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Totensonntag: Kriminalroman (German Edition)

Totensonntag: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Totensonntag: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Andreas Föhr
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unterwegs.«

4
    K reuthner schwenkte den Schlüssel zur Arrestzelle. »Auf geht’s, Dammerl. Zeit zum Schlafen.«
    »Hast net noch a Bier? Ich schlaf schlecht ohne.«
    »Hier ist die Polizei. Hier gibt’s kein Bier. Verzupf dich in die Zelle.«
    »Du willst aber net absperren, oder?«
    »Quatsch keine Opern und geh rein.«
    Zögernd und den Blick besorgt auf den Schlüssel gerichtet, schlurfte Nissl in die Arrestzelle. Kreuthner sagte »Gute Nacht«, steckte den Schlüssel ins Schloss und sperrte ab. Im gleichen Moment kam Nissl an das kleine Sichtfenster in der Tür und schrie Kreuthner mit schreckgeweiteten Augen an. »Du verdammtes Arschloch!«, kam es gedämpft durch die Tür. »Du hast gesagt, du sperrst net ab. Mach die Tür auf!«
    »Ich hab gar nichts gesagt. Leg dich hin und gib a Ruah! Ich muss mal kurz weg.«
    »Nein!!!« Nissl schlug mit den Fäusten gegen die Stahltür. »Du kannst mich net allein lassen. Kreuthner!!! Bleib da, verflucht!«
    Kreuthner beschloss, den Wahnsinnigen zu ignorieren, und machte sich auf den Weg nach draußen. Da hörte er, wie etwas gegen die Zellentür krachte. Es war der Stuhl der Zelleneinrichtung. Als Kreuthner durch das Sichtfenster sehen wollte, verdunkelte es sich. Es polterte gewaltig. Dieses Mal war es der Tisch. »He! Spinn dich aus!«, schrie Kreuthner durch die Tür. »Sonst kriegst Handschellen.«
    »Versuch’s doch! Ich … ich häng dich hin. Ich sag’s deinem Chef, dass du weg warst. Die feuern dich.« Nissl schleuderte die Reste des Zellenstuhls gegen die Tür. »Mach endlich auf!«
    Kreuthner sah ein, dass er es so nicht angehen konnte. Wenn Nissl ihn verriet, gab es Ärger. Viel Ärger. Denn Kreuthner hatte in den letzten vier Jahren bereits einiges an Missetaten auf seinem Konto angesammelt. Er schloss die Zelle auf. Schwitzend und mit zitternden Knien stand Nissl in der Tür. »Geh Dammerl, was regst dich denn so auf? Ich muss a paar Stund weg. Was ist denn dabei?«
    Nissl hatte noch ein Stuhlbein in der Hand und den Mund offen, in seinem Gesicht lag ein Ausdruck, als habe er dem Tod ins Auge gesehen. Er schlotterte am ganzen Körper.
    »Ich hol dir zwei Bier, okay?«
    »Du kannst mich net einsperren und weggehen. Das geht net.«
    »Wieso? Wennst a Bier hast?«
    »Ich halt das net aus«, sagte Nissl, wischte sich den Schweiß von der Stirn und sah Kreuthner an, als habe er ihm gerade das wichtigste Geheimnis seines Lebens verraten.
    Na ja, dachte Kreuthner. Wenn du all die Jahre im Freien lebst, vielleicht wirst du dann so. Aber es gab ihm doch ein Rätsel auf, weshalb Nissl so ausgerastet war. Gleichzeitig war klar, dass er den Mann hier nicht einfach einsperren und weggehen konnte.
    »Hast Lust auf an Ausflug? Gibt auch was zu trinken.«

    Ein Schatten bewegte sich in dieser föhnigen Novembernacht durch den Bergwald, den gemächlich ansteigenden Forstweg hinauf, der bis zur Talstation der Materialseilbahn führte. Den Vögeln in den Baumkronen mag ein silbern-metallisches Blitzen aufgefallen sein, das ab und an von dem Schatten ausging. Genauer besehen waren das die Speichen eines Rollstuhls, die das Mondlicht reflektierten, manchmal auch der Aluminiumschaft einer Krücke.
    Kreuthner schwitzte und fluchte atemlos, schob aber unverdrossen den Rollstuhl den Forstweg hinauf. Zwei Stunden würden sie brauchen, bis sie an der Seilbahn waren. Als glückliche Fügung für Kreuthners Vorhaben erwies sich immerhin, dass bis dort oben kein Schnee lag, was für die Jahreszeit nicht selbstverständlich war.
    Da Nissl einem guten Trunk nicht abgeneigt war, hatte es keiner großen Überredung seitens Kreuthner bedurft. Hinderlich war allenfalls Nissls schlechter Zustand, namentlich sein verstauchter Knöchel. Zum Glück fiel Kreuthner der Rollstuhl ein, der seit Jahren im Sanitätsraum der Polizeiinspektion verstaubte. Lediglich beim Bierholen für Betriebsfeiern war er bislang zum Einsatz gekommen.
    »Au! Pass a bissl auf die Steine auf«, beschwerte sich Nissl. »Das gibt jedes Mal an Stich im Knöchel.«
    »Es ist dunkel, du Hirn. Ich seh keine Steine.« Kreuthner hielt kurz an und verschnaufte. Ein bisschen packte ihn die Angst, dass die da oben schon alles ausgetrunken hätten, wenn sie ankamen. Adrenalin schoss bei diesem Gedanken in seine Adern, und weiter ging es. Jede Minute zählte.
    Das letzte Stück zum Hirschberghaus war ein enger und steiler Bergpfad und für Rollstühle vollkommen ungeeignet. Hier, am Ende der Forststraße, befand sich die
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