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Totentanz

Totentanz

Titel: Totentanz
Autoren: Veit Heinichen
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unterhielten sich aufgebracht und warfen Drakič giftige Blicke zu.
    »In Cologna, bei den Sportanlagen, das ist die nächste Haltestelle, steigen Sie aus. Alleine.« Die Blonde hatte sich halb nach hinten gedreht und ihre Waffe auf Tatjanas Brust gerichtet, während sie mit ihm sprach.
    Viktor Drakič nickte zögerlich.
    »Sie bringen den Koffer mit, gehen hinter dem Volvo herum auf die andere Seite und steigen ein.«
    Drakič schwieg.
    »Haben Sie verstanden?«
    Er nickte.
    »Öffnen Sie Ihr Sakko, und schlagen Sie das Revers zurück.«
    Der Volvo hielt sich exakt auf der Höhe der Straßenbahn. Widerwillig kam Drakič der Anweisung nach. Ein Schulterhalfter samt Pistole wurde sichtbar, als er das linke Revers zurückschlug und gleich wieder schloß.
    »Geben Sie Ihre Waffe einem Ihrer Männer.«
    Er zögerte.
    »Jetzt sofort. Wir sind gleich da.«
    »Und welche Garantien geben Sie mir?«
    »Sie legen die Waffe ab und führen keine Telefonate. Ab jetzt nicht mehr. Auch keiner Ihrer Gorillas. Ihre Schwester steigt zu Ihren Leuten um, während Sie zu uns kommen. Wir prüfen das Geld, und wenn alles in Ordnung ist, dann steigen Sie an der Via Romagna, zwei Haltestellen später, wieder in das Tram und können sich endlich um Tatjana kümmern. Die Arme braucht sie dringend, sie hat den ganzen Tag nichts gegessen. Wenn Sie wollen, nenne ich Ihnen ein nettes Restaurant, wo Sie anschließend auf meine Rechnung dinieren können. Das war’s dann. Für einen Mann wie Sie ist das doch alles kein Problem.«
    Die Blonde legte auf, hielt aber mit ihrer Waffe unverändert seine Schwester im Visier. Sie sah, wie Drakič mit seinen Männern sprach. Seiner kurzen und heftigen Gestik nach zu schließen, war er extrem aufgebracht. Alle drei warfen verstohlene Blicke auf den blauen Subaru, der dem Volvo folgte. Das Tram schaukelte heftig, während es die Via Commerciale zum zweitenmal überquerte und an der Haltestelle abbremste. Die grauhaarige Pennerin mit dem schwarzen Hund seufzte so heftig auf, daß sich alle nach ihr umdrehten. Doch die Alte hob beschwichtigend die Hand und tätschelte mit der anderen den schwarzen Köter. Ihr Spazierstock fiel zu Boden und kam an Drakičs Füßen zu liegen. Er gab seinen Männern ein Zeichen, ihn für die Frau aufzuheben, als sie sich nicht von alleine rührten.
    *
    Nur knapp war Galvano der Kontrolle seiner Papiere und einem Strafzettel entkommen, während er auf Pina vor dem Hauseingang wartete. Die Via Mazzini war nur für öffentliche Fahrzeuge und den Lieferverkehr freigegeben, und die weißbehelmten Stadtpolizisten, die außer von ihren Vorgesetzten und dem Stadtkämmerer von niemandem geschätzt wurden, mußten nur noch eine Kreuzung überqueren, ehe sie ihn anhalten konnten. Endlich öffnete sich die schwere Eingangstür. Pina drückte ihre Geisel in den Wagen und stülpte die Perücke über, die sie im Kosmetikspiegel richtete.
    »Sexbombe«, raunte Galvano grinsend und warf einen Blick auf die Rückbank. »Wenn sie dich rauswerfen, kannst du damit wesentlich mehr Geld verdienen als im Staatsdienst.«
    »Ich werd’s mir überlegen«, sagte Pina.
    Galvano deutete auf Tatjana Drakič. »Du hast die Arme ja ganz schön zugerichtet. Ungeschminkt und ausgehungert macht sie nicht mal die Hälfte her. Wie lange hat sie nichts gegessen?« Er mußte an der Ampel halten.
    »Gestern nacht hat sie mir die Spaghetti weggefressen und auch noch mein Bier geleert.« Als Pina die weißbehelmten Vigili sah, die nur noch darauf warteten, daß die letzten Autos auf der Querstraße vorbeifuhren, bevor sie den Volvo stoppen konnten, ließ sie rasch das Seitenfenster herunter und stellte das Blaulicht auf das Dach der alten Karre. Sie hatte es aus einem Dienstwagen mitgenommen, der die nächsten Stunden hoffentlich nicht zum Einsatz kam.
    »Los, geben Sie Gas«, sagte Pina.
    »Es ist rot«, antwortete Galvano.
    »Fahren Sie, wir sind die Polizei. Sonst halten uns die Idioten an.«
    Galvano würgte beinahe den Wagen ab und beschleunigte anschließend so hart, daß er beim Einbiegen beinahe in einen Lieferwagen gekracht wäre.
    Die beiden Vigili schauten der alten Karre mit offenem Mund nach.
    »Da hast du’s. Die Wirtschaftskrise macht auch vor den Bullen nicht halt«, sagte der eine. »Schrottreife Dienstautos.«
    »Die perfekte Tarnung, würde ich sagen«, kommentierte der andere mit zusammengebissenen Zähnen. Er hatte sich schon darauf gefreut, einen neuen Strafzettel ausstellen zu können.
    »Ich
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