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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)
Autoren: Patrick Roth
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Todesangst wiche aus ihnen, daß der Mann sich beim Zuschlagen nicht sträube.
    Josephs Beil aber, das er hinaufreckt, reicht nicht an die Riemen, nicht sie im Schlag zu zertrennen.
    Da bemerkt Joseph den hingeworfenen Kübel, den die Gabel der Wurzeln gehalten.
    Als er nun zugreift, ihn umkehrt und zurück unter die Augen des Ägypters hinstellt, darauf steigt und jetzt steht, die Fesseln am Ast zu durchhauen: da blickt er hinauf.
    Die Schlange zu sehen, wie nah sie gekommen.
    Im Aufblick aber wird er gehalten. Erkennt durch den Spalt zwischen Arm und Kopf des Gehängten: den Aufseher.
    Der schon rennt auf ihn zu.
    Joseph schießt die Angst in die Knie, halb rutscht, halb tritt er vom Kübel, weicht hinterm Ägypter hervor, an ihn stoßend, taumelnd, plötzlich erschöpft, wie angesteckt vom zu Tode Erschöpften.
    Der Aufseher aber, ein Messer zum Häuten im Griff, stürzt zu auf Joseph.
    Joseph stolpert, er fällt schon – fängt sich knapp vor dem Boden. Entkommt so dem Riß des Messers.
    Da fährt Joseph auf mit der Schneide des Beils.
    Rechtshin weicht der Aufseher aus.
    Die Beilschneide, seitlich verfehlt sie ihn noch – denn rasch wendet der Aufseher den Kopf –, behaucht nur im Fluge die Ader am Hals.
    Bricht aber von vorn in die Kehle ein.
    Und bleibt stecken in ihr.
    Unverrückbar.
    Augenblicklang.
    Bis der Aufseher sinkt, sich klammernd an Joseph zu halten sucht, das Beil in der Kehle.
    Joseph zieht es zurück.
    Da fällt der Mann vollends zu Boden. Umhält lautlos, offenen Munds, mit beiden Händen den Hals.
    Still stehend, Herz-
    Schläge lang
    hört Joseph ein Pochen
    im Garten.
    Wie um Einlaß schlägt es
    kehlfarben dumpf
    von überall her.
    Da, in brennendem Stoß
    Bricht’s herein, dringt
    hinauf bis ans
    Ohr. Anklatscht
    der Schrei der Mägde,
    an ihn schallt von der Küche her.
    Davoneilen hört er sie, fliehen vor ihm, tiefer und tiefer dringen ins Haus.
    Erneut packt ihn Furcht, daß er all die Zeit stillgestanden und wie lange schon stand, entsetzt über sein Tun, die Tat, wie betrunken.
    Da, ins Windstille, kommt Wind. Leicht erst bauscht er, verschiebt und hebt an den Vorhang zur Küche.
    Joseph sieht, so entdeckt: Frauenfüße im Halbschatten stehen.
    Höher hebt der Wind da den Vorhang.
    Angewurzelt wie er: steht sie. Ist eine Schwangere, eine Ägypterin, hält den Rücken zur Wand gepreßt.
    Und pochend stößt der Wind augenblicklang ins Tuch, dahinter sie steht, breitet es fahnengleich vor ihr aus.
    Da dreht Joseph sich um, zum Sklaven hinüber, und erkennt, auf den Hängenden zu, daß jeder Schritt schon zu spät kommt.
    Die Schlange hat dem Sklaven am Auge vorbei ins Genick gebissen, kriecht stammaufwärts ins Dunkel zurück.
    Aber Joseph sieht Leben noch, noch Leben in ihm, der da hängt.
    Und mit verdoppelten Kräften – jetzt steigt er, jetzt steht er vorm Hängenden – schlägt ihm die Fesseln los.
    Und als sein Beil die linke Fessel aufplatzen läßt, Joseph ihn abnehmen will vom Baum, beidarmig den Sklaven umfaßt, kommt über ihn Schatten.
    Und mächtig – er hört’s, sieht hinauf – facht ihn an: Schwingenschlag Vogels, der über ihm schwebt.
    Und blicklang, bevor sie sich hebt, sieht Joseph die Augenpracht.
    Da senkt, gesehen, Joseph den Blick. Fühlt das Treiben schwingengetriebener Luft, als sprächen unaussprechliche Worte.
    Hört Aufflug, Davonfliegen schon.
    Und zu ihm heraus eilt eine, die ihn zu sich reißt, Joseph in die Hocke beugt. Daß er schultere den Herabgenommenen.
    Es sind die nackten Füße der Schwangeren, die Joseph erkennt. Ihre Fersen, umquillt, dringen ein in den Schmutz roter Halme zu Erden.
    Denn keuchend müht sich die Magd, stemmt keuchend rückwärts sich, um von Josephs Stirn her – an die ihr Bauch zweimal stößt – rückwärts sich mühend mit entschlossenen Händen die Arme des Sklaven über Josephs Schultern zu ziehen.
    Dann schlägt sie ein Seil um beide, knotet’s auf Josephs Brust, führt seine Hände stützend unter die blutigen Schenkel der Last, preßt sie hin noch, als sage sie: ›Auf, trag es!‹, und schlägt stumm dem Gebeugten mit der Hand an die Hüfte: ›Steh auf nun!‹
    Zur Mauer floh Joseph, trug den Sklaven, wie man ein Kind auf dem Rücken trägt.
    Kurz vor den Büschen sieht er den kriechenden Körper des Aufsehers, der sich vom Baum weg ins hohe Gras zieht.
    Überschreitet ihn und sieht nicht zurück.
    Kapitel 6. Die Flucht
    Später, kaum setzt Joseph Fuß auf die Straße, weiß er nicht mehr, wie er dem
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