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Totentanz

Totentanz

Titel: Totentanz
Autoren: Veit Heinichen
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beizutragen.« Der Chef lockerte seinen Kragen, bevor der oberste Knopf vom Hemd sprang. »Eine Untersuchungskommission wird sich mit der Sache befassen. Eine Entführung mit Todesfolge ist kein Kinderspiel.«
    »Die Inspektorin hat ihre Pflicht getan. Sie hat Tatjana Drakič nicht entführt, sondern verhaftet.« Laurenti fixierte den Chef, der seinem Blick auswich.
    »Die Drakič behauptet das Gegenteil.«
    »Fünf Zeugen gegen eine«, brauste Galvano auf. »Wie, glaubst du wohl, wird ein Richter entscheiden? Ich wette darauf, daß das Verfahren eingestellt wird.« Wieder hatte er den Questore respektlos gedutzt.
    »Seien Sie vorsichtig, Dottore«, der Polizeichef konnte das Beben in seiner Stimme nicht länger unterdrücken. »Eine Anzeige wegen Mißbrauchs hoheitsrechtlicher Symbole liegt bereits auf meinem Tisch.«
    »Hab ich etwa unsere Fahne befleckt?« Galvano winkte verächtlich ab.
    »Das Blaulicht«, spuckte der Questore, »woher hatten Sie das?«
    »Jetzt übertreibst du wirklich, mein Alter.« Galvano faßte sich an die Stirn.
    »Es tut mir wirklich leid, Chef.« Laurenti faßte sich an die Brust und hüstelte. »Aber ich habe zu große Schmerzen. Die Ärzte haben mir jede Anstrengung strengstens untersagt. Können wir das Gespräch nicht ein andermal fortsetzen? Noch denken alle, ich sei tot. Solang ich krankgeschrieben bin, sollten wir dabei bleiben.«
    Mürrisch erhob sich der Questore und gab niemandem die Hand. Nicht einmal Lauras Lächeln erwiderte er, als sie ihn an der Tür verabschiedete. Während er die Treppe zur Straße hinaufstieg, hörte er vom Haus höhnisches Gelächter. Nur die Möwen, die auf dem Meer der Spur eines Fischkutters folgten, überschallten es. Und auch ihr Geschrei hörte sich wie spöttisches Lachen an.
    Nachdem sich auch seine Mitarbeiter verabschiedet hatten, setzten Laura und Proteo sich vor den Fernseher.
    »Laurenti lebt«, lautete die Schlagzeile der Abendnachrichten. Wer zum Teufel hatte die Meldung in Umlauf gesetzt? Ohne Unterlaß klingelte das Telefon, bis Laurenti endlich den Stecker aus der Dose zog.
    »Laß uns morgen nach Hrastovlje fahren. Der Totentanz ist wunderschön. Du solltest ihn sehen.« Er schmiegte sich an die Schulter seiner Frau.
    Laura hob die Augenbrauen. »Den habe ich doch schon zu Hause.«

Über den Autor

    Veit Heinichen

    Veit Heinichen wurde 1957 zwischen Bodensee und Schwarzwald geboren. Nach dem Studium der Betriebswirtschaft und einem kurzen Abstecher in die Automobilindustrie arbeitete er als Buchhändler und anschließend für namhafte Verlage in der Schweiz und in Deutschland. 1994 war er Mitbegründer des Berlin Verlags und dessen Geschäftsführer bis 1999.
    Nach Triest, die Stadt, die seine zukünftige Heimat werden sollte, kam Heinichen erstmals 1980. Und hier erweckte er auch Commissario Proteo Laurenti zum Leben, der nun in bislang vier Romanen (Gib jedem seinen eigenen Tod, 2001; Die Toten vom Karst, 2002; Tod auf der Warteliste, 2003, Der Tod wirft lange Schatten, 2005; alle im Paul Zsolnay Verlag) den Verbrechern in der Stadt am Karst auf der Spur ist. Seine Krimis werden in das Italienische, Niederländische, Spanische, Französische, Slowenische und Norwegische übersetzt. Die Toten vom Karst und Tod auf der Warteliste wurden bei der Vergabe des Premio Franco Fedeli in Bologna 2003 und 2004 zu den drei besten italienischen Kriminalromanen des Jahres gewählt. Im September 2005 erhielt Veit Heinichen zudem den Radio-Bremen-Krimipreis für seine „feinfühlige, unterhaltsame und genaue Erforschung der historisch-politischen Verflechtungen, die Triest als Schauplatz mitteleuropäischer Kultur kennzeichnen“ (Begründung der Jury).
    Neben seinem literarischen Schaffen ist er Autor kulturhistorischer Beiträge und, zusammen mit der Triestiner Starköchin Ami Scabar, Verfasser des kulturgeschichtlich-kulinarischen Reisebuchs Triest – Stadt der Winde (2005, Sanssouci im Carl Hanser Verlag). Der 90minütige Dokumentarfilm Le lunghe ombre della morte, den Veit Heinichen zusammen mit Regisseur Giampaolo Penco drehte, dokumentiert den Hintergrund seines vierten Kriminalromans Der Tod wirft lange Schatten und wurde im Dezember 2005 vom italienischen Staatsfernsehen RAI ausgestrahlt. Seine Kriminalromane wurden mit Henry Hübchen als Commissario Laurenti und Barbara Rudnik als dessen Frau Laura für die ARD verfilmt und im Frühjahr 2006 ausgestrahlt. Noch in diesem Jahr soll mit den Arbeiten an den nächsten beiden Folgen
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