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Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Titel: Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)
Autoren: Michael Poore
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1
Die
wunderbare,
wunderbar grausame
Show
Dayton, Ohio 2005
    John Scratch sah aus wie der Teufel.
    Sagten jedenfalls seine Fans. Und der Prominews-Channel.
    John stieg aus seiner Limousine und zog den Reißverschluss seiner Hose zu.
    Als die Wagentür sich hinter ihm schloss, erhaschten die Kameras einen flüchtigen Blick auf ein Paar langer nackter Beine auf dem Lederpolster der Rückbank.
    Kameraleute wimmelten um John Scratch herum, als er in einer schäbigen Vorstadtsiedlung die Straße überquerte und über den ungemähten Rasen zu einem heruntergekommenen Haus ging. Sein schwarzer Pferdeschwanz glänzte im Scheinwerferlicht.
    Die Kameras filmten unablässig, als er an der Tür klingelte und wartete.
    Sechzig Millionen Fernsehzuschauer, die das Geschehen live verfolgten, warteten mit ihm, wobei sie Snacks knabberten und Bier tranken. Sie kannten John Scratch aus dem Fernsehen, der Boulevardpresse und den Promi-Blogs.
    »Wäre der Teufel hier auf Erden, wäre diese Show genau sein Ding«, sagte einer der Zuschauer, die sich vor dem Haus versammelt hatten.
    »Aber der Mann macht einen so netten Eindruck!«, erwiderte ein anderer.
    »Bist du high? Man kann unmöglich nett sein und diese Show machen.«
    »Er sieht italienisch aus.«
    »Nee. Wie ein Argentinier.«
    »Du hast doch gar keine Ahnung, wie ein Argentinier aussieht. Abgesehen davon, er ist Amerikaner.«
    »Woher weißt du das?«
    Schulterzucken. »Jeder weiß, dass der Teufel Amerikaner ist.«
    ***
    Die Tür ging auf, und vor John Scratch standen die Gäste des heutigen Abends.
    Es waren jedes Mal andere und trotzdem stets die gleichen. Sie mochten reich sein oder arm – stets waren sie überrascht von den Kameras und den Scheinwerfern. Außerdem schienen sie Angst zu haben vor John Scratch, den sie natürlich sofort erkannten, weil sie seine Show gesehen hatten, so wie jeder andere.
    Seine wundervolle, grausame Show.
    Die heutigen Gäste waren ein Mann und seine Ehefrau, beide in den Dreißigern. Der Mann trug ein Unterhemd, hatte einen strechenden Blick und das mürrische, abgespannte Gesicht eines Menschen, der sich schon früh im Leben aufgegeben hatte, vielleicht schon an der High School. Die Frau trug ein Sweatshirt und ungefähr ein Pfund Augen-Make-up. Sie sah aus wie eine von denen, die gerne hinter dem Rücken über andere Leute redeten.
    John Scratch war gekommen, um den beiden ein Angebot zu machen. Darum ging es in seiner Fernsehshow.
    Er bot ihnen fünf Millionen Dollar, wenn sie weit weg zogen und einander nie wiedersahen.
    Zuerst lachten beide.
    Aber nur kurz.
    Dann erschien auf ihren Gesichtern ein nachdenklicher Ausdruck.
    »Ich würde es nicht machen«, sagte einer der sechzig Millionen Zuschauer, die vor dem Fernseher saßen.
    »Ich sofort«, sagte ein anderer.
    »Dann stimmt was nicht mit dir.«
    »Nein, mit dir stimmt was nicht.«
    Auf dem Bildschirm redeten der Mann und die Frau zuerst miteinander, dann einer nach dem anderen.
    Sie kämpften. Sie stritten. Sie schrien sich an.
    Die Frau akzeptierte das Angebot schließlich, der Mann nicht. Mit rotem Gesicht packte er die Frau beim Ellbogen und sagte etwas zu ihr, das die Mikrofone jedoch nicht aufschnappten. Als die Frau sich losriss und zurückstolperte, wollte der Mann sich auf John Scratch stürzen und musste festgehalten werden.
    Sofort wurde Werbung eingeblendet. Scratch und sein Aufnahmeteam zogen sich auf die andere Straßenseite zurück.
    John Scratch war fast bei seiner Limousine angekommen, als die Zuschauer auf der Straße plötzlich zu rufen anfingen. Ihre Stimmen klangen verängstigt.
    Jemand bahnte sich einen Weg zwischen ihnen hindurch in John Scratchs Richtung. Bodyguards und Kameraleute stolperten und gingen zu Boden.
    Es war ein Berg von einem Mann mit Skimaske und Handschuhen und einer großen Pistole in beiden Händen.
    John Scratch schaute nicht auf die Pistole, er blickte nur in die Augen des großen Mannes. Ein Ausdruck von Zorn lag darin, aber auch Furcht. Es waren Augen wie die jenes Paares, das Scratch soeben auseinandergebracht hatte.
    Aber die Augen des riesigen Mannes kannte er.
    Scratch schien sich zu entspannen.
    Er blickte zu dem großen Mann auf wie zu einem Freund. »Alles wird gut«, sagte er.
    Der Mann hob die Pistole und feuerte sechsmal auf John Scratch.
    Bang Bang Bang Bang Bang Bang
    Es sah auf den Fernsehschirmen sehr dramatisch aus, wie sich die Tür der Limousine hinter John Scratch öffnete und der Wagen ihn verschlang.
    Niemand sah, was
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