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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)
Autoren: Patrick Roth
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Feuer. Denn, als schlügen meine Schmerzen sie, krümmten sich unter den Schreien tiefer die schwarzen Gestalten.
    Als aber Stunden vergingen und noch anstiegen die Schmerzen, von denen ich geglaubt hatte, sie seien so mächtig nicht auszuhalten und würden mich sprengen, da ging Joseph hinaus auf die Stufen und fand sie schlafend, Dymas und Gemas.
    Und er weckte sie und hielt sie an, zu bewachen den Eingang. Und sie versprachen’s und wachten.
    Bald darauf ging er hinaus und sah nach und fand sie abermals schlafend. Und ich hörte ihre erschöpften Stimmen ihm antworten, schlaftrunken, als er sie weckte.
    Und später ging er nochmals hinaus und fand sie schlafend. Und diesmal weckte sie nicht mehr.
    Sie aber wußten nicht – oder wußten sie’s etwa und wollten warten darauf? –, daß nach Morgengrauen schon Phylakos mit römischen Wachen heraufkäme, sie festnehmen zu lassen. Und sie abgeführt würden, Dymas und Gemas, hinab zum Verhör in die Stadt.
    Denn Phylakos hatte in ihnen wiedererkannt die Räuber und Mörder, die hingemetzelt hatten die Unschuldigen in der Höhle am Jordan.
    Es waren aber Dymas und Gemas, die man späterhin nannte Dismas und Gestas. Und wurden Tage darauf, am Rüsttag des Pessach, gekreuzigt auf Golgotha, zur Linken und Rechten des Kreuzes in ihrer Mitte.
    Da warf Joseph Scheite ins Feuer, hinweg über Gemas und Dymas, die schliefen, Nahrung zu geben dem Feuer.
    Von da an aber blieb Joseph bei mir. Und gegen die Schmerzen an sang er mir, sang seine Stimme den Psalm der Geburt.
    Und nie mehr gehört hab ich seither das Lied.
    Aber die Schmerzen, die mich überwältigen wollten, tilgten nicht die Worte des Lieds und nicht die Erinnerung an sie, bis heute.
    Und wie im Traum war Joseph eingegeben der Psalm, den er aussprach und sang mir ins Ohr.
    Und es hüllte den Schmerz jedes Wort seiner Worte, die gesungen kamen im Psalm der Geburt.
    Denn heilig und rein nannte die Stimme des Lieds die Stätte, darin ich lag.
    Und heilig und rein nannte den Leib, der gebiert.
    Und heilig und rein das Herz der Gebärenden.
    Heilig und rein, also heiligend, reinigend: den, der berührt, was sie sonst abtun als Schmutz und Beschmutzung und geboten sind, nicht zu berühren.
    Denn was für unrein hielt die Welt, das nannten rein die Worte des Psalms der Geburt.
    Nannten es Schöpfung und heilig und rein.
    Und es sang Weltenanfang die Stimme des Psalms.
    Und sang rein und heilig mir die Qual der Geburt aus den Händen des Todes.
    Ruhig aber sang sie, die Stimme Josephs.
    Beruhigend flüsterte sie, daß ich immer wieder – wie eine, die geworfen ins Nachtmeer die Insel auftauchen sieht – am Klang mich festhielt, erfaßt vom Sang ihres Sinns, der wies mir die Mitte.
    Denn es heiligt, was eintritt ins Leben, alles im Umkreis.
    So sang es das Wort des Psalms der Geburt.
    Da aber kam, dem Ende zu, ein Überwältigtwerden, das überstieg alle Überwältigung und Gewalt.
    Und ausgelöscht war ich.
    Ich bewegte nichts mehr, kein Glied mehr des Leibs, noch die Lippen des Munds.
    Sondern wurde getan und gewaltig bewegt.
    Als hätte bewältigt sich meines Leibes ein Anderes, davon ich ausgelöscht bin.
    Nicht mehr zu denken war Denkbares.
    Nicht mehr zu Fassen das Faßbare.
    Nicht mehr zu sehen die Welt.
    Aber alles wurde getan, tat sich von selbst.
    Überwältigt die Einzelne, gewaltig vom Einen.
    Da kam aus mir in die Hände Josephs, die fingen ihn auf, ein Säugling.
    Und Joseph nahm das Kind und wickelte es ins Linnen.
    Denn er hatte von der Länge des gewobenen Tuchs, das Gemas herabgebracht, abgeschnitten zwei Ellen.
    Und wenig darauf kam aus mir ein zweiter Säugling.
    Da teilte Joseph das abgeschnittene Leinen, daß beide wären umhüllt.
    Und umhüllte beide und wickelte sie ein in den Anfang. Denn er hatte abgeschnitten vom Anfang her das Gewobene, das enthielt den Garten, die Rettung, die Liebe und die Geburt. Denn so hatte ich’s webend eingewoben in den Anfang des Tuchs, während er mir erzählte.
    Und Joseph gab mir im Linnen die Kinder, in die Bucht meiner Ellenbogen hinein legte er sie.
    So war mir geschehen in der Frühlingsnacht, am sechsten Tage vor Pessach.
    Da waren mir, Neith, Zwillinge geboren. Und waren geboren ein Mädchen und geboren ein Knabe.
    Und ein tiefer Schlaf fiel auf mich, und ich schlief ein in der Höhle des Grabs.
    Joseph aber, nachdem er zu mir gelegt hatte die Säuglinge, will sich zu meiner Linken erheben.
    Da stößt er an und wird zurück auf die Knie gezwungen.
    Und
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