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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)
Autoren: Patrick Roth
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›send ich dir nach, wenn du nichts mehr zu fürchten hast. Färb ich ihn aber, halte dich Nazaret fern.‹
    Und weil sie wissen wollte, wohin sie ihm Nachricht zu senden hätte, vertraut er’s ihr an.
    Auf die andere Seite des Jordan werde er fliehen, durch die Schlucht des Baches Kerit hinauf zum Dorf seiner Mutter.
    Würde aber in den nächsten Tagen nach ihm gesucht und gefragt, solle sie sagen, Joseph sei noch nicht aus Sepphoris zurückgekehrt und mit Arbeiten dort sicherlich aufgehalten.
    Und während sie flüsterten miteinander – und stets bei sich dachten: Es ist das letztes Mal auf wie lang, daß ich sie höre, die liebe Stimme –, da band das Geheimnis, das er ins Ohr ihr geflüstert, beide enger zusammen.
    Und sie wehrte’s nicht, sagte keineswegs: ›Wie hast du mir aber getan und welches Unglück über uns gebracht?‹ Oder: ›Der du galtst als Gerechter und Frommer, welcher böse Geist hat dich jetzt ergriffen, solchen Wahnsinn zu tun?‹ Oder: ›Sprachst du nicht den Tod über uns, als du schuldig befreitest den Schuldigen – denn warum wurde der bestraft? –, und reißt du nun nicht den Abgrund mir auf mit der Flucht?‹
    Nicht so sprach sie, die sein Flüstern hörte. Sondern bereit, das Geheimnis von ihm zu empfangen als ihres, das beide sich teilten von ihm. Und sie hütete, was er gesprochen, ihr aufgetragen, der Liebste, es vor keinem je zu verraten.
    Da, in Schmerz und Vertrauen, umarmten sich beide zum Abschied.
    Maria aber sandte ihn fort, denn sie war in Angst, sie würden zusammen gesehen.
    Und als er gegangen, verblieb sie noch in der Hütte der Witwe. Da sie aber das Bellen der Hunde hörte der Nachbarn, sprang sie auf in den Eingang, nachzusehen dem Mann.
    Und erkannte Joseph nicht mehr im Dunkeln.
    Kapitel 11. Maria und der Ältere
    Joseph verließ Nazaret gen Osten, zum Jordan zu gelangen.
    Nach kurzer Zeit Wegs aber, argwöhnte er wegen der Richtung, die er genommen. Und er dachte bei sich: Es könnte mich, als ich hinausschlich, doch einer gesehen haben. Denn Joseph erinnerte das Bellen der Hunde, daß es verlief, als sei einer aufgestanden, der nachsah.
    Und immer noch ging Joseph in gleicher Richtung. Und dachte: Könnte nicht, späterhin, Maria gezwungen werden, andern zu sagen, wohin ich Flucht nahm? Denn man könnte sie zwingen, zumal wenn uns einer beim Abschied gesehen.
    Da hielt er an und überdachte’s und kämpfte gegen Verzweiflung, die immer wieder erschöpfend einstach auf ihn.
    Und als er’s entschieden, mied er die Richtung gen Jordan, ging linker Hand vom Weg und suchte nordwärts weiter den Pfad, so weit als möglich zu kommen im Schutze der Nacht.
    Da fiel – noch war es Nacht – Verzweiflung über ihn her, weil er Maria die tägliche Sorge um den Flüchtling geboten, damit aber täglich Entdeckungsgefahr und grausam drohende Strafe verhängt hatte über die Frau.
    Und es stachen ein auf ihn Bilder, wie sie hinginge des Tags zum Versteck, scheinbar unbemerkt, aber verfolgt.
    Und verfolgt, weil sie in der Aufregung einen Älteren aus dem Dorfe, an dem sie vorüberging, nicht grüßte.
    Und nicht grüßte, weil sie, den Krug in der Hand, das Brot aber am Körper verborgen, in Sorge an ihm vorüberging ohne Gruß.
    Der Ältere aber dächte: Was treibt die? Was las ich in ihrem Gesicht? Und warum nimmt sie hinauf ihren Weg, die doch sonst unten zu tun hat?
    Und im Abstand ginge ihr der Ältere nach und sähe sie, im Abstand noch, stehenbleiben auf einem Stück Land, das niemand mehr nutzt.
    Sähe sie hinknien beim morschen Baum am Fuße der Hügel, nicht ausbreiten aber das Tuch dort im welken Gras, daß es widerglänzte, als sei dort Wasser, darüber der Wind zieht, hell es hie und da kräuselnd – denn nicht trüge Maria bei sich das Tuch –, sondern der Ältere sähe sie hinknien beim morschen Baum am Fuße der Hügel und dann in den Boden eingehen.
    Hinabhin verschwinden. Als werde die Frau von der Erde verschluckt.
    Und dann?
    Wie sähe der Ältere da nicht nach, was Maria dort treibt?
    Und wie wäre sie dann nicht ausgeliefert?
    Zwiefach sogleich: Ausgeliefert dem Älteren und ausgeliefert Josephs Verfolgern, die in den Dörfern nachfragen würden. Denn der Ältere würde sie ihnen ausliefern samt dem Ägypter.
    Und doch könnte, noch in dieser Nacht, Joseph all das verhindern. Ihnen entgegenrennen, gestehen – und damit ablenken von ihr, von Maria. Denn wie hätte sie solche Verfolgung, solche Bedrängnis durch Angst und drohende Folter
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