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Tod in Lissabon

Tod in Lissabon

Titel: Tod in Lissabon
Autoren: Robert Wilson
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sagte ich. »Ich denke, seine Eltern möchten vielleicht auch wissen, welche patriotische Pflicht ihren Sohn hierher gebracht hat.«
    »Sie sind doch der ›Inspector Dourado‹«, sagte er, Salz in die Wunde streuend. »Sie sollten wissen, worum es geht.«
    »Gut, dann fange ich an«, sagte ich. »Nazi-Gold … und jetzt machen Sie weiter.«
    Er seufzte und blickte sich auf dem dunklen Hof um.
    »Alle Länder, die während des Zweiten Weltkriegs neutral geblieben sind«, sagte er und rang die Hände, »müssen nun ihr Pfund Fleisch geben. Vielleicht haben Sie mitbekommen, dass einige Schweizer Banken unlängst 1,25 Milliarden Dollar für die Opfer des Holocaust zur Verfügung gestellt haben. Die Banco de Oceano e Rocha hat einen Schätzwert von 2,3 Milliarden. Wir glauben, dass wir damit das Potenzial haben, uns großzügig zu zeigen.«
    »Miguel Rodrigues«, sagte ich, »ist ein Mann, dem offenbar wirklich die Freunde ausgegangen sind.«
    Der Mann spreizte die Hände und zeigte mir, dass sie leer waren.
    »Diese Goldbarren mit der kleinen Hakenkreuz-Prägung neben Ihrem charmanten Gesicht«, sagte er, »das war eine Publicity-Nummer für die Polícia Judiciária, die uns eine Menge Kummer erspart hat. Das hat der Welt gezeigt, dass wir das Pfund Fleisch gefunden haben und bereit sind, es zu übergeben. Sie müssen zugeben, Inspektor Coelho, darin liegt eine gewisse Gerechtigkeit.«
    »Insofern, als dass es von den Nazis, die es ursprünglich gestohlen haben, über Lehrer, Felsen und Abrantes zurückkehrt … wenn schon nicht zu den ursprünglichen Besitzern, so doch zumindest zu ihren Familien«, sagte ich. »Ja, ich erkenne die Gerechtigkeit, aber die Methode bereitet mir Sorgen.«
    »Nichts in der Welt ist das, was es scheint«, sagte der Mann, legte kurz seine Hand auf meine Schulter und deutete mit einem Blick an, dass das Gespräch, soweit es ihn betraf, beendet war.
    »Und Lourenço Gonçalves?«, fragte ich, um dieses lose Ende für JoJó Silva zu klären.
    »Er ist ein glücklicher Mann, Inspektor, aber er wird nie mehr nach Portugal zurückkehren.«
    »Er hat seine Seele dem Teufel verkauft … oder sollen wir ihn Dr. Aquilino Dias Oliveira nennen?«
    »Sie müssen Dr. Oliveira in Ruhe lassen, sonst könnte alles noch schrecklich schief laufen«, erklärte er ernst und glaubhaft.
    »Die heilige Kuh«, sagte ich.
    Sie sahen mich mit den toten Augen von Männern an, die nicht zum ersten Mal dafür sorgen würden, dass etwas schrecklich schief lief.
    »Ich würde ihn gern sprechen.«
    »Lieber nicht.«
    »Ich werde ihm schon nichts tun«, sagte ich. »Ich würde nur gern mit ihm sprechen … ein paar offene Fragen klären.«
    »Sind wir uns einig?«
    »Ja, wenn ich ihn für zehn Minuten sprechen kann.«
    Der Stumme stand auf, zückte ein Handy und ging weg. Er führte zwei kurze Gespräche, steckte sein Handy wieder ein, und wir fuhren los.
    Sie brachten mich in einem schwarzen Mercedes zu der Anwaltskanzlei in Chiado. Wir parkten und gingen die Stufen einer von trockenen, raschelnden Bäumen gesäumten calçada hinunter. Sie drückten die Klingel einer unbeschrifteten Tür, und wir wurden hereingelassen. Wir gingen in den ersten Stock, wo sie mich gründlich durchsuchten und anschließend durch eine Tür führten.
    Ich betrat einen schwach beleuchteten Vorraum und ging weiter durch einen kurzen Korridor, an dessen Ende ein lächelnder und makellos gekleideter Dr. Oliveira stand. Er wies so freundlich auf die Tür seines Büro, als wäre ich ein Mandant, der ihm noch ein fettes Honorar schuldete.
    Sein Büro war holzgetäfelt, an den Wänden hingen englische Drucke von Männern mit roten Röcken, die mit großem Jagdhorngetöse nutzlos durch die Landschaft galoppierten. Ich setzte mich auf einen schwarzen Lederstuhl, der mich zwang, ein wenig zu ihm aufzublicken, nachdem er auf der anderen Seite seiner mit grünem Leder bezogenen Schreibtischplatte Platz genommen hatte. Er lehnte sich zurück und wartete.
    »Wo ist Lourenço Gonçalves?«, fragte ich, nur um irgendwo anzufangen.
    »In Kalifornien«, sagte er. »Er wollte an einen Ort, an dem immer die Sonne scheint.«
    »Er hätte auch im Fundament eines Gebäudes am Expo-Gelände enden können, was vielleicht auch nicht völlig unangemessen gewesen wäre.«
    Dr. Oliveira atmete tief ein und schloss die Augen, als würde er an etwas Schönes denken, um das Hässliche zu vertreiben.
    »Wie ich höre, haben Sie noch einige Fragen«, sagte er.
    Ich rang mit der
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