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Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit

Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit

Titel: Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit
Autoren: R. A. Salvatore
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Prolog
    Der kleinere Mann, der viele Namen besaß, in Luskan jedoch hauptsächlich als Morik der Finstere bekannt war, hob die Flasche hoch. Er schüttelte sie, denn es war ein schmutziges Ding, und er wollte die Höhe der dunklen Flüssigkeit darin vor dem orangenen Licht des Sonnenuntergangs abschätzen.
    »Nur noch ein Schluck«, sagte er und setzte die Flasche wieder an, als wollte er diese letzten Tropfen trinken.
    Der riesige Mann, der neben ihm am Rand des Piers saß, entriss ihm die Flasche mit einer Gewandtheit, die für jemanden von seiner Größe außergewöhnlich war. Instinktiv wollte Morik sich das Gefäß zurückholen, doch der andere wehrte seine Hände mit einem muskulösen Arm ab und leerte die Flasche in einem einzigen, herzhaften Zug.
    »Pah, Wulfgar, in letzter Zeit bekommst immer du den letzten Schluck«, beschwerte sich Morik und versetzte dem anderen Mann einen halbherzigen Klaps gegen die Schulter. »Hab ihn mir verdient«, behauptete Wulfgar.
    Morik musterte ihn einen kurzen Moment lang skeptisch, bis er sich an ihren letzten Wettkampf erinnerte, in dem sich Wulfgar in der Tat das Recht auf den letzten Schluck ihrer nächsten Flasche verdient hatte.
    »Glückstreffer«, murmelte Morik. Er wusste es jedoch besser und hatte schon lange aufgehört, über Wulfgars Fähigkeiten als Krieger zu staunen.
    »Einer, den ich jederzeit wiederholen werde«, erklärte Wulfgar, stand auf und hob Aegisfang, seinen mächtigen Kriegshammer. Er wankte, als er den Kopf der Waffe in seine offene Handfläche fallen ließ, und auf Moriks dunklem Gesicht breitete sich ein verschlagenes Lächeln aus. Auch er stand auf, ergriff die leere Flasche und schwang sie am Hals umher. »Auch jetzt?«, fragte der Ganove.
    »Wirf sie hoch genug, oder du hast verloren«, erklärte der blonde Barbar, hob den Arm und deutete mit dem Ende seines Kriegshammers auf die offene See hinaus.
    »Sie darf erst auf das Wasser treffen, wenn ich bis fünf gezählt habe.« Morik musterte seinen barbarischen Freund eisig, während er die Regeln des kleinen Wettstreits wiederholte, den sie vor vielen Tagen ersonnen hatten. Die ersten paar Male hatte Morik gewonnen, doch am vierten Tag hatte Wulfgar gelernt, den Fallwinkel der Flasche richtig abzuschätzen, und sein Hammer hatte winzige Glassplitter über die Bucht verteilt. In letzter Zeit hatte Morik nur noch eine Chance, die Wette zu gewinnen: wenn Wulfgar allzu viel getrunken hatte.
    »Sie wird das Wasser nie erreichen«, murmelte Wulfgar, während Morik zum Wurf ausholte.
    Der kleinere Mann brach ab und musterte den anderen erneut mit einer gewissen Verachtung. Er schwang seinen Arm vor und zurück. Plötzlich zuckte Morik, als würde er werfen.
    »Was?« Überrascht erkannte Wulfgar die Finte und sah, dass Morik die Flasche nicht losgelassen hatte. Noch während der Barbar sich zu seinem Freund umdrehte, wirbelte der kleine Mann einmal im Kreis herum und ließ die Flasche in einem hohen Bogen davonfliegen. Direkt in die untergehende Sonne hinein.
    Wulfgar hatte ihren Flug nicht von Beginn an gesehen, daher konnte er jetzt nur in das gleißende Licht blinzeln, aber schließlich entdeckte er die Flasche. Mit lautem Gebrüll ließ er seinen mächtigen Kriegshammer fliegen, so dass die magische und brillant geschmiedete Waffe in einem flachen Bogen über die Bucht wirbelte.
    Morik feixte und glaubte, dass er den großen Mann ausgetrickst hatte, denn die Flasche war etwa zwanzig Meter vom Pier entfernt und bereits dicht über dem Wasser, als Wulfgar warf. Niemand konnte einen Kriegshammer so weit und so schnell schleudern, um noch zu treffen, dachte Morik, vor allem nicht ein Mann, der gerade mehr als die Hälfte des Inhalts seines Ziels getrunken hatte!
    Die Flasche streifte fast eine Welle, als Aegisfang sie erreichte und in tausend winzige Splitter zerschmetterte. »Sie hat das Wasser berührt!«, schrie Morik.
    »Ich habe gewonnen«, sagte Wulfgar mit Bestimmtheit, und sein Tonfall ließ keine Diskussion zu.
    Morik konnte zur Erwiderung nur etwas grummeln, denn er wusste, dass der große Mann Recht hatte; der Kriegshammer hatte die Flasche noch rechtzeitig erwischt.
    »Scheint mir eine ziemliche Verschwendung zu sein; ein guter Hammer für eine leere Flasche«, erklang hinter den beiden eine Stimme. Das Paar drehte sich gleichzeitig um und erblickte zwei Männer, die mit gezückten Schwertern nur wenige Fuß entfernt standen.
    »Nun, Herr Morik der Finstere«, meinte einer von ihnen, ein
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