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Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Titel: Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)
Autoren: Michael Poore
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aus dem großen Mann mit der Maske wurde.
    Die Limousine raste zum nächsten Krankenhaus.
    »O Gott, Johnny!«, rief Scratchs Begleiterin auf dem Rücksitz, die Musikerin Jenna Steele, ein ehemaliger Kinderstar, der sich zur Skandalnudel gewandelt hatte.
    »Gib mir die verdammten Servietten«, sagte Scratch und spuckte Blut. »Ich will das Leder nicht schmutzig machen.«
    John Scratch war schon öfters niedergeschossen worden. Er hatte schon so ziemlich alles erlebt, die unmöglichsten Dinge.
    Weil er tatsächlich der Teufel war. Der Leibhaftige. Der nun mit Jenna Steele, einer Tüte mexikanischem Marihuana und sechs Kugeln im Leib in einer Limousine saß.
    Außerdem war er Amerikaner. Was das betraf, lagen seine Fans richtig mit ihrer Vermutung.
    John Scratch war schon sehr lange Amerikaner.

2
Das Dorf
Providence Bay, 1623
    Eigentlich hatte der Teufel kein Amerikaner sein wollen.
    Jedenfalls keiner von der neuen Sorte, den Weißen aus Europa mit ihren Schiffen und Bibeln, die sich »Engländer« nannten. Der Teufel zog die Waldbewohner vor. Er hatte beim Volk der Gelben Erde gelebt, hatte mit dem Volk der Großen Bäuche gejagt, hatte mit dem Maisvolk Ackerbau und mit dem Volk der Lauten Stimme Handel getrieben.
    Am glücklichsten war er beim Volk vom Fallenden Wasser gewesen, tief im Süden, in ihrer Welt mit den endlosen Wäldern und den riesigen Flüssen – ein wahrer Garten Eden, sogar für den Teufel.
    Dann waren die riesigen Holzschiffe aufgetaucht wie Häuser auf dem Wasser. Weiße Männer waren an Land gekommen und hatten ein Fort gebaut, das sie Jamestown genannt hatten. Der Teufel war nach Norden gezogen, um sich von ihnen fernzuhalten, und hatte sich dem Morgenvolk angeschlossen, das in der Nähe des Meeres lebte, dort, wo die Sonne das Land berührt.
    Doch auch dort erschienen irgendwann die großen Schiffe. Noch ehe der Teufel »Hölle und Verdammnis!« sagen konnte, waren die weißen Männer an Land gegangen und hatten erst ein Fort gebaut, dann ein Dorf.
    Der Teufel beobachtete sie aus dem Wald heraus, rauchte Mäuse in seiner Maiskolbenpfeife und kratzte sich den hölzernen Kopf.
    Mit der Zeit erkannte er, dass die Weißen einen Plan zu haben schienen, und der sah so aus: An Land kommen, ein Fort bauen und darin verhungern.
    Mit so einem Volk kann es nicht weit her sein , dachte der Teufel bei sich. Wie dumm sie sind.
    Die Weißen von Jamestown waren ebenfalls dumm gewesen. Sie hatten nach Gold gegraben, anstatt Getreide und Gemüse anzubauen.
    »Diese Leute sind dämlich«, bemerkten die überlebenden Krieger vom Morgenvolk, nachdem sie das Fort angriffen hatten und von den Weißen zusammengeschossen worden waren. »Aber sie haben fabelhafte Waffen.«
    »Sie müssen verschwinden«, sagte der Teufel.
    ***
    Die Engländer, die im Norden an Land gegangen waren, nannten sich »Pilger«. Sie hatten schneller gelernt als der Pöbel von Jamestown. Bis zum dritten Frühling wussten sie, wie man Pflanzen anbaute und die Ernte lagerte, sodass sie ihnen über den Winter half. Außerdem lernten sie, die einst dichten Wälder so gründlich zu lichten, dass sie auf die Indianer schießen konnten.
    Der Pöbel von Jamestown hingegen war allergisch gegen Arbeit gewesen.
    Bei dem Gedanken an Jamestown kam dem Teufel Pocahontas in den Sinn.
    Er versuchte angestrengt, nicht an sie zu denken.
    ***
    Eines Nachts bemalte sich der Teufel mit schwarzer Kriegsfarbe und schlich aus den Wäldern den Hügel hinauf auf die vom mitternächtlichen Tau glitzernde Rinderweide, bis er mitten unter den schlafenden Kühen stand.
    Er weckte sie mit einem leisen, verführerischen: »Muuuh!«
    »Muuuh«, antworteten die Kühe und trotteten herbei, um sich den Rücken kratzen zu lassen.
    Tiere liebten oder hassten den Teufel. Kühe liebten ihn. Sie liebten ihn so sehr, dass die Pilger es als schockierend empfunden hätten, was nun geschah: Eine Kuh nach der anderen drehte ihm ihr Hinterteil zu. Und der Teufel besorgte es ihnen, einer nach der anderen.
    Er war ein großzügiger Liebhaber, der keine Unterschiede machte. So war er immer schon gewesen. Palestine, der alte Bulle, kam herbeigestürmt, um zu protestieren – und hielt inne, als er den Teufel erkannte. Sofort machte er kehrt und stürmte davon, um vom Teufel nicht mit einer seiner Kühe verwechselt zu werden.
    Am nächsten Morgen wurden die Kühe hinter dem Stall gemolken. Pilgerfrauen und Kinder, ausnahmslos in Schwarz gekleidet, kauerten wie Krähen neben den Tieren. Die Milch
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