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Totentanz

Totentanz

Titel: Totentanz
Autoren: Veit Heinichen
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verklebt und die Hände gefesselt waren, grob auf die Straße hinausstieß. Als Tatjana sich dem Tram näherte, rannten sie aus dem Waggon und flohen ins Unterholz, wo sie Deckung suchten. Einer von Drakičs Männern hatte seine Waffe auf den Trambahnfahrer gerichtet, als der panisch die Türen schließen und abfahren wollte. Und er achtete darauf, daß sich die Hand des Fahrers von der Sprechtaste des Funkgeräts fernhielt. In einem Sekundenbruchteil waren die beiden Gorillas Pinas Allierte auf Zeit geworden. Tatjana stieg die Stufen hinauf und ließ sich auf eine Sitzbank in ihrer Nähe fallen. Nur die grauhaarige Alte mit dem schwarzen Hund schien sich nicht im geringsten um den Vorgang zu kümmern. Sie saß eine Reihe hinter ihr, tief in sich versunken und die Stirn auf den Arm gelegt, der über der Lehne hing.
    Der Subaru blieb an dem Volvo dran, nachdem Viktor Drakič sich wie befohlen hinter den Fahrer gesetzt hatte, und Galvano anfuhr. Die Frau mit dem Minirock kam ihm bekannt vor, doch hatte er keinen blassen Dunst, woher.
    »Marietta, prüf das Geld.« Pina machte ein Zeichen mit der Pistole, und Drakič reichte den Koffer wortlos der Frau neben ihm, die ihn auf ihre nackten Schenkel stellte und erst öffnete, nachdem sie der Blondine ihre Pistole gereicht hatte. Nun waren zwei Läufe auf ihn gerichtet. Jetzt fuhr auch das Tram an und nahm am Beginn des extremen Gefälles das Gegenzugkabel auf, das mit dem aufwärts fahrenden Waggon verbunden war. Der Motorradfahrer bog auf die Gleise ab und begann seine holprige Abfahrt über die Bahnschwellen. Er hielt kaum Abstand zum Tram.
    Marietta blätterte ein Bündel Fünfhunderter durch. »Leg das Schwein um«, sagte sie, warf das Geld in den Koffer zurück und klappte ihn wieder zu. »Alles falsch. Der glaubt, er hat es mit Idioten zu tun.« Sie knallte Drakič den Koffer auf den Schoß und nahm ihre Pistole wieder an sich.
    »Ruf deine Leute an«, sagte die Blondine ganz ruhig. So schnell ließ sie sich nicht aus der Fassung bringen.
    »Warum sollte ich?« Drakič grinste. »Meine Schwester ist in Sicherheit. Ihr kann nichts mehr passieren.«
    »Das Leben ist kurz«, sagte Pina lakonisch. »Schneller, Galvano. Stellen Sie den Christbaum aufs Dach. Es läuft wie geplant.« Sie ließ Drakič nicht eine Sekunde aus den Augen.
    Dank des Blaulichts kam Galvano gut voran, doch gelang es ihm nicht, den Subaru abzuhängen. Der alte Volvo schoß die Straße Richtung Zentrum hinunter, und nur knapp schaffte Galvano es, ohne Totalschaden in die enge Via Ovidio einzubiegen. Er preschte durch das kurvige Sträßchen, ein paarmal berührte Drakičs Bein Mariettas nackten Schenkel, mehrfach schrammte der Wagen an den Begrenzungsmauern entlang, daß das Blech kreischte.
    »Ich wollte sowieso einen neuen kaufen«, sagte Galvano und bremste heftig.
    Sie stießen auf die Via Romagna und sahen den Bahnübergang vor sich. Galvano stoppte auf den Gleisen. Der Subaru hielt fünfzig Meter Abstand, und die beiden Insassen standen mit der Hand an der Waffe hinter den geöffneten Türen.
    Was lief wie geplant? Die Blondine hatte es so formuliert, jetzt befahl sie auszusteigen. Sie drückte ihm die Knarre unters linke Schulterblatt. Die Qualität der Geldscheine war hervorragend, und doch wurden sie auf den ersten Blick als Fälschungen identifiziert. Diese Leute waren vom Fach, so komisch sie aussahen, und der alte Knacker am Steuer mit seinem dämlichen englischen Hut fuhr trotz seines Alters wie ein Teufel. Drakič überlegte fieberhaft, wie er die Situation zu seinen Gunsten wenden konnte. Seine Männer, die der Bergfahrt folgten, mußten jeden Augenblick aus der Gegenrichtung in der Via Romagna auftauchen. Dann wären die anderen eingekeilt, und es ginge Auge um Auge.
    Der Trambahnfahrer saß vor Angst zitternd auf seinem Sessel und bremste sein Gefährt ab. Im Schrittempo näherte es sich dem Volvo und hielt eine Wagenlänge entfernt. Hinter ihm standen zwei Männer mit gezückten Waffen und hinter ihnen Tatjana Drakič, die Handgelenke gefesselt. Das Klebeband war von ihrem Mund entfernt worden. Der Tramfahrer drückte auf Befehl einen Knopf, und die Waggontüren öffneten sich mit einem Schmatzen.
    Sgubin hatte seine Maschine auf die Gleise gelegt und wartete gebückt hinter dem Tram. Noch war die Gruppe zu verstreut, als daß er handeln konnte. Noch war es besser, sich im verborgenen zu halten.
    »Sag den Affen da drüben, daß sie abhauen sollen«, sagte Pina und setzte Drakič
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