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Cypherpunks

Cypherpunks

Titel: Cypherpunks
Autoren: Jérémie Andy; Zimmermann Jacob; Müller-Maguhn Julian; Appelbaum Assange
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Einleitung
    AUFRUF ZUM KRYPTOKAMPF
    Dieses Buch ist kein Manifest. Dafür bleibt keine Zeit. Es ist eine Warnung.
    Die Welt steuert nicht gemächlich, sondern mit Siebenmeilenstiefeln auf eine neue, transnationale Dystopie zu. Diese Entwicklung wird jenseits nationaler Sicherheitskreise gar nicht richtig wahrgenommen. Sie ist durch Geheimhaltung, Komplexität und ihre schiere Dimension im Verborgenen geblieben.
    Das Internet, unser großartigstes Emanzipationsmittel, hat sich in den gefährlichsten Wegbereiter des Totalitarismus verwandelt, mit dem wir es je zu tun hatten. Das Internet ist eine Bedrohung der menschlichen Zivilisation.
    Diese Verwandlung hat sich still und leise vollzogen, weil diejenigen, die darüber Bescheid wissen, in der globalen Überwachungsindustrie arbeiten und keinen Anreiz haben, den Mund aufzutun. Die globale Zivilisation wird, ihrem eigenen Kurs überlassen, binnen weniger Jahre in einen postmodernen Überwachungsalptraum schlittern, aus dem es für niemanden außer den Gewieftesten ein Entrinnen geben wir. Vielleicht sind wir sogar schon dort angekommen.
    Viele Autoren, die sich Gedanken gemacht haben, was das Internet für die globale Zivilisation bedeutet, irren sich. Sie liegen falsch, weil es ihnen am Blick für das Wesentliche, der sich ausder unmittelbaren Erfahrung speist, mangelt. Sie sind auf dem Holzweg, weil sie dem Feind nie begegnet sind.
    Keine Beschreibung der Welt übersteht den ersten Kontakt mit dem Feind. Wir haben ihm ins Auge geblickt.
    In den letzten sechs Jahren ist WikiLeaks mit nahezu jedem mächtigen Staat in Konflikt geraten. Wir kennen den neuen Überwachungsstaat aus der Innenperspektive, weil wir seinen Geheimnissen nachgespürt haben. Wir kennen ihn aus der Perspektive des Kampfes vor Ort, weil wir unsere Mitarbeiter, unsere Finanzen und unsere Quellen vor ihm schützen mussten. Wir kennen ihn aus globaler Sicht, weil wir Leute, Anlagen und Informationen in fast jedem Land haben und von überallher Nachrichten erhalten. Wir kennen ihn aus langer Erfahrung, weil wir seit Jahren gegen den Moloch ankämpfen und mit angesehen haben, wie er sich wieder und wieder vermehrt und weiter ausgebreitet hat. Er ist ein invasiver Parasit, der sich an Gesellschaften mästet, die mit dem Internet verschmelzen. Er wälzt sich über den Planeten und infiziert sämtliche Staaten und Völker, die ihm unterkommen.
    Was können wir dagegen unternehmen?
    Einst, an einem Ort weder hier noch dort, diskutierten wir, die Erbauer und Bürger des jungen Internets, die Zukunft unserer neuen Welt.
    Uns war klar, dass die Beziehungen zwischen allen Menschen durch dieses neue Medium, unsere neue Welt, vermittelt werden würden. Auch das Wesen der Staaten, die dadurch definiert werden, wie Menschen in ihnen Informationen und Wirtschaftsgüter tauschen und Machtbeziehungen ausprägen, würde sich verändern.
    Die Verschmelzung bestehender staatlicher Strukturen mit dem Internet, so war uns bewusst, würde letztlich das Wesen des Staates selbst verändern.
    Wir sollten uns zuerst in Erinnerung rufen, dass Staaten Systeme sind, die durch Zwang geregelt werden. Gruppierungen innerhalb eines Staates mögen um Unterstützung buhlen, an der Oberfläche mögen demokratische Verhältnisse herrschen, aber das Fundament des Staates ist die systematische Anwendung – und Vermeidung – von Gewalt. Grundbesitz, Eigentum, Pacht, Dividenden, Steuern, gerichtlich verhängte Geldstrafen, Zensur, Urheberrechte, Markenzeichen, all dies wird aufrechterhalten und durchgesetzt mittels der Androhung staatlicher Gewalt.
    Meist sind wir uns gar nicht einmal bewusst, wie nahe wir der Gewalt sind, denn wir machen alle Konzessionen, um ihr aus dem Weg zu gehen. Wie Seeleute, denen die Meeresluft um die Nase weht, denken wir selten an die dunklen Tiefen, die unsere Welt tragen.
    Was wäre im neuen Raum des Internets der Mediator der Gewalt, sofern diese Frage überhaupt einen Sinn ergibt? Kann es in diesem jenseitigen Raum, diesem scheinbar platonischen Reich der Ideen und des Informationsflusses, überhaupt einen Begriff von Gewaltanwendung geben? Gibt es hier eine Macht, die historische Daten modifiziert, Telefone anzapft, Keile zwischen Menschen treibt, Komplexität in Trümmer legt und wie eine Besatzungsarmee Sperrzäune errichtet?
    Das platonische Wesen des Internets mit seinen zirkulierenden Ideen und Informationen wird durch seine physischen Ursprünge besudelt. Seine Fundamente sind über Ozeanböden verlegte
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