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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)
Autoren: Patrick Roth
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sprach: »Auch unsere Brüder in Pella, jenseits des Jordan, woher wir gekommen, wissen von Joseph nur, daß er gestorben sein soll, als unser Herr noch jung bei den Seinen, den Nazoräern in Nazaret, lebte. Weiter wüßte ich nichts. Du aber sagst, Himmel und Erde seien geworden – seinethalben?
    Neith sprach: »Wie sagt man aber in Nazaret? Liegt Joseph auch dort begraben?«
    Da antwortete Balthazar: »Das nehme ich an. Würdig, in Frieden, wie sich’s gehört, wurd er bestattet. Noch zur Seite saß ihm der Sohn am Totenbett, hielt seine Hand bis zum letzten.«
    Monoimus aber sprach: »Allerdings, Balthazar, mir sagte einer – es war einer von uns, der Galiläer aus Gat-hefer, der uns im Vorjahr besuchte, und er sagte’s mir insgeheim, unruhig darüber –, daß jener Joseph nicht wirklich Vater, nur Ziehvater gewesen sein soll unseres Herrn. Auch wußte er von Nazoräern, daß Joseph nicht friedlich, sondern gewaltsamen Todes gestorben. Angegriffen wurde Joseph des Nachts, als man außerhalb lagerte und alles schlief. Joseph aber habe nicht vermocht sich zu wehren und war noch im Schlaf von wilden Tieren zerrissen.«
    Balthazar antwortete: »Gehört hab ich das auch – und auch von ihm, dem Bruder aus Gat-Hefer, der’s mir ebenfalls insgeheim, mit großer Unruhe, erzählte, als käme nur mir zu, was er zu flüstern hatte. Nun aber, glaub ich’s?«
    Da sprach Neith: »Nicht glauben sollt ihr, sondern erfahren. Wenn ihr mich hören wollt.«
    Und zum zweiten Mal sprachen wir, ihre Besucher, als hätten wir, so erschöpft, längst vergessen, wovon noch vor kurzem die Rede war:
    »Was ist es, von dem du sprichst?«
    Kapitel 5. Der Garten
    Und Neith gab uns zur Antwort:
    »Ich kenne einen Menschen, dessentwegen Himmel und Erde geworden sind. Der hieß Joseph. Er war aber noch nicht Vater des Jesus, eures Herrn. Ausersehen war er, das heißt aber: geschaut im Gedanken Gottes von Anfang. Sieben und siebzig Jahre, bevor euch das Seil zu mir zog, ward derselbe vom Wege entrückt ins Paradies und sah unaussprechliche Worte.
    Es geschah noch vor Sonnenuntergang, auf der Wegstunde nach Nazaret.
    Joseph kam von der Arbeit aus Sepphoris, der galiläischen Stadt, und schritt auf gewohntem Wege hinabwärts, der Ebene zu, gen Nazaret.
    Da streift er auch an der Steinmauer vorbei, die am Rande des Weges ragt. Die umschloß, hoch angelegt, Landhaus und Garten eines römischen Herrn.
    Und wie er entlanggeht, kommt ihn seitlich an: Hitze des sonnengewärmten Gesteins, das gehäuft war zur Mauer. Und es schien Joseph, als sei vom Mahle zu riechen, hin durch die Ritzen der Steine, als habe man eben noch Fladen gebacken auf ihnen. Und ihn hungerte, obschon er kaum hungrig gewesen.
    Da hört er von hinter ihm kommen über ihn her ein Rauschen, mächtigen Flügelschlag.
    Und ward überschattet.
    Und hebt auf die Augen und sieht erschrocken den Vogel mit prächtigen Schwingen, der über ihn hin jenseits der Mauer ins Geäst eines Baums fliegt, nicht mehr zu sehen, aber mächtig dort landend, daß bis hinaufhin die Kronblätter zittern des Baums.
    Da will Joseph die Mauer erklimmen und setzt den Fuß auf das heiße Gestein.
    Leise, vorsichtig steigt er, will nochmals sehen den Vogel, ihn betrachten im Baum. Denn ihm war, als blickten und blinkten im Flug die Federn der Schwingen voll farbiger Augen nach ihm. Und hinaufsteigend, siebenmal sucht er Halt und findet hinauf.
    Und Joseph blickt über die Mauer in einen breiten Garten. Wohlbewässert und blühend war der, um den Baum in der Mitte gelegt, dessen äußerste Zweige das Dach noch des Landhauses streiften.
    Und zu Joseph betrachtend stieg auf die Ruhe des Gartens. Und sie war wundersam.
    Denn sie stieg hinauf zu ihm und legte sich an ihn dort auf die Höhe der Mauer und strich ihm über die Augen, als sei er Kind wieder und habe hier Anfang und als habe mit seinem Anfang hier alles Anfang genommen. Und sie strich ihm über die Augen und menschwärts, friedlich und weich wie Teig, wärmte das Kissen der Steine der Mauer.
    Und so begann es mit ihm aus dem Stein. Aus der Hitze des Steins, in der sich eingerollt aufhob der Anfang, begann es mit ihm.
    Und er hörte und sah: Bewegung im Laub jenes Baums.
    Da erwachten in ihm die gefiederten Augen des prächtigen Vogels, die er zu sehen hinaufgestiegen.
    Und er, Joseph, reckte linkshin den Körper gebannt, daß er beim Erscheinen sehe den Vogel und sich ersehe nochmals die Augenpracht. Denn er wünschte sich heimlich und es hungerte
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