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Teufelspfad

Teufelspfad

Titel: Teufelspfad
Autoren: J. T. Ellison
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und Sam aus den Klauen eines Verrückten befreit.
    Er klärte den Fehler nicht auf. Und als der Autopsiebericht von Ewan Copeland neben den vier Kugeln noch multiple Knochenbrüche und Prellungen sowie eine kollabierte Lunge auflistete, erzählte er ihnen, Copeland hätte sich stark gewehrt. Marcus bestätigte seine Version der Geschichte.
    Taylor musste jetzt mehr als je zuvor beschützt werden. Er hatte nicht vor, irgendjemanden wissen zu lassen, dass sie Copeland die Verletzungen zugefügt hatte. Er hatte ihn erschossen und getötet, ja, aber bevor Copeland geschossen hatte, hatte Taylor ihm die Scheiße aus dem Leib geprügelt.
    Das war sein Mädchen.
    Der Berg an Informationen über Copeland wuchs mit jedem Tag. Sie fanden seine Wohnung, ein Stadthaus im Osten Nashvilles, das er gemietet hatte. In ihm befand sich nichts außer einem Laptop, einem Stuhl und einer angeschlagenen Teekanne mit passender Tasse. Warum er seinen Laptop zurückgelassen hatte, darüber konnten sie nur spekulieren. Baldwin nahm an, dass er ihnen damit zeigen wollte, wie gut er wirklich gewesen ist. Copeland wusste, dass er sterben würde, und hatte diesen Ausweg vermutlich mit offenen Armen in Kauf genommen.
    Auf dem Computer gab es nur ein einziges Word-Dokument. Eine Art Tagebuch mit täglichen Einträgen. Copeland hatte mit sich selbst diskutiert, Entscheidungen besprochen. Charlaine Shultz hatte recht, was seine körperdysmorphe Störung anging – der Arzt hatte ihre Theorie bestätigt. Copeland war sehr sorgfältig gewesen, was seine Einträge anging. Er hatte die letzten fünf Jahre beinahe vollständig auf dem Computer dokumentiert: seine Morde, seine Operationen, seine Pläne. Seine wachsende Enttäuschung, seine Wut.
    Baldwin nahm an, dass Copeland vorher handgeschriebene Tagebücher geführt hatte. Doch die waren noch nicht gefunden worden.
    Copeland beschrieb in allen Einzelheiten seine Verärgerung über die hübsche Polizistin, die ihn vor vier Jahren abgewiesen hatte – direkt, nachdem er Tommy Keck getötet hatte. Jede Bewegung, jedes Detail war aufgezeichnet. Es würde Jahre dauern, das alles zu entwirren, aber es gab inzwischen schon zehn Mordfälle, die sie hatten aufklären können, weil Copeland detaillierte Karten von den Verstecken der Leichen gezeichnet hatte.
    Eine neue ViCAP-Suche brachte siebzehn höchst gewalttätige Vergewaltigungen miteinander in Verbindung, die alle eine Sache gemeinsam hatten: Schnitte auf dem Bauch. Copeland hatte seine eigenen Narben entfernen lassen und erschuf sie doch auf den Seelen anderer Menschen immer wieder neu.
    Sam war eine der Empfängerinnen solcher Narben. Baldwin hatte sie vor zwei Tagen getroffen. Sie war langsam wieder die Alte, frech und geradeheraus, aber sie umgab auch eine beinahe greifbare Trauer, die er noch nie zuvor an ihr gesehen hatte. Ihr Kind zu verlieren war für sie die Hölle gewesen, aber wenn sie jetzt auch noch ihre beste Freundin verlöre, würde sie zusammenbrechen. Simon hatte sie auf einen kleinen Urlaub entführt – nur sie beide und die Zwillinge. Das hatte geholfen, um ihr Äußeres zu reparieren. Doch innerlich würde sie nie wieder die Gleiche sein, dafür hatte Copeland gesorgt.
    Er ging den Flur hinunter zu Taylors Zimmer. In der Hand hielt er die Zeitung, in seinem Rucksack steckte sein neues iPad. Er hatte sich für diese Woche drei Bücher ausgesucht, die er lesen wollte. Er las sie Taylor laut vor. Es waren alles Klassiker. Heute war Emma dran, eines ihrer Lieblingsbücher. Er dachte kurz an Emma Brighton, ein armes, verängstigtes Mädchen, ein Opfer. Die arme Frau. Und er dachte an Flynn, der jetzt eine Waise war.
    Genau wie er.
    Er öffnete die Tür.
    Irgendetwas war anders.
    Er sah grau. Zwei graue Blitze. Guter Gott, sie hatte die Augen geöffnet.
    Er ließ Kaffee und Zeitung fallen und ignorierte den Schmerz, den die heiße Flüssigkeit auf seinem Oberschenkel verursachte. Er eilte zu ihr ans Bett.
    „Babe? Taylor? Kannst du mich hören?“
    Die Augen wandten sich ihm zu, und er schwor, dass sie ihn erkannte. Ohne den Blick abzuwenden, drückte er den Rufknopf für die Schwester. Ihre Stimme erklang ungeduldig durch die Gegensprechanlage. „Was?“
    „Holen Sie Dr. Benedict. Sie ist wach.“
    „Was?“ Alle Ungeduld war verschwunden. „Wirklich?“
    „Ja, ja. Nun holen Sie schon den Arzt.“ Er leckte sich über die Lippen.
    Taylor kniff die Augen ein wenig zusammen; ihr Mund bewegte sich auf der linken Seite.
    „Oh Gott,
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