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Totentanz

Totentanz

Titel: Totentanz
Autoren: Veit Heinichen
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den Lauf ihrer Pistole an die Schläfe.
    Er gehorchte ihr mit einem Wink, zögernd stiegen die beiden Männer in den Subaru und setzten langsam zurück. Dem Motorengeräusch nach hielten sie an, sobald sie außer Sichtweite waren.
    »Geh zu deiner Schwester und mach keine Dummheiten.« Pina gab ihm einen Stoß und Drakič setzte, den Koffer in der Linken, langsam ein Bein vor das andere. Was zum Teufel hatte die Kleine vor? Im Wagen waren seine Männer, alleine hätte die Puppe wenig Chancen. Behutsam ging er den schmalen Weg neben dem Gleis hinauf, an der Tür griff er mit der Rechten nach der Haltestange und zog sich hoch. Er befand sich einen halben Meter über Pina. Sein Bein schoß in die Luft, er traf ihr Kinn mit dem Absatz. Pina fiel auf den Rücken, rollte zur Seite und versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Noch ein Tritt traf sie und warf sie zurück. Dann riß Drakič einem seiner Männer die Pistole aus der Hand und legte an.
    *
    Drei Streifenwagen jagten mit eingeschalteten Sirenen vom Zentrum die Via Romagna hinauf. Zwei andere näherten sich von der Via Ovidio, wo der Subaru ihre Durchfahrt behinderte. Die Polizisten handelten wie nach dem Lehrbuch. Die Waffen im Anschlag, näherten sie sich von zwei Seiten dem blauen Auto, dessen Motor laut aufheulte und das einen Satz nach vorne machte, als die Beamten auf Türhöhe waren. Die Kugel traf den Fahrer in die linke Hand. Das Auto prallte gegen eine Garagentür, die unter der Wucht zersplitterte, und knallte gegen die Wand. Der Rest war ein Kinderspiel.
    Der Funkspruch war von der bergfahrenden Standseilbahn gekommen. Ein klappriger weißer Volvo stand quer auf den Gleisen vor den talfahrenden Waggons und blockierte das Standseil, mit dem die beiden Bahnen verbunden waren. Der Fahrer, der den Aufstieg bezwingen sollte, sah es von weitem und verständigte die Zentrale. Hinter ihm murrten die Fahrgäste und schimpften über die häufigen Pannen des Tram d’Opicina und die Unfähigkeit der Verkehrsbetriebe, es ordentlich instand zu halten. Die Verbindung zum Kollegen oben aber blieb stumm. Nachdem der untere Fahrer sich das zweite Mal meldete und aufgeregt berichtete, daß ein Schuß gefallen war, verständigte man die Ordnungskräfte. Sowohl der Leiter des Streifendienstes wie auch der Questore waren umgehend auf dem laufenden. Der Chef hatte sich sogar in die Funkzentrale begeben und lauschte den Durchsagen. Noch ahnte er nicht, was ihn erwartete.
    Laurenti war schneller. Das Loch im Mantel seines Trenchcoats war klein und hatte einen dünnen dunklen Rand. Die ganze Zeit hatte er unter dem Stoff den Finger am Abzug gehalten. Es war ihm nicht schwergefallen, gekrümmt dazusitzen und sich an der vorderen Lehne aufzustützen. Es war die Position, die ihm am wenigsten Schmerzen bereitete. Einmal hatte ihn einer von Drakičs Gorillas angeschrien, sich weiter nach hinten zu setzen, und ihn unsanft an der Schulter gerüttelt. Doch der Aufschrei der grauhaarigen Pennerin ließ ihn sogleich wieder Abstand nehmen. Von dieser Alten ging keine Gefahr aus. Nur der schwarze Köter hatte aggressiv geknurrt und nach ihm zu schnappen versucht. Und dann konzentrierte sich das ganze Geschehen auf den Chef, der von dieser Blondine in Schach gehalten wurde, sich schließlich der Trambahn näherte und der ganz plötzlich die Pistolera mit einem gezielten Tritt auf den Kies neben den Schienen beförderte, nachsetzte und ihr gleich mit der Pistole seines Gorillas eine Kugel in den Schädel jagen würde.
    Viktor Drakič ging zu Boden wie ein Sack. Als seine Männer und seine Schwester ihm zu Hilfe zu eilen versuchten, schauten sie in die wütenden roten Augen eines schwarzen, gefährlich knurrenden Hundes mit gefletschten Zähnen und bebenden Flanken, den keine Leine mehr zurückhielt und der sofort zum Sprung anzusetzen bereit war, sobald einer von ihnen sich bewegte. Und sie blickten in den Lauf einer schweren Halbautomatik, die die grauhaarige Pennerin auf sie richtete. Sie war aufgestanden, stand nur wenige Meter vor ihnen und blockierte den schmalen Gang. Und dann tauchte hinter ihr ein Mann mit Helm und bunter Motorradkluft auf, der seine Waffe ebenfalls wie ein Profi führte. Die Blondine war wieder auf die Beine gekommen und schaute verächtlich auf den Boß hinab, der sie anstarrte, als wäre sie der Leibhaftige. Er stammelte unverständliches Zeug. Viktor Drakič lag mit aufgerissenen Augen zu Füßen der grauhaarigen Alten, die seine Männer in Schach hielt, und
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