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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)
Autoren: Patrick Roth
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Garten entkam.
    War er zurück auf die Mauer geklettert, den Sklaven nachzuziehen am Seil? Oder gar durch ein Tor, eine versteckte Tür getreten?
    War ihm die ägyptische Magd vorausgegangen, hatte Richtung gewiesen?
    Er weiß nur, hier ist nicht Weitergehen, auch wenn es schon dunkelt: Ich muß vom Weg ab, um andere, die mich sehen könnten, zu meiden.
    Einmal rastet er, ohne abzubinden die Last. Da fühlt seine Hand am Felsen die Nässe des Bluts, das der Sklave verliert: Spur den Verfolgern, die nachts Fackeln trügen, Spur jedem, der nachkäme bei Tag.
    Da legt Joseph ihn ab am Felsen und bindet los sich die Last, erschöpft, zornig mit sich und verzweifelt. Er verflucht sein Eingreifen, das nicht die Folgen bedachte. Erwägt, ob er den Ägypter nicht hier, wo er ihn abgesetzt und in den Felsen gelehnt hatte, sich selbst überlassen sollte. Und geht erschöpft ein paar Schritte abseits. Was hab ich mit ihm zu schaffen?
    Durch die Dunkelheit her hört er ihn frieren, den Ägypter, den er abgesetzt hatte, dort, in den Felsen gelehnt.
    Da geht er hin, abstreifend den Mantel, beugt den Sklaven zu sich, legt ihm um das Gewand.
    Der Stoff aber nimmt auf das Blut, bemerkt Joseph, so daß es sich im Gewebe verfängt, die Spur sich verringert, erlöschen könnte.
    Da wendet sich Joseph, tritt rückwärts heran an den Sklaven und nimmt nochmals den am Leib Zitternden auf, wirft und bindet das Seil auch, nur fester noch als zuvor, als wolle er ausglätten das Zittern, das sich beruhigen sollte, festgezogen am Rücken des Joseph. Und schritt weiter abseits, auf Umwegen, Nazaret zu.
    Und wieder, einen Hügel empor, erschöpft Joseph sich so, daß er halten muß, sich zu stützen.
    Diesmal, vornübergebeugt, ohne aufzutrennen das Seil, denkt er ängstlich ans Ziel, das er spät zu erreichen sucht: Ich gefährde meine Liebste, setze Sippe und Dorf in höchste Gefahr, wenn sie doch Spur finden oder mich hinführen vor Zeugen, die alles gesehen. Kreuzigen werden sie, nach ihrem Gesetz, den flüchtigen Sklaven. Werden kreuzigen, wer ihm zur Flucht verhalf. Und fordern den Tod eines Nächsten für den, den ich totschlug, um mit dem Sklaven zu fliehen.
    Joseph nämlich glaubte den Aufseher an der Wunde verblutet.
    Bin ich nicht schon gekreuzigt an diese Last, die man mir aufgebunden, denkt Joseph und will, als er den Weg dennoch fortsetzt, nach einigen Schritten wieder halten, den Ägypter liegenzulassen.
    Denn er fühlte auch, daß sich am Rücken beruhigt hatte, den er da trug. Fühlte es so beim Anhalten noch.
    Weil aber der Sklave ruhiger zu atmen schien, vielleicht schlief, kamen andere Gedanken hinzu, die retteten ihn, diesen Ägypter.
    Denn Joseph war stehengeblieben, die Last endgültig abzulegen und zu verlassen, als der ruhigere Atem jenes, vielleicht sein Schlaf, Joseph an andere Zeit erinnerte und ans andere Rückentragen.
    Da ging er weiter und tat’s in Erinnerung tragend.
    Kapitel 7. Die Schlafende
    Denn nicht lange vor dieser Zeit war Joseph in der Gegend um Nazaret mit einer Tracht unterwegs, Holz, das er gesammelt. Da sah er fern, beim morschen Baum am Fuße der Hügel, einen blauen Flecken im welken Gras.
    Als sei dort Wasser, über das der Wind hinzog, hell es hie und da kräuselnd.
    Und rätselhaft war ihm, wie er die Wasserstelle nie zuvor bemerkt. Da ging er hin, zu trinken und nachzusehen, warum das übrige Land das Wasser nicht annahm, nicht erblühte im Umkreis.
    Als er aber herantritt, erkennt Joseph das Wasser, daß es leichtgewobenes Tuch ist, blau gefärbt und frisch zum Trocknen gebreitet, so daß, hie und da kräuselnd, Strähnen Winds hinstrichen auch über die zierend ins Blau eingewebten bleichweißen Sterne, wie über lebendiges Wasser.
    An der Ecke aber des Tuchs, Joseph gegenüber, lag seltsam, im Schlafe verquer, eine junge Frau hingeworfen, ihr rechtes Bein von der Erde verschluckt.
    Aber nicht im Schlafe, sondern – sah Joseph – ohnmächtig lag sie, eingebrochen in eine alte Zisterne mit ihrem Bein.
    Er wollte sie wecken und kniete hin über sie und berührte sie an den Schultern. Halb wach geworden aber wußte sie nicht, wo sie ist, nicht, wer sie ist, erkannte auch nicht den Nazoräer aus dem eigenen Dorf.
    Da ruft Joseph sie: »Maria!«
    Und sie kam vollends zu sich und erkannte den auch, der ihr aufstehen half, den Nazoräer aus ihrem Dorf.
    Beim ersten Schritt aber schon schrie sie vor Schmerz, konnte auf dem Bein, mit dem sie eingebrochen, nicht weiter, sondern hielt sich an Joseph,
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