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Toedliches Erbe

Toedliches Erbe

Titel: Toedliches Erbe
Autoren: Amanda Cross
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schlimmer und schlimmer. Vietnam, Watergate, Rassenin-tegration, Frauenrechte – wir haben alles durchgekaut. Am Ende bat sie mich zu gehen. Nicht gleich – es war spät in der Nacht –, aber sofort am nächsten Morgen. Sie sagte, sie sei froh, daß wir dieses Gespräch geführt hätten, bevor es zu spät sei. ›Wie oft‹, sagte sie,
    ›passiert es, daß Menschen, die einander mögen, selbstverständlich davon ausgehen, daß sie in wichtigen und fundamentalen Dingen übereinstimmen. Du bist für mich der Falsche, als literarischer Nachlaßverwalter und ganz bestimmt auch als Biograph. Ich werde das in meinem Testament festhalten. Ich werde dem alten Dingsbums‹ – so nannte sie stets ihren Anwalt - ›wegen der Änderung schreiben‹. Das war alles. Am nächsten Morgen habe ich sie angefleht, sich das Ganze noch einmal zu überlegen. Sie sagte, so eilig sei es ja nicht. Und 156

    hätte Zeit bis nach der Hochzeit.«
    Er sah zum Fenster hinaus. »Wie Sie wissen, starb sie in England. Ihre Kinder waren mit ihr drüben. Es war zwar möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich, daß sie ihnen etwas gesagt hatte. Mit Cecilys Zuwendung zu ihren Kindern war es niemals weit her. Ich glaube, alles, was sie hatte, hat sie an Ricardo verschwendet, egal, wie sie sich später über ihn geäußert hat. Ich weiß nicht, wieviel Freude Cecily an ihren Kindern gehabt hat, obwohl sie sehr erfolgreich wurden: Thad und Roger arbeiten in hervorragenden Firmen, und die Tochter hat sehr gut geheiratet. Pardon, ich schweife ab. Es bestand also die Chance, daß noch niemand von ihrem Sinneswandel wußte. Ich habe mir unter falschem Namen in Boston einen Wagen geliehen, mich ans Steuer gesetzt und bin zu dem Haus hinausgefah-ren. Ja, ich besitze einen Führerschein, schon seit vielen Jahren. Aber warum sollte ich jemandem davon erzählen? Die Hertz-Leute machen es einem wunderbar bequem, wie es ja auch in ihren Anzeigen heißt. Ich hatte vorher angerufen, einen Wagen für Mr. Browning reservieren lassen, und da stand er. Ich bezahlte in bar und bekam die Schlüssel. Einfacher ging’s nicht. Zuvor hatte ich einem Fremden den Führerschein gestohlen.«
    Max lächelte. »Cecily hatte eine neue Verfügung für ihr Testament entworfen, die ihre literarische Hinterlassenschaft betraf. Dieser Entwurf lag in der obersten Schreibtischschublade; das erste, was ins Auge fiel, wenn man sie aufzog. Und ich war nicht der einzige, der sie geöffnet hatte. Ihre Gerry Marston war schon daran gewesen, obwohl sie es leugnete und schwor, sie sei nicht eingebrochen. Die Hintertür hätte offengestanden. Sie hätte sich nur ein wenig um-schauen und auf die Toilette gehen wollen. Irgendwie sei sie dann in Cecilys Arbeitszimmer gelandet. Als ich sie entdeckte, stand sie vor dem Porträt. Eine glaubhafte Geschichte.«
    »Nicht unglaubhaft jedenfalls«, sagte Kate. Sie selbst hatte schließlich Cecilys Haus sehen wollen, oder? War das nicht sogar einer der Gründe gewesen, warum sie Max dorthin begleitet hatte?
    »Haben Sie mit ihr gesprochen?« fragte Kate.
    »O ja, wir haben miteinander gesprochen. Ich habe ihr keine Vorwürfe und auch keine Angst gemacht. Ich habe sie nicht zu dem Geständnis zu überreden versucht, daß sie in Schubladen geschaut hat. Wenn Sie es genau wissen wollen: Ich war ganz reizend zu ihr.
    Habe ihr erzählt, ich sei der Verwalter von Cecilys literarischem Nachlaß und war an ihren Theorien und ihrer Arbeit höchst interes-157

    siert.«
    »Weshalb glauben Sie, daß Gerry den Testamentsentwurf gelesen hat?«
    »Sie war so überrascht, als ich ihr sagte, daß ich den Nachlaß verwalte. Ihre… es war eindeutig. Egal, ich konnte kein Risiko eingehen. Und ich konnte mir nicht leisten, ihr zu vertrauen. Ich hätte nicht dort sein sollen, sondern irgendwo an der Universität, zwischen zwei Vorlesungen. Ich hatte eine am nächsten Tag.«
    »Diese ganze Geschichte mit dem Pferd war also Unsinn.«
    »Natürlich. Meine Pferdenarrheit schien Ihnen zu gefallen. Sie paßte so schön zu Dorothy Whitmores Pferdenarrheit.«
    »Ich nehme an, es war nicht schwer, Gerry auf die Felsen zu locken.«
    »Nicht besonders. Sie kletterte von sich aus auf ihnen herum, genau wie Sie. Ich folgte ihr und deutete auf etwas am Horizont. Dann schlug ich ihr einen Stein auf den Kopf. Sie fiel hin, und ich mußte ihren Kopf unter Wasser drücken. Die Flut kam und erledigte den Rest. Danach wartete ich ab. Das ursprüngliche Testament wurde eröffnet. Der Anwalt
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