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Toedliches Erbe

Toedliches Erbe

Titel: Toedliches Erbe
Autoren: Amanda Cross
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paar Unterlagen aus dem Archiv in Wallingford stibitzt und daraus abgeschrieben haben. Hat es Ihnen Spaß gemacht, diese Briefe zu verfassen? Sie waren schlau erfunden, Max. Verdammt schlau. Mit einer Ein-schränkung, wie mir später klar wurde: Dorothy Whitmore hätte sich niemals so sehr einen Jungen gewünscht oder wäre auf diesem The-154

    ma so herumgeritten. Frauen leiden keineswegs unter einem derartigen Selbsthaß, wie Sie ihn unterstellen, und die Whitmore schon gar nicht.«
    »Es war amüsant zu sehen, wie leicht sich diese Briefe schrieben.
    Ich wurde fast selber zur Whitmore, habe sie flott heruntergeschrie-ben, bevor ich loszog und Sie die Nase in Sachen stecken ließ, die Sie gar nichts angingen.«
    »Wie Gerry Marston.«
    »Genau wie Gerry Marston.«
    »Warum haben Sie sie umgebracht, Max? Würden Sie es mir er-zählen?«
    »Warum nicht?«
    Kate hatte sich hin und wieder gefragt, wie weit ihr Mut wohl reichen würde, wenn ihr wirklich einmal Gewalt drohte. Man weiß das vorher nicht. Entweder kann man noch Kraftreserven mobilisie-ren, oder man bricht zusammen. Wie es aussah, würde sie nicht zu-sammenbrechen. Im Gegenteil, ihr Verstand schien, zumindest vorü-
    bergehend, durch die Angst sogar geschärft. Nicht klar war ihr allerdings, wie lange sie den lähmenden Auswirkungen der Angst widerstehen konnte.
    »Sie wissen, daß ich Sie töten werde«, sagte Max. »Ich muß es tun. Aber es wird aussehen, als hätten Sie sich selbst umgebracht.«
    Kate bemerkte, daß er sich sogar jetzt grammatikalisch absolut korrekt ausdrückte. So sterben wir denn auf höchstem sprachlichem Niveau, dachte sie und wäre fast der Versuchung erlegen, in hysterisches Gelächter auszubrechen.
    »Es macht mir absolut nichts aus, Ihre Neugier zu befriedigen«, fuhr er fort. »Neugier ist ein übermächtiges menschliches Motiv, oft stärker als Sex oder Geld. Und nicht nur neugierige Katzen sterben daran. Ja, zünden Sie sich die Zigarette nur selber an. Ich bin viel stärker, als Sie wahrscheinlich annehmen, aber Sie sind für eine Frau recht groß und nicht übergewichtig. Es macht einen Mann zu verletz-lich, wenn er einer Frau, der er nach dem Leben trachtet, Feuer gibt.
    Cecily und ich hatten Streit. Vor der Hochzeit. Kurz bevor sie nach England fuhr, hatte sie mich gebeten, sie zu besuchen. Sie hatte mich stets als den Verwalter ihres literarischen Nachlasses und Verfasser ihrer Biographie bezeichnet. Das war eine feststehende Tatsache.
    Jeder wußte das. Ich hatte es seit langem in mein Leben eingeplant.
    Es war so vereinbart. Schließlich hatten wir den gleichen Hintergrund und mehr oder weniger die gleichen Einstellungen. Das glaub-155

    te ich jedenfalls. Aber als ich zu ihr kam, stellte sich heraus, daß Cecily eine Liberale geworden war, eine von denen, die mit großen Augen in die Welt schauen und die Meinung vertreten, daß Studenten auf dem Campus randalieren und sich in die Aufgaben der Regierung und Industrie einmischen dürfen. Es zeigte sich, daß wir in nichts mehr einer Meinung waren. Ich sagte, wenigstens sei sie Ricardo eine gute Frau gewesen. ›Was weißt du denn schon davon, Max?‹ fragte sie. Jahrelang habe ich nicht mein Leben gelebt, sondern seines. Ich habe ihm die Krawatten gekauft, seine Sitzungen arrangiert, sein Ego gestreichelt und seine Ausstellungen organisiert.
    Ja, ich habe geschrieben, aber nur, wenn Ricardo anderswo war, mit anderen und jüngeren Frauen zusammen, die glücklich waren, ihm die Besorgungen und die Hausarbeit abnehmen zu dürfen, und die ihn dankbar anbeteten. Vielleicht war ich eine gute Frau, aber erst nachdem aus mir ein guter Mensch geworden war, und das war, als wir für immer hierher zogen. An die See. Danach machte es mir nichts mehr aus, ob Ricardo nun heimkam oder nicht, und parado-xerweise kam er nun immer häufiger. Als ich aufhörte, mich zu fragen, ob ich eine gute Ehefrau war, begannen unsere glücklichsten Jahre. Als ich oft allein war. Max, was verstehst du überhaupt von alledem? Glaubst du, das Schreiben meiner Biographie wird dir diese konventionelle, konservative, verlorene Welt zurückbringen?< – ›Du warst eine Freundin meiner Mutter‹, antwortete ich. ›Ich verstehe, wie du gelebt hast.‹ – ›Mein Gott, Max‹, sagte sie, ›ich glaube, du verstehst gar nichts. Du verstehst nicht einmal deine Mutter.‹«
    Max räusperte sich. »Dann haben wir über alles mögliche geredet. Solche Gespräche gehen von einem Thema zum nächsten und werden
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