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Toedliches Erbe

Toedliches Erbe

Titel: Toedliches Erbe
Autoren: Amanda Cross
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kommen in den Stipendienfonds. Gespielt wird im Central Park.
    Glaubst du, du kannst auch kommen, oder bist du oben in der Hüt-146

    te?«
    »Natürlich komme ich. Ich kann ja früher wieder hereinfahren, falls ich draußen bin. Um wieviel Uhr ist es?«
    »Um drei. Aber fühl dich nicht verpflichtet. Ich habe es nur er-wähnt, weil es das letzte Spiel in dieser Saison ist. Das letzte für St.
    Anthony’s.«
    »Und was war das für eine Saison, sportlich gesehen, natürlich!
    Ich komme.«
    Leo schlenderte in die Küche und suchte nach etwas Eßbarem, und Kate ging durch den Kopf, daß seltsamerweise beide Probleme gleichzeitig gelöst waren. Die Puzzles waren aufgegangen. Beides waren sehr moderne Lösungen, nicht schlüssig und unbefriedigend, aber in beiden Fällen, in ihrem wie in Leos, wäre es schlimmer gewesen, wenn sie nichts unternommen hätten: Die falschen Leute wären zufrieden gewesen, aber es hätte schlüssig ausgesehen. Doch es reichte, um sich wieder einmal in die Zeit von Königin Victoria zurückzusehnen, als Tennyson sein Gedicht ›Tithonus‹ nicht zur Veröffentlichung freigab, weil, wie ein Kritiker es sah, »sein der Welt überdrüssiger Pessimismus so wenig anregend wirkte auf die Stimmung der Zeit«. Was wäre wohl anregend genug für die Stimmung der heutigen Zeit?
    147

    Fünfzehn

    A llein in ihrer Hütte, spürte Kate wieder einmal, wie die Einsamkeit und die ländliche Umgebung ihr halfen, zu sich selbst zu finden. Sie genoß das, was Mollie Panter-Downes, eine von Kate geradezu abgöttisch geliebte Schriftstellerin aus England, »den höchsten Luxus der Wohlhabenden« genannt hatte, »die Möglichkeit, nach Belieben denen aus dem Weg zu gehen, die einem am nächsten und liebsten sind«.
    Die vergangene Nacht war besonders klar gewesen und der Himmel voll funkelnder Sterne. Kate kannte Menschen, denen der Anblick der Sterne Trost spendete, als würden die Leiden dieser Welt durch die mögliche Existenz anderer Welten gelindert. Aber Kate teilte diese Meinung nicht. Das Schauspiel flößte ihr zwar Ehrfurcht ein, dennoch galt ihre ganze Hingabe nur dieser Welt – ganz wie Walt Whitman es empfunden hatte.

    »Die Erde genügt mir,
    Ich brauche die Sterne nicht näher,
    Ich weiß sie gut aufgehoben, wo sie sind, Ich weiß, so genügen sie denen, die sich sehnen.«

    Flüge zum Mond, die Kate im Fernsehen verfolgt hatte, ließen sie kalt. Das Hissen der amerikanischen Flagge auf dem Mond war für sie schlicht das übelste Beispiel schlechten Geschmacks seit der Errichtung des Albert Memorial.
    Vor drei Monaten war Max den Feldweg heraufgekommen, am Rande ihrer Wiese stehengeblieben und hatte nach dem Weg gesucht. »Fahren Sie mit mir nach Maine«, hatte er gesagt. Natürlich, dachte Kate bitter, habe ich als selbstverständlich angenommen, daß es dabei um mich als Person ging, daß wie immer ich es war, um die sich alles drehte. Gibt es größere Eitelkeit als die, sich frei von ihr zu wähnen? Aber Selbstgeißelung war nicht angesagt. Gerry Marstons Tod hätte nicht verhindert werden können. Wie gewaltig auch ihre eigene Fehleinschätzung gewesen sein mochte, sie hatte niemandem Schaden zugefügt.
    Hier, in der Einsamkeit, war es ihr gelungen, ihre nächsten Schritte zu planen. Jetzt mußte sie an die Rückkehr denken. Ihr Blick wanderte vom mittlerweile bewölkten Himmel über die jetzt dicht 148

    belaubten Bäume zu dem Feldweg, auf dem an jenem Tag Max gestanden hatte. Einen gräßlichen Moment lang glaubte sie, eine echte Halluzination zu erleben. Dann wurde ihr zitternd klar: Was immer es sein mochte, eine Einbildung war es nicht.
    Auf dem Feldweg stand Max und sah über die Wiese zu ihr her-
    über.
    Auf diese Entfernung konnten sich ihre Blicke nicht treffen.
    Dennoch fühlte Kate, daß sie sich begegneten. Diesmal brauche ich mir keine Gedanken wegen meiner Kleidung zu machen, dachte sie.
    Ihre Hosen waren schmuddelig wie immer, und ihr Hemd, ein von Reed abgelegtes, hatte sie vorn zusammengeknotet, so daß ihre Taille nackt war. Sie löste den Knoten und zog es über die Hüften in einer Bewegung, die ihr wie ein letztes Rudiment des Rüstunganle-gens erschien. Max kam auf die Hütte zu.
    »Wohin diesmal?« fragte Kate, als sie ihm die Tür öffnete. Für einen Moment schoß ihr der Gedanke durch den Kopf, einfach abzu-schließen, aber sie verwarf ihn gleich wieder. Er konnte immer he-reinkommen, wenn er wirklich wollte. Und früher oder später würde sie mit Max reden
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