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Das Leben und das Schreiben

Das Leben und das Schreiben

Titel: Das Leben und das Schreiben
Autoren: Stephen King
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Erstes Vorwort
     
    In den frühen Neunzigern (es kann 1992 gewesen sein, aber es ist schwer, sich zu erinnern, wenn man Spaß hat) stieß ich zu einer Rock-’n’-Roll-Band, die hauptsächlich aus Schriftstellern bestand. Die Idee zu den Rock Bottom Remainders hatte Kathi Kamen Goldmark, eine Publizistin und Musikerin aus San Francisco. Zu der Band gehörten Dave Barry an der Sologitarre, Ridley Pearson am Bass, Barbara Kingsolver an den Keyboards, Robert Fulghum an der Mandoline und ich an der Rhythmusgitarre. Außerdem hatten wir einen heißen Chor im Stil der Dixie Cups, der meistens aus Kathi, Tad Bartimus und Amy Tan bestand.
    Die Band war als einmalige Sache geplant – wir wollten zwei Auftritte bei der American Booksellers Convention bestreiten, ein paar Lacher einstecken, drei oder vier Stunden lang unsere vertane Jugend aufleben lassen und danach wieder unserer eigenen Wege gehen.
    Aber es kam anders, denn die Band löste sich nie ganz auf. Es machte uns viel zu viel Spaß, gemeinsam zu spielen. Und wir hörten uns ziemlich gut an mit den »eingeschmuggelten« Profis an Saxofon und Schlagzeug (anfangs war auch unser musikalischer Guru Al Kooper als Herz der Band dabei). Sie würden zahlen, um uns zu hören. Nicht so viel wie für U2 oder E Street Band, aber vielleicht immerhin das, was die alten Hasen »roadhouse money« nennen. Wir gingen mit der Band auf Tournee, schrieben ein Buch darüber (und meine Frau machte die Fotos und tanzte, wann immer ihr danach war, was ziemlich oft vorkam). Auch heute spielen wir noch ab und zu, mal als The Remainders, mal als Raymond Burr’s Legs. Die Besetzung kommt und geht – der Kolumnist Mitch Albom hat Barbara an den Keyboards abgelöst, und Al ist nicht mehr dabei, weil er sich nicht mit Kathi versteht -, aber den Kern aus Kathi, Amy, Ridley, Dave, Mitch Albom und mir gibt es immer noch. Dazu Josh Kelly am Schlagzeug und Erasmo Paolo am Saxofon.
    Wir spielen, weil es uns Spaß macht, aber auch weil wir gern zusammen sind. Wir können einander gut leiden, und uns gefällt, dass die Band uns die Möglichkeit gibt, über unsere Arbeit zu reden, über unseren Alltagsjob, zu dem uns die Menschen immer wieder ermutigen. Wir sind Schriftsteller, aber wir fragen uns gegenseitig nie, woher wir unsere Ideen bekommen. Wir wissen, dass wir das nicht wissen.
    Als wir eines Abends vor einem Auftritt in Miami Beach bei einem Chinesen aßen, fragte ich Amy, ob es eine Frage gebe, die ihr in der Diskussion, die beinahe jeder Lesung folgt, noch nie gestellt worden sei. Die eine Frage, die nie aufgeworfen wird, wenn man vor einer Menge ehrfürchtiger Fans steht und so tut, als stiege man nicht mit einem Bein nach dem anderen in seine Hose, so wie alle anderen auch. Amy hielt inne, dachte gründlich nach und sagte schließlich: »Es fragt nie einer nach der Sprache.«
    Ich bin ihr für diese Antwort außerordentlich dankbar. Denn ich spielte damals schon seit über einem Jahr mit der Idee, ein kleines Buch über das Schreiben zu verfassen, zögerte aber, weil ich meinen Beweggründen misstraute. Warum wollte ich von der Arbeit des Schriftstellers berichten? Wieso war ich der Ansicht, etwas Sinnvolles darüber zu sagen zu haben?
    Die einfachste Antwort lautet, dass jemand, der so viele Romane verkauft hat wie ich, einfach etwas Lohnendes über das Schreiben zu sagen haben muss. Doch die einfachste Antwort ist nicht immer die richtige. Colonel Sanders von Kentucky Fried Chicken hat Unmengen von Hühnerschenkeln verkauft, aber ich bin mir nicht sicher, ob irgendjemand wissen will, wie er es gemacht hat. Wenn ich vermessen genug wäre, eine Anleitung zum Schreiben herauszugeben, müsste ich meiner Meinung nach einen besseren Grund als meinen großen Erfolg vorweisen können. Anders ausgedrückt, ich wollte kein auch noch so kurzes Buch wie dieses schreiben, bei dem ich mir hinterher wie ein literarischer Klugschwätzer oder aufgeblasener Dummkopf vorkomme. Von diesen Büchern (und diesen Autoren) gibt es schon genug auf dem Markt – danke.
    Aber Amy hatte recht: Wir werden nie nach der Sprache gefragt. Die DeLillos, Updikes und Styrons werden darauf angesprochen, die Autoren der Unterhaltungsliteratur jedoch nicht. Aber auch wir profanen Kritzler machen uns auf unsere bescheidene Art Gedanken über die Sprache, auch wir verrichten unser Handwerk, die Kunst, Geschichten zu Papier zu bringen, mit Leidenschaft. Dieses Buch ist ein Versuch, kurz und bündig darzulegen, wie ich zu dieser
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