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Leichenfund - Killer Heat

Titel: Leichenfund - Killer Heat
Autoren: Linda Fairstein
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    Mike Chapman klemmte sich eine dicke Cohiba zwischen die Zähne, hielt ein Streichholz an die Spitze und zog mehrere Male kräftig an der Zigarre, bis sie sich entzündete.
    »Hier, Coop«, sagte er und hielt sie mir hin. »Nimm ein paar Züge.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Der Leichengeruch wird dich noch wochenlang verfolgen, wenn du ihm nicht sofort etwas Stärkeres entgegensetzt. Warum wohl habe ich immer ein paar von diesen Dingern in der Tasche?«
    Ich nahm die Zigarre und drehte sie zwischen den Fingerspitzen.
    »Du sollst das Teil nicht anschauen, sondern rauchen. Die Frau liegt schon seit Tagen da oben, und das bei dieser Hitze! Los, rein damit und zieh, bis dir der Rauch aus den Ohren kommt.«
    Ich hielt die Zigarre an meine Lippen und hustete, als mir der herbe Tabakgeschmack in Mund und Lunge drang. Wir saßen auf den Betonsperren an der Ecke South Street und Whitehall Street, die hier am East River, an der Südspitze Manhattans, in einer unbeleuchteten Sackgasse endete. »Die Luft ist zum Schneiden dick. Nicht einmal vom Wasser weht eine Brise.«
    »Fast Mitternacht und noch immer sechsunddreißig Grad. Die da drin dürfte schon geschmort sein.« Mike machte eine Kopfbewegung in Richtung des Leichenfundorts, an dem er seit drei Stunden zugange war. Sein schwarzes Haar glänzte vor Schweiß, und sein Hemd klebte ihm am Körper. »Bis man sie eintütet, sind auch noch die letzten intakten Körperteile verbrutzelt.«
    »Fährst du mit ins Leichenschauhaus?«, fragte ich.
    »Das ist heute Nacht wahrscheinlich der kühlste Ort in der Stadt. Was ist? Stehst du auf Kühlboxen?«
    »Danke, ich passe. Sind sie bald fertig da oben?«
    »Der Gerichtsmediziner wollte gerade Schluss machen, als der Madenmann aufkreuzte.«
    Die in den alten Büroräumen über der Fähranlegestelle zurückgelassene Frauenleiche bildete einen unwiderstehlichen Anziehungspunkt für Scharen von Fliegen, die dort ihre Eier ablegten.
    Ich zuckte zusammen, als das Signalhorn der Staten-Island-Fähre ertönte, deren orangefarbener Schiffskörper gerade den Pier des zwanzig Meter flussabwärts gelegenen, riesigen modernen Terminals verließ. Wir befanden uns eine halbe Meile südlich des South Street Seaport, der sich zu einem geschäftigen Markt entwickelt hatte, und in unmittelbarer Nachbarschaft der glitzernden Bürotürme der Wall Street. Im Vergleich dazu wirkte das Gebäude, vor dem wir saßen, als wäre es als einziges Bauwerk in Downtown Manhattan dem Verfall preisgegeben worden.
    Ich stand auf und blickte über die Schulter zu den früheren Anlegestellen - drei Bögen, durch die man zum Wasser gelangte, darüber eine Veranda und die zur Whitehall Street gelegenen, von je zwölf Meter hohen Säulen gerahmten Büroräume, wo man die Leiche gefunden hatte. Morsche Holzpfähle markierten den Fußweg in meinem Rücken, und drei Meter unter mir spülten die Wellen Abfälle und Unrat an die Felsen.
    »Jetzt schon nervös?« Mike lächelte mich an und fächelte sich mit seinem Hemdkragen Luft zu. »Dabei weißt du noch nicht einmal, was passiert ist.«
    »Kann er schon ungefähr sagen, wie lange die Frau bereits tot ist?« Der Zigarrenrauch quoll aus meinen Nasenlöchern und überlagerte den penetranten Geruch des Todes.
    »Insektensaft, Frau Staatsanwältin. Den guten Dr. Magorski interessiert nur, wann die Maden aus den Fliegeneiern geschlüpft sind und sich am Boden verpuppt haben. Er sammelt die Puppenhüllen ein, um sie im Labor näher zu untersuchen. Es wird eine Weile dauern.« Mike tat den Experten mit einer abschätzigen Handbewegung ab.
    Der forensische Entomologe war von dem jungen Gerichtsmediziner, der nach den Cops als Erster am Leichenfundort eingetroffen war, angerufen worden. Ich hatte Magorski schon einige Male bei der Arbeit zugesehen, wie er seinen dicken Brillengläsern zwei Linsen aufsteckte, die wie winzige Mikroskope aussahen, um die Leiche und den Fundort nach Insekten abzusuchen - deren vorhersehbare Lebenszyklen bei der Bestimmung des Todeszeitpunkts behilflich sein könnten.
    »Ich weiß. Aber glaubst du, es bringt was?«
    »Paff weiter, bis du grün im Gesicht wirst.«
    »Ich bin schon ganz benebelt«, sagte ich und wischte mir mit dem Handrücken die feuchten Haarsträhnen aus der Stirn.
    »Ich für meinen Teil halte es für reine Geldverschwendung. Ist sie schon länger als eine Woche tot? Ja. Weniger als zwei? Darauf wette ich. Der einzige Grund, warum es noch keiner bis zur 42. Straße hinauf gerochen
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