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Titan 03

Titan 03

Titel: Titan 03
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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ausdenken.«
    »Versuchen Sie sich zu erinnern«, drängte Dr. Scott.
    »Ich habe es versucht. Ihr Traumleute sagt mir ständig, ich solle es versuchen. Aber es hat keinen Zweck. Ich muß eine Sperre im Bewußtsein haben«, schloß er triumphierend.
    »Dann müssen wir versuchen, den Charakter dieser Bewußtseinssperre in Erfahrung zu bringen. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Mr. Hooten, würde ich gern einen kleinen Test durchführen. Ich werde Ihnen ein Bild zeigen, und Sie werden mir eine Geschichte dazu erzählen.«
    »Sie meinen, ich soll eine Geschichte erfinden?«
    »Genau«, sagte Dr. Scott und reichte Hooten ein großes Kartonblatt, worauf ziemlich unkünstlerisch zwei nicht genau zu definierende, halb formlose Gestalten abgebildet waren.
    »Wie seltsam«, sagte Hooten. »Ihr Knochengerüst ist in Ihrem Innern.«
    »Fällt Ihnen sonst noch etwas auf?«
    »Es sind zwei Psychiater«, murmelte Hooten. »Das kann jeder sehen. Der eine ist wach, und der andere schläft. Einer ist wirklich, der andere ist es nicht. Sie behandeln mich beide. Der eine heißt Scott, und der andere… der andere…«
    »Sprechen Sie weiter«, sagte Scott.
    »… heißt…«
    »Wie heißt er?«
    »Rasp«, sagte Hooten mit leiser, ungewisser Stimme. »Dr. Rasp. Ich habe morgen früh um zwei Uhr einen Termin bei ihm, wenn ich wach bin.«
    »Haben Sie jetzt das Gefühl zu träumen?« fragte Dr. Rasp in seiner sanften, telepathischen Weise.
    Timothy Hooten blickte an den Facettenaugen des Psychiaters vorbei. Er schwang seinen ovalen Körper herum, um durch den Decken‐schlitz den entfernten, vielflächigen Umriß des Quatt Wunkery zu beobachten. Dann schwenkte er die Fühler zurück und bewegte die Kieferzangen.
    »Es ist wie ein Traum, nicht wahr?« sagte er ausweichend, aber nat・licsh nicht hörbar. »Die Vorstellung, ein Wunkery zu errichten, nur um Quatts zu fälteln. Natürlich sind sie gar nicht erst gekommen. Solche Sachen passieren nur in einem Traum. Nein, Sie können mich nicht überzeugen. Dies muß ein Traum sein. Allein die Vorstellung, auf allen Sechsen herumzulaufen.«
    Dr. Rasp kratzte eine Notiz auf seine linke Flügeldecke. »Wie sollte man Ihrer Meinung nach gehen?« fragte er.
    »Das ist eine gute Frage«, sagte Hooten. »Ich tue es die ganze Zeit, wenn ich wach bin, aber dies ist einer von jenen wiederkehrenden Träumen, in denen ich an Amnesie zu leiden scheine. Immer wieder habe ich versucht, mich zu erinnern, wie es ist, aber es hat keinen Zweck. Es ist wie der Versuch, Quatts in einem Wunkery zu fälteln. Ach nein, wie idiotisch!«
    »Sagen Sie mir, Mr. Hooten, was ist Ihr Problem?«
    »Nun, zum Beispiel dieser absurde Körper, in dem ich stecke. Mein Knochengerüst ist – außen.« Hootens Facettenaugen glitzerten bestürzt. »Habe ich das gerade gesagt? Vor einer Minute, meine ich? Es erinnert mich an etwas.«
    »Nicht daß ich wüßte«, sagte Dr. Rasp. »Woran erinnert es Sie?«
    Hooten kratzte sich mit einem Hinterbein irritiert den Bauch. Es machte ein raschelndes, kratzendes Geräusch.
    »Ich habe es vergessen«, sagte er.
    »Ich würde gern einen kleinen Test durchführen«, meinte Dr. Rasp.
    »Ich werde einen Gedanken projizieren, und Sie werden mir sagen, welche Assoziationen er in Ihrem Denken auslöst. Sind Sie bereit?«
    »Ich denke schon, ja«, sagte Hooten.
    Dr. Rasp projizierte einen geringelten, unklaren Gedanken. Hooten studierte ihn.
    »Das ist mein bewußtes Selbst«, erklärte er nach kurzer Zeit. »Es könnte ein Zorniger Ringler sein – von der Art, die zu unseren Antipoden gehört –, aber es erinnert mich an mein bewußtes Selbst, weil der Psychiater in der Mitte davon herumschwimmt.«
    »Psychiater?« fragte Dr. Rasp verwundert.
    »Er behandelt mein bewußtes Selbst, glaube ich«, erklärte Hooten ungewiß. »Er lebt in meinem Bewußtsein in der Welt des Wachens. Sie und ich, Dr. Rasp, bewohnen mein Unbewußtes, das Hier und Jetzt. Dieser andere Arzt – er behandelt uns beide.«
    »Dieser andere Arzt existiert nicht«, erwiderte Dr. Rasp säuerlich. Dann fing er sich und fuhr in geschäftsmäßigem Ton fort: »Erzählen Sie mir von ihm, Mr. Hooten. Wie sieht dieser Psychiater aus?«
    »Tartuffe«, sagte Hooten zur Überraschung des anderen, der den Namen noch nie gehört hatte. »Nein, Tartan. Nein… äh… Scott. Das ist es. Ein Psychiater namens Dr. Scott, der in meinem bewußten Denken lebt. Ich habe morgen früh um zwei einen Termin bei ihm, wenn ich wach bin.«
    Timothy Hooten
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