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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)
Autoren: Patrick Roth
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liegen den Schädel –, leuchtet zuletzt
    dem Adam.
    Leuchtet erkennend dem ersten als letztem, der sitzt am Kopfe der Tafel.
    Da zählt Joseph sechzig und vier, die sitzen wartend gleich Gästen zu einem Abendmahl oder zur Hochzeit.
    Und sind viele davon wie welche, die sind gerufen und wissen nicht mehr, wer sie gerufen und warum sie hier sitzen.
    Denn zwischen den Lampen liegt Dunkel und Schatten.
    Und nur wenig über die Hälfte hinaus leuchtet angewachsen die Scheibe des Monds. Und sein Licht ist von Wolken verhangen, die verharren davor.
    Vor Adam aber – Josephs Licht fällt darauf – liegen gebreitet Blüten und liegt ein Zweig, wie er nie einen gesehen.
    Und über dem Zweig schwebt verharrend ein Blatt. Und das Blatt war blau, und bläulich glimmend und glosend die gewölbten Ränder des Blatts, und es schien alt und vertrocknet. Und doch verharrte es, windgebogen an Form, lebendig noch schwebend.
    Denn aus dem Zweig, den Adam hält mit der Rechten, ist gesprossen der Baum, das ist der Tisch, daran alle sitzen.
    Und Adam verharrt.
    Und sein linker Arm deutet hinaufhin verharrend, deutet nach oben zur Tafel hinauf.
    Und Joseph denkt: Hier verharrt der, der schon sieht, worauf alle warten und warum ein jedes verharrt.
    Da geht Joseph die Kehre, umgeht Adam im Rücken – streifend dabei den Golgotha – und kehrt zurück hinaufhin, den Tisch der Generationen zurück in das frischgehauene Grab dort im Felsen.
    Und da Joseph hineintritt ins Grab: noch alles wartet.
    Und ich liege schlafend zu Boden, und schlafend mit mir die Kinder, denn ein tiefer Schlaf war auf uns gefallen.
    Nur Joseph aber wacht und schreitet hinein in das Grab.
    Da sieht er, daß auch in die andere Richtung hin, an meiner Seite vorbei, fortführt der Tisch, der erstreckt sich geschmückt.
    Und er geht längs des Tischs in die Grabkammer und darin an die hintere Steinwand der Kammer, wo sich staut der Geruch gebackenen Brots und Gebäcks, des Weins und der Früchte, der gestaut dort verharrt.
    Und als Joseph faßt an den Stein:
    Wie gewärmt, wie von Tagessonne geschürt, fühlt sich an dort der Stein.
    Und die Meißelschläge darin starren wie Ritzen.
    Da ist es, als ströme durch sie hin die Wärme, die wartet. Und als sei die Wand, die befühlt Josephs Hand, nicht Felswand, sondern Wand, die aus Steinen gehäuft ist zur Mauer.
    Und Joseph greift hin zwischen die Ritzen.
    Und wie einen Vorhang zieht er hinweg, was gehäuft schien zur Mauer.
    Und sieht frei, daß der Tisch sich dahinter erstreckt hinaus und hinauf in die Zeiten.
    Und daß daran sitzen, zu beiden Seiten der Tafel, ein jeder gegenüber der andern, Frauen und Männer, je sechzig und vier.
    Und jeweils die eine gegenüber dem anderen.
    Da geht Joseph und nimmt seine Lampe und schreitet hinauf längs des Tisches der Generationen, die alle verharren und warten, Joseph weiß nicht, worauf.
    Und Nebel und Finsternis liegt über Teilen des Tischs, daran alle sitzen.
    Da ist es wie bei den Vätern der Vorzeit. Denn von denen, die Joseph bescheint mit der Lampe, wissen viele nicht mehr, daß sie sitzen zu Tisch, und sitzen abgewandt davon und sehen nicht mehr, wozu sie gerufen, und sind im Aufbruch begriffen.
    Joseph aber sieht, daß auch der Aufbruch in ihren Gesichtern verharrt. Denn er ist Erwartung und wartet.
    Und es wartet ein jedes, ob es weiß oder nicht, auf eines, das kommt.
    Joseph aber umgeht in der Kehre, ans Ende gelangt der Tafel, im Rücken den letzten, den nennen sie: Heutig.
    Und der verharrt.
    Und der Heutige deutet mit seiner Rechten hinabhin verharrend, deutet zur Mitte der Tafel hinab.
    Joseph aber weiß: Hier verharrt im letzten, der sieht, worauf alle warten und warum ein jedes verharrt hat bis jetzt.
    Da kehrt Joseph zurück hinabhin, den Tisch der Generationen zurück in das frischgehauene Grab.
    Als er aber eintritt ins Grab: noch alles wartet.
    Bis er kommt herein.
    Und dann wartet nicht mehr.
    Denn ich liege schlafend nicht länger am Boden des Grabs, sondern sitze am Tisch.
    Und bei mir zu Tisch die Geborenen beide.
    Und mir gegenüber stellt Joseph sich selbst, der den Tisch hat umrundet und eingesehen mit der Lampe alle, die wir gerufen.
    Und ich sehe Joseph sich setzen. Neben ihm aber, zur Rechten, Maria.
    Und da Joseph sich setzt, wartet nichts mehr.
    Zu Ende das Warten. Keines verharrt mehr.
    Denn an den Tisch tritt, zur Linken der Braut, mir zur Seite der Bräutigam.
    Da:
    Alle erheben sich, die Tafel erhebt sich. Alles ersteht lebendig, den
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