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Titan 03

Titan 03

Titel: Titan 03
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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blickte aus dem Fenster zum Empire State Building hinüber. Er unterzog sich einem Wortassoziationstest.
    »Heim«, sagte Dr. Scott.
    »Übersommern«, sagte Hooten.
    »Sex.«
    »Eier.«
    »Mutter.«
    »Larve.«
    »Psychiater.«
    »Insekten«, sagte Hooten.
    Dr. Scott überlegte. »Larven«, sagte er.
    »Wolken von Herrlichkeit«, sagte Hooten. »Tanzen.«
    »Insekten«, sagte Dr. Scott.
    »Wach.«
    »Herrlichkeit.«
    »Hochzeitsflug«, sagte Hooten träumerisch.
    Dr. Scott machte eine Notiz.
    »Insekten«, sagte er.
    »Zwei Uhr früh Termin bei Doktor Rasp.«
    »Dieses Wort ›Mensch‹«, sagte Dr. Rasp, »erscheint in Ihrem Denken immer wieder. Was genau ist darunter zu verstehen?«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung«, antwortete Hooten, durch den Deckenschlitz das Quatt Wunkery betrachtend.
    »Woran erinnert es Sie?«
    »Ans Wachsein«, sagte Hooten.
    Dr. Rasp rieb sich den Kopf mit beiden Vorderbeinen. »Ich würde gern ein kleines Experiment mit Ihnen machen«, sagte er. »Seit nahezu zwölf Tagen kommen Sie zu mir, und wir haben diese Bewußtseinssperre in Ihnen noch immer nicht überwunden. Sie leisten mir Widerstand, wissen Sie.«
    »Ich kann schließlich nichts dafür, wenn ich träume, nicht wahr?« verteidigte sich Hooten.
    »Genau darum geht es. Versuchen Sie der Verantwortung auszuweichen?«
    »Keineswegs«, sagte Hooten mit Würde. »Nicht wenn ich wach bin. Aber ich bin jetzt nicht wach. Sie sind nicht wirklich. Ich bin ebensowenig wirklich – das gilt jedenfalls für diesen lächerlichen Körper, in dem ich stecke. Und was das Quatt Wunkery betrifft…«
    »Das Experiment, das ich mit Ihnen durchführen möchte«, sagte Dr. Rasp, »ist eine Quasi‐Übersommerung. Wissen Sie, was das ist?«
    »Selbstverständlich«, sagte Hooten ohne zu zögern. »Hypnose.«
    »Ich glaube nicht, daß mir das Wort bekannt ist«, meinte Dr. Rasp. »Was bedeutet es?«
    »Quasi‐Übersommerung. Mein bewußtes Selbst geht unter, und mein unbewußtes Selbst springt dafür ein.«
    Dr. Rasp unterdrückte jede Reaktion auf diese klare Erläuterung. »Sehr gut«, sagte er und streckte seine Fühler aus. »Wollen wir also anfangen? Entspannen Sie sich. Lassen Sie die Flügeldecken hängen. Öffnen Sie die Kieferzangen ein wenig. So ist es recht.« Er kreuzte die Fühler mit Hooten und blickte unverwandt in die Facettenaugen des Patienten. »Jetzt übersommern Sie. Sie sind in einem Bau. Es ist warm und wunderbar moderig. Sie haben die Beine angezogen und übersommern. Übersommern Sie?«
    »Ja«, antwortete Hootens schwacher telepathischer Impuls.
    »In Ihrem Bewußtsein ist eine Sperre. Etwas in Ihrem Denken bekämpft mich und beharrt darauf, daß Sie träumten. In kurzer Zeit werde ich Ihnen befehlen, aufzuwachen. Werden Sie mir gehorchen?«
    »Ja.«
    »Werden Sie dann wach sein?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Weil Sie ein Traum sind«, sagte der übersommernde Hooten träge.
    »Wer sagt das?«
    »Doktor Scott.«
    »Es gibt keinen Doktor Scott«, sagte Dr. Rasp mit großer Entschiedenheit. »Doktor Scott ist eine imaginäre Figur. Ihr unbewußtes Selbst hat diesen Doktor Scott erschaffen, um sich selbst zu schützen. Sie wollen Ihre wahren Schwierigkeiten nicht erfahren, und so haben Sie einen anderen Psychiater erschaffen, der sich mir entgegenstellt. Aber in Wirklichkeit existiert er nicht. Es gibt keine Geschöpfe wie diese Menschen. Ihre Welt ist imaginär. Doktor Scott ist bloß Ihr schlechtes Gewissen, um es einmal volkstümlich auszudrücken. Er ist nicht real. Verstehen Sie das?«
    Hootens Fühler zuckten. »J… ja«, sagte er widerwillig.
    »Ist Doktor Scott real?«
    »Gewiß«, antwortete Hooten. »Ich habe um zwei Uhr früh einen Termin bei ihm. Er will mir eine Narkosynthese geben.« Nach einer Pause fügte er zuvorkommend hinzu: »Das ist eine Form von Übersommerung.«
    Nach längerem Schweigen sagte Dr. Rasp: »Sie werden um zwei Uhr früh in meine Praxis zurückkommen. Sie werden Ihre Verabredung mit Doktor Scott nicht einhalten. Sie werden sich wieder der Quasi‐Übersommerung unterziehen. Haben Sie verstanden?«
    »Aber ich… ja.«
    »Wenn ich bis minus eins zähle, werden Sie aufwachen. Minus zehn, minus neun…«
    Bei minus eins wachte Hooten auf.
    Er blickte unbehaglich zu Dr. Rasp. »Was ist passiert?« fragte er.
    »Wir machen Fortschritte«, erwiderte der Psychiater. »Ich halte es für richtig, daß wir die Behandlung so bald wie möglich fortsetzen. Ich schlage vor, Sie kommen morgen
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