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Totentanz

Totentanz

Titel: Totentanz
Autoren: Veit Heinichen
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Reporter und ein Kameramann waren aufgetaucht, doch trotz aller guten Verbindungen zu den Ordnungskräften bemühten sie sich umsonst.
    Der Questore tobte. Er war an den Journalisten vorbeigeeilt, als wären sie Luft. Er hatte Dringenderes zu tun, als lauwarme Kommentare abzugeben, aus denen sich niemand einen Reim machen könnte. Sollten sie spekulieren, worüber sie wollten. Auch er saß in einer Falle. Die kleine Inspektorin und Laurentis Assistentin waren spurlos verschwunden und antworteten nicht einmal auf seine Anrufe. Der Staatsanwalt war so ahnungslos wie er selbst und machte ein ebenso erschüttertes wie wütendes Gesicht. Warum zum Teufel hatten sie sich auf Pinas Vorschlag eingelassen.
    Zähneknirschend hatte der Questore den Leiter des Einsatzdienstes zu sich gerufen und zur Geheimhaltung verpflichtet.
    »Wenn Sie nichts wissen, können Sie auch nichts finden. Selbst wenn Sie danach suchen.« Der Chef dachte, daß er in seiner Laufbahn schon intelligentere Sätze formuliert hatte. Es war ihm peinlich, einen Fehler eingestehen zu müssen. Warum nur hatte er dieser Inspektorin vertraut und sie nicht besser kontrolliert? »Wir müssen vom Schlimmsten ausgehen, von einer Entführung. Trotz aller Geheimhaltung. Nur die Kollegen vom Personenschutz waren eingeweiht. Niemand sonst. Wir müssen ihn finden, bevor es zu spät ist.«
    »Eine Entführung? Wozu?«
    Der Questore machte eine unmißverständliche Geste. »Um das zu vollenden, was im Weinberg gescheitert ist.«
    »Aber Laurenti ist offiziell doch tot. Selbst ich glaubte es … bis Sie mich soeben des Gegenteils belehrten.«
    »Und? Können wir wirklich ausschließen, daß es in unseren eigenen Reihen eine undichte Stelle gibt? Nein. Aber wie finden wir ihn? Dem Krankenhauspersonal ist nichts aufgefallen, die beiden Nieten, die das Zimmer bewachten, haben erzählt, daß diese größenwahnsinnige Zwerginspektorin zusammen mit dem senilen Galvano Laurenti besucht hat. In Begleitung seiner Assistentin sowie eines uniformierten Beamten, an dessen Namen sie sich aber nicht erinnern konnten und der nicht von der Questura in Triest ist. Die Inspektorin hatte ihnen eingeschärft, daß Laurenti schlafe und nicht gestört werden dürfe. Wir können nur hoffen, daß sie bereits auf den Spuren der Entführer ist. Sie antwortet nicht einmal am Telefon.«
    »Von den Grenzübergängen werden lange Rückstaus gemeldet.«
    »Ich habe natürlich zuerst die Kollegen dort informiert.« In der Tat hatte er zuallererst seiner Sekretärin die entsprechende Anweisung gegeben.
    »Ich werde einen Fahndungsbefehl durchgeben.«
    »Und wie wollen Sie das tun? Laurenti ist tot. Offiziell.«
    »Ich werde durchgeben, daß sich jemand als Laurenti ausgibt und ihm zum Verwechseln ähnlich sieht.«
    »Und was ist, wenn er sich auf eigene Faust verdrückt hat, um draußen ein Glas Wein zu trinken? Trotz seiner Verletzungen?«
    »Zuzutrauen wäre es ihm.«
    »Allerdings. Vielleicht feiert er zusammen mit Galvano und seinen Leuten die Wiederauferstehung. Er hält nicht viel von Anordnungen. Gut möglich, daß er in einer Stunde wieder auftaucht und sich über die ganze Aufregung lustig macht.«
    »Ich werde anweisen, daß sie behutsam mit ihm umgehen. Nur beschatten, beobachten, wohin er geht. Wenn sie ihn finden sollten.«
    »Wenn er aber wirklich entführt wurde?«
    »Dann ist er bereits tot.« Der Dienstleiter traf ins Schwarze. »Welchen Sinn hätte es, das Risiko einer Entführung einzugehen, anstatt ihn im Krankenhaus zu erledigen?«
    »Worauf warten Sie noch. Geben Sie die Fahndung durch. Ich will über jede Kleinigkeit sofort unterrichtet werden.«
    Der Chef war wieder alleine. »Das gibt noch viel Ärger«, sagte er zu sich selbst. »Wenn Laurenti auf eigene Faust ausgerückt ist, dann gnade ihm Gott. Und diese Zwergpolizistin kann sich jetzt schon darauf verlassen, daß sie an den Arsch der Welt versetzt wird.« Er starrte auf sein Telefon. »Und wenn es Laurenti erwischt, dann bin ich dran.«
    *
    Der Volvo blockierte den nachfolgenden Verkehr, als er an der Haltestelle stoppte und wartete, bis auch das Tram zum Stehen kam. Den Fahrer schien das wütende Gehupe nicht im geringsten zu kümmern. Viktor Drakič stieg aus und ging langsam auf den weißen Wagen zu. Als er auf der Höhe des Kofferraums war, stieg die Blonde aus und öffnete die hintere Tür. Selbst die österreichischen Touristen sahen jetzt die Pistole in ihrer Hand und wie sie die Frau auf dem Rücksitz, deren Mund
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