Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Titan 03

Titan 03

Titel: Titan 03
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
Vom Netzwerk:
Eine abenteuerliche Vermutung
    (A WILD SURMISE)
     
HENRY KUTTNER / C. L. MOORE
     
     
    »Haben Sie jetzt das Gefühl zu träumen, Mr. Hooten?« fragte Dr. Scott freundlich.
    Timothy Hooten wich dem Blick des Psychiaters aus. Er befingerte das glatte Leder der Armlehnen, fand das Gefühl unbefriedigend und wandte den Kopf, um aus dem Fenster zum mächtigen Turm des Empire State Building hinüberzublicken.
    »Es ist wie ein Traum, nicht wahr?« sagte er ausweichend.
    »Was ist wie ein Traum?«
    »Das.« Hooten nickte zu dem hohen Mast auf der Spitze des Wolkenkratzers hinaus. »Stellen Sie sich vor, man würde an diesem Mast ein Luftschiff festmachen. So etwas ist nie geschehen, nicht wahr? Aber es gehört zu den Dingen, die in einem Traum passieren können. Sie selbst haben sicher Ähnliches erlebt. Oder große Pläne, und dann geraten sie irgendwie in Vergessenheit und man fängt etwas anderes an. Ach, ich weiß nicht. Die Dinge werden unwirklich.«
    Solipsismus, dachte Dr. Scott, aber er hielt mit seinem Urteil zurück.
    »Was für Dinge?« murmelte er.
    »Sie, zum Beispiel«, sagte Hooten. »Sie haben die falsche Form.«
    »Könnten Sie das genauer erklären, Mr. Hooten?«
    »Nun, ich weiß nicht«, sagte Hooten und betrachtete mit Erstaunen und einer gewissen Bestürzung seine eigenen Hände. »Ich habe auch eine falsche Form, wissen Sie.«
    »Können Sie mir sagen, welches die richtige Form ist?«
    Hooten schloß die Augen und dachte angestrengt nach. Ein Ausdruck von Verblüffung ging über sein Gesicht. Seine Miene verfinsterte sich. Dr. Scott, der ihn aufmerksam beobachtete, nahm den Schreibblock und notierte etwas.
    »Nein«, sagte Hooten endlich, öffnete die Augen und schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht die geringste Vorstellung.«
    »Wollen Sie es mir nicht sagen?«
    »Ich… äh… ich weiß nicht. Ich weiß es wirklich nicht.«
    »Warum sind Sie zu mir gekommen, Mr. Hooten?«
    »Mein Hausarzt empfahl es mir. Auch meine Frau sagte, ich solle es tun.«
    »Haben Sie den Eindruck, daß Ihr Hausarzt und Ihre Frau recht hatten?«
    »Ich persönlich«, sagte Hooten mit einem Ausdruck stiller Selbstzufriedenheit, »glaube nicht, daß von Wichtigkeit ist, was ich in einem Traum tue. Die Vorstellung, auf zwei Beinen zu gehen!« Er hielt verdutzt inne. »Das hätte ich vielleicht nicht sagen sollen«, fügte er hinzu.
    Dr. Scott lächelte.
    »Erzählen Sie mir doch ein wenig mehr über den Traum.«
    »Sie meinen, über dies hier? Es ist einfach, daß nichts stimmt. Das Sprechen zum Beispiel. Dieses Wackeln mit der Zunge.« Hooten befühlte forschend seinen Unterkiefer, und Dr. Scott machte eine weitere Notiz. »Ich träume, das ist alles.«
    »Sind Sie jemals wach?«
    »Nur wenn ich schlafe«, sagte Hooten. »Wie sonderbar das klingt, nicht wahr? Ich frage mich, was ich damit meine.«
    »Das hier ist also die Traumwelt?« fragte Dr. Scott.
    »Selbstverständlich.«
    »Können Sie mir sagen, welches Ihr Problem ist, Mr. Hooten?«
    »Ich habe keine Probleme«, sagte Hooten erstaunt. »Wenn ich welche hätte, wären es auch nur geträumte Probleme, nicht wahr?«
    »Haben Sie Schwierigkeiten, wenn Sie wach sind?«
    »Ich bin sicher, daß es welche geben muß«, erwiderte der Patient. Er schaute nachdenklich drein. »Es scheint mir, ich habe auch in der wirklichen Welt einen Psychiater. Das ist die Welt, wo mein bewußtes Selbst ist. Dies hier ist natürlich mein unbewußtes Selbst.«
    »Könnten Sir mir mehr darüber sagen?«
    Hooten schloß wieder die Augen.
    »Ich werde es versuchen«, sagte er. »Sehen Sie, wenn ich schlafe und träume, ist das bewußte Selbst in einem unbewußten Zustand. Das ist hier und jetzt der Fall. Nun, in der realen, wachen Welt – der anderen Welt – versucht mein Psychiater in die unbewußten Schichten meines Selbst vorzudringen. In die Schichten, welche Ihnen als mein waches, gegenwärtiges Selbst erscheinen.«
    »Äußerst interessant«, sagte Dr. Scott. »Könnten Sie diesen anderen Psychiater beschreiben? Was für ein Mensch ist er?«
    »Mensch?« sagte Hooten und schlug die Augen wieder auf. Er zögerte, schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, nicht genau. Ich kann mich nicht erinnern, wie die Dinge in der wirklichen Welt sind. Anders, das ist sicher. Völlig anders.« Er spreizte die rechte Hand und betrachtete sie gedankenvoll. Dann drehte er sie um und betrachtete die Linien der Handfläche. »Du meine Güte«, murmelte er. »Was werden sie sich als nächstes
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher