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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)
Autoren: Patrick Roth
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Erstes Buch. Der Träger
    Kapitel 1. Die Belagerung
    Im zweiten Jahr der Regierung des Kaisers Vespasian – römische Legionen halten die Stadt umringt – ist der Untergang Jerusalems beschlossen.
    Innerhalb der Mauern aber streiten sich die Parteien unserer Verteidiger, ist’s ein Zerfleischen.
    Denn während der Feind die Stadt würgt, spornt Hungersnot die Verteidiger zu unsäglicher Grausamkeit.
    Gegeneinander nicht nur lassen sie Grausamkeit walten, sondern vor allem wider die Bevölkerung, die sie doch zu schützen gelobten.
    Wehrlose suchen sie um jedes Weizenkorn heim und strafen die Hungrigen, auch wenn nichts mehr zu holen ist, als sei Sättigung in den Strafen.
    Die einen schlagen sie nieder, wenn man nur das Geringste an Nahrung vor ihnen im Hause versteckt. Andere spießen sie auf, wo man, gelockt durch Geruch oder Gerücht, die Unschuldigen beim Backen von Körnern antrifft.
    Aber die Eindringlinge richten auch hin, wenn sie bei ihren Opfern nichts Eßbares finden. Denn sie verfallen darauf, aufzubefehlen die vertrockneten Münder und zu suchen noch unter verklebten Zungen und zu beachten die Winkel rissiger Lippen. Denn dort haftet oft, kaum geschluckt, das verräterisch letzte Morsel.
    Vor Tagen nun kam Nachricht von einer Frau, die wußte Hunger und Tod und Erniedrigung in die Flucht zu schlagen. Das aber, indem sie den Plagen die Tür auftat weit.
    Maria hieß sie, Tochter des Eleazar, aus Bathezor jenseits des Jordan. Die war wie Tausende andere in die Jerusalem geflüchtet und vielfach von vielen hier ausgeraubt und immer wieder geschlagen.
    Die junge Mutter aber entsetzte selbst die Grausamsten ihrer Räuber, gekommen, ihr das Letzte zu nehmen.
    Lächelnd bat sie die Eindringlinge in ein Gemach – mit welken Blumen zum Gastmahl geschmückt –, den einzigen Sohn, ihren Säugling, den sie Stunden zuvor geopfert, im Mahle mit ihr zu teilen.
    Kapitel 2. Der Auftrag
    Von solcher Hölle innerhalb Jerusalems aber wußten wir nichts. Und hätten es doch zu ahnen vermocht, als man uns, jungen Brüdern im Herrn, den Auftrag gab.
    Denn noch in Pella, jenseits des Jordan, wohin wir uns geflüchtet hatten, lebten wir mit den Unseren. Da wies uns der Älteste, hinaufzusteigen zur Heiligen Stadt und hineinzufinden in ihre belagerten Mauern.
    Ein Traum aber hatte ihn Wochen zuvor ermutigt, Vorbereitungen zu treffen und schließlich den Auftrag zu geben. Nun war’s an der Zeit.
    Und er ermahnte uns vier – wie er im Traum, Wochen zuvor, ermahnt hatte vier junge Männer, denen er solchen Auftrag gegeben –, alles zu wagen, an den Belagerern vorbei und in die Jerusalem selbst zu gelangen.
    Denn dort sollten wir sichern den einzigen Ort.
    Sollten schützen die Stätte.
    Sollten mit Leib und Leben bewahren das Grab des Grabzertrümmerers, des Beherrschers des Todes, unseres Herrn, des auferstandenen Christus.
    Denn man fürchtete allgemein, daß die Römer, sobald sie eindringen würden, keinen Stein auf dem anderen ließen, dem Erdboden aber gleichmachen würden das Hohe, aufschütten das Niedere. Bis allhin übers Zernichtete Ödnis einkehrte, auch der Wind nicht mehr wüßte zu finden das Grab.
    Nachdem wir aber erhalten hatten den Auftrag und uns willig erklärt und dazu bereit, berieten uns andere Brüder. Und sie erklärten uns, wie wir’s anstellen sollten, uns schon kommenden Neumond von einer gewissen Stelle des Kidrontals aus in die belagerte Stadt schleusen zu lassen.
    Bereits damals aber lagen die Hänge des Kidrontals voll Hungertoter. Von der Stadtmauer warf man sie ins Tal oder ließ ihre Leichen, umhüllt, an Seilen bis zum Fuße der Mauer herab.
    Noch im Aufstieg aber, auf Jerusalem zu, kamen wir einem entgegen, der war geflohen und berichtete uns, römische Truppen seien bereits im Norden durch die letztgebaute der drei Stadtmauern gedrungen. Und die Belagerer seien dabei, zu bedrängen die mittlere Mauer und für sich zu verwüsten den Stadtteil, der liegt zwischen der dritten und der mittleren Mauer.
    So sprach er und eilig stieg an uns vorbei, hinab auf Jericho zu. Und ließ uns entmutigt zurück.
    Denn da war’s, als seien wir schon ans Ende gelangt, verstellt das Ziel, und der Auftrag, zu sichern die Stätte, nicht auszuführen. Wußten wir doch, daß der Ort, den wir sichern sollten auf Zukunft, zwischen dritter und mittlerer Mauer liegt. Und also bereits verwüstet wäre, unerkennbar vielleicht, sicherlich aber unerreichbar für uns.
    Da wollte umkehren einer der vier, so verstört
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