF besiegt. Und ein bisschen auch – seiner Lieblingsbeschäftigung »crisis management« nachgehend – die Ölkrise. Auch den Ostblock hat er ein bisschen besiegt, weil er – damals eine Todsünde für alle guten Sozialdemokraten – angefangen hat, die Russen zusammen mit Ronald Reagan totzurüsten. Nur das sozialdemokratische Paradies auf Erden – das hat Schmidt nicht geschaffen. Das müssen mal wieder andere errichten.
    Nein, wie der Kanzler mit klarer Kante und mit Immanuel Kant in Deutschland durchregiert hat, das war schon alles sehr gut, oder, um Schmidt zu zitieren: »Wir haben es ganz ordentlich gemacht.«
    Ja, das stimmt. Danke, Schmidt!
    Was soll man von Schmidt also noch erzählen? Ich bin der Meinung, es ist Zeit, den Weltökonom und Großstaatsmann neu zu würdigen. Nicht groß. Sondern im Kleinen. Denn ein Riese ist er ja schon selbst.
    Dicke Bücher mit den großen Lebenslinien gibt’s genug. Trotzdem ist vieles unerzählt geblieben. Dabei sind die Archive voll mit fast siebzig Jahren Schmidt-Berichterstattung, man muss sie nur durchforsten.
    Hier sind 55 kleine Geschichten, die erzählen, was Helmut Schmidt so getrieben hat, wenn er nicht gerade mit dem Besiegen der RAF, dem Krisenmanagement der Weltwirtschaft und dem Abwehren des gröbsten Unsinns seiner Partei beschäftigt war: viel. Sehr viel. Denn Schmidt ist immer im Dienst.
    Es sind 55 vermeintliche Nebenaspekte und Anekdoten, winzige Pointen, mitunter kleine anarchische Volten, die fast vergessen sind. Sehr zu Unrecht. Denn gerade in den kleinen Begebenheiten am Rande, in den bislang unerzählten Ausbrüchen aus dem offiziellen Schmidt-Sein, zeigt sich Helmut Schmidt auf sehr persönliche Weise.
    Beim Finden der Geschichten konnte natürlich nur der Kanzler-Standard gelten, wie er ihn am 1. Oktober 1982 formuliert hat: »Jedermann darf und jedermann muss mit unserer Stetigkeit rechnen.«
    Wir haben uns daran gehalten, Kanzler.

Als Helmut Schmidt einmal …
    … den Fernseher versteckte
    14. Juni 1978, 18 Uhr. Es ist WM in Argentinien. Deutschland spielt in der zweiten Finalrunde gegen Italien. Ein wichtiges Spiel. Die DFB-Elf hat noch die Chance, ins Finale einzuziehen. Ganz Deutschland sitzt vor dem Fernseher.
    Helmut Schmidt hingegen sitzt auf einem braunen Kanzler-Ledersessel mit erhöhter Rückenlehne unter einem Gemälde von Schmidt-Rottluff und leitet eine Kabinettssitzung im Bonner Kanzleramt. Das Thema: der sogenannte Höcherl-Bericht, in dem der gleichnamige CSU-Mann sich mit der Frage beschäftigt, wie die RAF Schleyer unbehelligt tagelang in einem Hochhaus verstecken konnte.
    Die meisten Regierungsmitglieder bewegt in diesen Stunden allerdings weniger die Frage, wo Schleyer war, sondern wo der Geist von Malente abgeblieben ist, der Deutschland 1974 zum Weltmeister machte. 1978 läuft es eher mau.
    Fast alle Minister lassen sich von Referenten über den aktuellen Stand des Spiels informieren und tun so, als interessiere sie der Höcherl-Bericht mehr als der Spielbericht.
    Hans Apel allerdings, wie Schmidt Hamburger und darüber hinaus auch noch Fan des FC St. Pauli, rennt immer wieder aus der Sitzung. Der Bundesverteidigungsminister setzt sich einfach vor den nächstbesten Fernsehschirm im Kanzleramt.
    Schmidt hingegen bleibt bei der Tagesordnung. Als ihm sein Minister am Ende ein »0:0« zuruft, kann Schmidt mit dieser Information wenig anfangen. Der Kanzler: »Gegen wen haben wir denn eigentlich gespielt?«

Als Helmut Schmidt einmal …
    … groovy war
    Hochsommer 1978. Ferienzeit. Die deutsche Nationalmannschaft hat in Argentinien zwar sang- und klanglos die WM vergeigt, aber der Kanzler ist auf dem Höhepunkt
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