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Olafur Davidsson 02 - Herbstwald

Olafur Davidsson 02 - Herbstwald

Titel: Olafur Davidsson 02 - Herbstwald
Autoren: Alexander Guzewicz
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    G rignan wurde von der goldenen Nachmittagssonne angestrahlt. Das festungsähnliche Renaissanceschloss thronte über den alten verwinkelten Gassen des typisch provenzalischen Dorfes, auf das Ólafur Davídsson gedankenversunken sah. Er konnte die Stiftskirche Saint-Sauveu erkennen, die unter der Schlossterrasse lag und die er am Vormittag besichtigt hatte. Er roch das Lavendelfeld, das den Hügel, auf dem Dorf und Schloss im 15 . Jahrhundert erbaut worden waren, wie ein lila Teppich umschloss.
    Die Musik, die er über die Kopfhörer in einem nahezu perfekten Rundumklang in sich aufsog, passte. Dave Brubeck spielte Take Five zum achten oder neunten Mal und es klang jedes Mal wieder, als sei es für diese Kulisse geschrieben worden. Davídsson hatte das Lied zufällig beim Frühstück in seinem Hotel gehört und es anschließend direkt auf seinen MP3-Player geladen.
    Die frische, angenehm kühle Luft verwöhnte ihn zusätzlich, und zum ersten Mal seit langer Zeit hatte er das Gefühl, richtig abschalten zu können. Der letzte Fall hatte ihn mehr mitgenommen, als er zunächst geglaubt hatte, und so hatte er sich mit seinem Urlaub Zeit gelassen. Die Fahrt nach Nizza war das Ziel, nicht der Urlaub dort.
    Er wollte sich seinen Traum von einem Urlaub in der Provence und an der Côte d’ Azur verwirklichen, und jetzt endlich hatte er die Gelegenheit dazu.
    Beinahe drei Wochen Entspannung lagen noch vor ihm.
    Ursprünglich hat ihn Marian Zajícek begleiten wollen, aber er war kurzfristig nach Prag beordert worden und Davídsson hatte sich entschlossen, trotzdem zu fahren.
    Der Zufall hatte ihn dann an diesen romantischen Ort verschlagen. Genau genommen war es seine braune Citroën DS gewesen, für die er einen neuen, schöneren Farbton gesucht hatte, den er schließlich in einer Werkstatt ganz in der Nähe gefunden hatte. Die Lackiererei hatte tatsächlich noch ausreichend Lack des Farbtons AC200 für seine Göttin, die zukünftig in edlem schwarzem Gewand daherfahren sollte.
    Er hatte eine ganze Woche herumtelefoniert und sich von Internetforen und Sammlern über Liebhaber zu Oldtimer-Werkstätten gehangelt, bis er schließlich auf die Lackiererei in Montélimar gestoßen war. Die Lackierung kostete ein kleines Vermögen, aber dafür hatte er den Wagen günstig erstanden und das Geld, das er für seinen Saab 9-3 nach dem Unfall bekommen hatte, war mit dem Kauf noch nicht aufgebraucht gewesen.
    Die Autovermietung in Montélimar hatte ihm einen silbernen Chrysler 300C Touring vermittelt, gegen dessen wuchtigen Kühlergrill er sich jetzt mit geschlossenen Augen lehnte, um den intensiven Geruch des Lavendels zu genießen.
    Seine Hände rochen danach, seine schwarze Hose und vermutlich sogar die Lederschuhe, die durch die trockene Erde leicht staubig geworden waren, als er durch die Lavendelfurchen spaziert war.
    Er war erstaunt über die unterschiedlichen Farben der Blüten, die er auf den Feldern gesehen hatte. Einige Sorten waren sehr intensiv, andere rochen stärker, als ihre blassen Farbtöne erwarten ließen.
    Davídsson dachte an die unzähligen Postkartenmotive, die diese Gegend bot. Er war kein Freund der Fotografie, und doch wünschte er sich jetzt, einen Fotoapparat bei sich zu haben.
    Seine Schwester Lovísa war da ganz anders als er. Sie brachte von jedem ihrer Ausflüge unzählige Bilder mit nach Hause. Zuerst waren es Papierabzüge gewesen, dann nur noch digitale Bilder, die noch zahlreicher wurden, weil es keinen Film mehr gab, mit dem sie sparsam umgehen musste.
    Eine wahre Inflation an Fotografien.
    Ólafur Davídsson hörte sein Handy, bevor er ein weiteres Mal im 5/4-Takt zu den Rhythmen des Dave Brubeck Quartetts auf die warme Motorhaube trommeln konnte.
    Er ging um das Auto herum und nahm das Telefon aus dem linken Seitenfach.
    »Ja?«
    »Hans-Jürgen Wittkampf. Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie in Ihrem Urlaub störe …« Davídsson wusste, dass es seinem Vorgesetzten ernst mit dieser Aussage war. Es gab bei ihm eine klare Regel: Im Urlaub wird niemand gestört, es sei denn, es ist ein absoluter Notfall, bei dem kein im Dienst befindlicher Kollege aushelfen kann. Bisher war das aber noch nie vorgekommen.
    »Wir haben einen Fall, bei dem ich Sie leider brauche.« Wittkampf stand an der Fensterfront in seinem Büro. Davídsson konnte das Klappern der Jalousien im Wind hören und den Straßenlärm.
    »Um was geht es?«
    »Ein Mord in Augsburg. Es ist eine Journalistin.«
    Davídsson schwieg. Bis jetzt
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