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Teufelspfad

Teufelspfad

Titel: Teufelspfad
Autoren: J. T. Ellison
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nach.
    Zuerst einmal würde sie nach North Carolina fahren, um Fitz abzuholen.

6. November

2. KAPITEL
    Die Outer Banks, North Carolina
    Hätte man die Flugbegleiterin der Gulfstream befragt, wäre sie sehr zurückhaltend und schweigsam gewesen, wie es ihrem Job gebührte. Sie arbeitete für den stellvertretenden Direktor des Federal Bureau of Investigation. Was bedeutete, dass sie sehr viel sah, was Normalsterblichen verborgen blieb. Sie sah ihren Chef in Gesprächen mit anderen verschwiegenen und mächtigen Männern. Sie sah Menschen mitfliegen, die sich auf normalen Reiserouten genauen Überprüfungen hätten unterziehen müssen. Sie sah frisch verwitwete Frauen und plötzlich kinderlose Mütter. Sie sah sehr viel, doch sie sprach niemals darüber.
    Die Frau mit den grauen Augen, die in der Mitte der Kabine auf dem ausladenden Ledersessel saß, ein unberührtes Glas mit Voss-Wasser neben ihrem Ellbogen, war jedoch eine kleine Überraschung. Die Flugbegleiterin, die Cici hieß, hatte sich anfänglich von dem freundlichen Lächeln einfangen lassen, von den faszinierenden, ungleichfarbigen Augen, das rechte ein wenig dunkler als das linke, als wenn es sich noch nicht ganz dazu hatte entschließen können, sich dem Grau aus vollem Herzen hinzugeben. Ihr gefielen der rauchige Südstaatenakzent, mit dem die Frau Guten Morgen gesagt hatte, die blonden Haare, die am Hinterkopf zu einem perfekt achtlosen Knoten zusammengefasst waren. Cici berührte ihre eigenen schlaffen Locken und wünschte sich zum millionsten Mal mehr Fülle, mehr Volumen, damit sie ihre Haare einfach hochbinden könnte und sich für den Rest des Tages keine Gedanken mehr um sie machen müsste.
    Sie war neidisch auf die Größe der Frau, die ohne Absätze gut einen Meter achtzig war, sowie auf ihren gesamten Look: ein schmeichelnder schwarzer Kaschmirrolli, eine schwarze Lederjacke, tief sitzende Jeans und schwarze Motorradstiefel von Frye. Leicht überrascht hatte sie das Holster und die Marke am Bund ihrer Jeans gesehen. Diese Frau sah gar nicht aus wie ein Cop. Doch sie war einer – das wusste Cici aus der Passagierliste. Ein Lieutenant von der Mordkommission in Nashville, Tennessee.
    Sie saß ungewöhnlich ruhig auf ihrem Sitz – kein Hin- und Herrutschen, keine übereinandergeschlagenen Beine, kein Trommeln mit den Fingern. Ihr Hände waren locker im Schoß gefaltet, ihr Kopf ein wenig zur Seite gedreht, damit sie aus dem Fenster schauen konnte. Diese Bewegungslosigkeit verursachte in Cici ein unbehagliches Gefühl, und sie schlich beinahe auf Zehenspitzen durch die Kabine, um sie nicht zu stören.
    Cici wusste außerdem, dass diese Frau zu einem ihrer Lieblingsmänner auf der ganzen Welt gehörte: Dr. John Baldwin. Baldwin war der Liebling ihres Chefs, was sie nur zu gut verstand. Abgesehen von seinem guten Aussehen – oh, für diese grünen Augen könnte man sterben! – war Baldwin einfühlsam und verständnisvoll. Er war der Kleber, der ihren Boss zusammenhielt, der Sohn, den er nie gehabt hatte. Das wusste sie, weil Garrett Woods es ihr einmal erzählt hatte, nachdem er etwas Stärkeres als Wasser getrunken hatte.
    Baldwin hatte Männer und Frauen in die Schlacht geführt, gegen das Böse gekämpft, das auf ihren Schreibtischen landete, die Flutwellen aus Blut zurückgedrängt, die die Bösartigkeit ihrer Gegner vor sich hertrieben. Er war so höflich, dass sie sich manchmal fragte, ob es nur gespielt war. Wer konnte schon immer so sein? So gefasst. So wie diese Frau. Sie fragte sich oft, was Dr. John Baldwin antrieb. Cici war keine Profilerin, aber sie hatte Psychologie studiert. Seine ruhige Miene war eine Fassade, dessen war sie sich sicher. In seinen Eingeweiden wanden und krümmten sich Dämonen. Schuld und Scham und Hass. Das war doch bei jedem so, oder? Oder?
    Die gleiche Art Kampf fühlte sie hinter den grauen Augen des Lieutenants. Schuld und Scham und Hass. Und wenn Cici sich nicht irrte – sie war schließlich keine Expertin und wäre die Erste, die dies zugeben würde –, ja, wenn Cici sich nicht irrte, lauerte in diesen grauen Tiefen noch etwas anderes.
    Angst.
    Taylor spürte, wie die Landeklappen und Räder ausgefahren wurden und einrasteten. Unter ihr tauchte grau und kühl der Asphaltstreifen auf. Der Jet landete sanft und kam innerhalb weniger Minuten zum Stehen. Baldwin hatte organisiert, dass sie in Nashville mit dem Flugzeug seines Chefs abgeholt und hierher nach North Carolina geflogen wurde. Sie musste zugeben,
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