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Toedliches Erbe

Toedliches Erbe

Titel: Toedliches Erbe
Autoren: Amanda Cross
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lenken, damit auf die Whitmore und fort von Cecily.
    Und das gründlich.«
    »Sie kennen Oscar Wildes Ausspruch.« Max machte jetzt Konversation, wie sie sich Aspiranten für eine Welt mit Stil und Kultur erträumen. »›Ein Mann kann bei der Wahl seiner Feinde nicht vorsichtig genug sein. Keiner der meinen ist ein Dummkopf. Es sind lauter Männer mit Verstand, und demzufolge schätzen sie mich.‹ Ein Kompliment an Ihre Adresse, Kate.«
    »Nein, das ist es nicht«, sagte Kate knapp. »Sie haben nämlich geglaubt, einen Dummkopf gefunden zu haben. Und eindeutig ist auch, daß ich Sie nicht besonders schätze. Doch ich gebe zu, das Zitat ist hübsch ausgesucht für diesen Moment. Sie halten alle Leute, die nicht Ihrer Meinung sind, für Dummköpfe, Max.«
    »Fahren Sie fort. Was taten Sie, nachdem Sie mit kriminalisti-schem Scharfblick die Schrifttypen verglichen hatten?«
    »Meine Gouvernante hat mir immer die Kleider umgesäumt.
    Wenn ich heute an sie denke, sehe ich sie stets damit beschäftigt. Da sie eine sehr ordentliche Frau war, konservativ im besten Sinne des Wortes, hat sie sich immer bemüht, den Faden, mit dem der ursprüngliche Saum umgenäht worden war, in einem Stück herauszu-ziehen. Sie versuchte ihn zu fassen, doch oft riß er ihr ab. Aber manchmal kam er tadellos und an einem Stück heraus. Dann wickelte sie ihn stolz um ein Stückchen Pappe. Der Faden, mit dem wir hier zu tun haben, Max, ließ sich auf genau die gleiche Weise herauszie-hen.«
    »Und wie geht die Geschichte weiter?«
    Es kostete sie ungeheure Anstrengung, sich ihre Angst nicht anmerken zu lassen. Max war auf ihre Abschweifungen nicht eingegangen, und das sagte ihr einiges. Es gab keinen Zweifel darüber, was in seinem Kopf vor sich ging. Einen Augenblick dachte sie daran, einfach zu schweigen. Doch wenn sie überhaupt eine Chance hatte, dann die, ihn durch Reden abzulenken.
    »Was wäre noch dazu zu sagen, Max? Nur, daß meine ganze Geschichte in sich zusammenfiel. Und was für eine reizvolle Geschichte das war! Jedes Beweisstück oder das, was ich dafür hielt, schien sie zu belegen. Herbert war derjenige, der mir gezeigt hat, wie sehr ich mich verrannt hatte. Ein paar direkte Fragen, und mir wurde klar, daß Sie sein wirklicher Bruder sind und nicht etwa adoptiert wurden.
    153

    Ich muß beschämt zugeben, er machte mich darauf aufmerksam, daß eine Adoption als gesetzlicher Vorgang offiziell zu Protokoll genommen werden muß. Ich habe ihn gefragt, ob Ihre Mutter nicht eine Schwangerschaft vorgetäuscht haben könnte: ein Kissen vor dem Bauch, eine Reise, etwas in der Art. Herbert brauchte nicht lange, um diese Theorie platzen zu lassen. Dann fiel mir ein, daß auf Dorothy Whitmores Krankenblatt hätte stehen müssen, ob sie einmal ein Kind bekommen hat. Das sind ja die Dinge, die Ärzte wissen müssen.«
    Kate seufzte. »Ach, Max, wie habe ich Ihre schnellen Reaktionen bewundert. Mit welcher Erleichterung müssen Sie hier, in dieser Hütte, dem Märchen von Ihrer finsteren Abstammung zugehört und gemerkt haben, daß ich Ihnen damit etwas lieferte, was Sie sich selbst nicht hätten ausdenken können: ein hieb- und stichfestes Motiv. Eines, das zudem noch so romantisch war und so weit hergeholt, daß es ein guter Strafverteidiger ohne weiteres hätte zu Hackfleisch machen können. Und Sie konnten sicher sein, daß Reed und ich das auch wußten.« Kate sah Max in die Augen. »Da fallen mir diese acht Tage bei Raymond Brazen ein – waren Sie wirklich bei ihm und haben ihm bei seinem Buch geholfen? Das ist einer der vielen Punkte, die ich noch nicht nachgeprüft habe.«
    »Aber ja«, sagte Max, »ich war dort. Ich habe ihm wirklich bei seinem Buch geholfen. Aber er ist alt und kann nur wenige Stunden am Tag arbeiten. Überdies hebt der Mann, dem Himmel sei Dank, jedes Fetzchen Papier auf, und das schon seit Ewigkeiten. Er gehört zu den Leuten, die nichts wegwerfen können. Er besitzt noch Papier, das viele Jahre alt sein muß – jedenfalls alt genug, daß es bestimmt nicht neu aussah. Das Wasserzeichen hat mir ein bißchen Sorge gemacht. Man hätte dadurch feststellen können, daß das Papier aus Amerika stammte. Also habe ich in einen der Whitmore-Briefe eine Bemerkung über Papierknappheit hineingemogelt und über ihre Dankbarkeit für das amerikanische Papier, das Cecily ihr bei einem Besuch dagelassen hat.«
    »Wenn ich mir vorstelle, Max, wie Sie diese Briefe geschrieben und ihre Handschrift kopiert haben. Sie müssen ein
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