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Feenkind

Feenkind

Titel: Feenkind
Autoren: E Zeißler
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Prolog

    Zärtlich strich Elinor über das mit weicher Spitze versetzte Deckchen, das ihre schlafende Tochter bedeckte. Obwohl die Geburt schon beinahe einen Mond zurücklag, konnte sie dieses Wunder noch immer nicht fassen. Neben ihr lächelte ihr Gatte, Fürst Th'emidor, und zog ihre Hand sanft fort.
Das Baby gähnte und schmatzte schläfrig mit den Lippen.
"Komm schon, Elinor, lass unsere Kleine jetzt schlafen."
Als sie sich abwandte, streifte ihre Hand ein filigranes, handflächengroßes silbernes Blatt, das wie ein Talisman über dem Kopf des Babys hing. Ein verirrter Sonnenstrahl verfing sich in der spiegelnden Oberfläche und schickte blendend helle Lichtreflexe quer durch den gesamten Raum. Die Mutter streckte die Hand aus, um den kleinen Spiegel ruhig zu stellen, damit sein Glanz das eben eingeschlafene Baby nicht störte.
Noch während sie das Blatt festhielt, verdunkelte sich plötzlich seine Oberfläche und der silbrige Glanz wurde von einer rauchigen Tiefe abgelöst. Die Oberfläche des Spiegels schien einen Augenblick lang zu wabern. Dann, ganz langsam, formten sich Buchstaben, erst kaum erkennbar, dann immer klarer, bis ein Text in glühenden Lettern sich deutlich von den Nebelschwaden des Hintergrunds abhob.
    Die Tochter des Hauses Th'emidor wird einst am Scheideweg der Weltordnung stehen. Heil denen, die sie auf ihrer Seite wissen. Und wehe denen, die sich ihr in den Weg stellen - sie werden untergehen.

Erschrocken ließ Elinor den Spiegel los und griff nach ihrer Tochter, als könnte sie dadurch das Kind vor jeglicher Gefahr beschützen.
In seinem Schlaf gestört, fing das Baby an, protestierend zu weinen.
"Ist ja gut, mein Liebling, Mama ist da. Dhalia, mein Schatz, schhht, schlaf weiter, Kleines. Mama ist ja da", versuchte sie das Kind zu beruhigen, während ihr eigenes Herz wie wild pochte. Gebannt starrten Th'emidor und sie weiter auf das kleine Blatt, denn die Schriftzüge veränderten sich und ein weiterer Satz erschien.
    In achtzehn Jahren wird sich der Auserwählten ihr Schicksal offenbaren.

So plötzlich, wie sie gekommen waren, verschwanden die Buchstaben auch schon wieder, und nichts deutete darauf hin, dass das kleine Blatt etwas anderes war als ein meisterhaft gearbeiteter Spiegel. Vergeblich warteten die Eltern darauf, dass noch irgendetwas sonst geschah.
"Was war das?" Elinor blickte ihren Mann in der Hoffnung an, dass er nichts gesehen hatte, dass es nur eine Sinnestäuschung oder ihre Einbildung gewesen war.
Doch sein Blick bestätigte ihr, dass er es auch gesehen hatte. Er wirkte sehr ernst. "Ich habe so etwas noch nie gesehen. Ich hatte keine Ahnung, dass so etwas möglich ist. Aber du weißt ja, was
    das
hier ist." Er deutete vorsichtig auf den kleinen Spiegel.
"Ja, ich weiß es, und ich wollte nicht, dass es über Dhalias Kopf hängt. Es scheint, ich hatte Recht damit", antwortete sie besorgt.
Verwundert blickte Th'emidor seine Frau an. "Aber, meine Liebe, das ist doch nichts Böses. Was auch immer unsere Tochter erwartet, es ist besser, wenn wir vorgewarnt sind."
"Glaubst du? Und was geschieht wohl, wenn der Herrscher davon erfährt? Wirst du immer noch sagen, dass dieses Ding es gut mit uns gemeint hatte, wenn sie uns unsere Tochter wegnehmen?" Ihre Stimme hatte einen panischen Unterton. Beschützend drückte sie das hilflose kleine Wesen in ihren Armen an ihre Brust.
Fürst Th'emidor sah seiner Frau fest ins Gesicht. Sein ganzer Körper und noch mehr seine Stimme strahlten eine ruhige Entschlossenheit aus, als er sagte: "Das wird er nicht. Niemand außer uns dreien wird jemals etwas davon erfahren. Doch was auch immer Dhalias Schicksal eines Tages sein wird, wir werden sie auf ihre Aufgabe vorbereiten und ihr beistehen, wenn es soweit ist."

Kapitel 1

    Dhalia machte einen gewagten Schritt vorwärts und ließ ihr Schwert mit aller Macht niedersausen. Doch der Mann vor ihr wich ihrem Hieb geschickt aus und parierte ihn mit seiner eigenen Klinge. Die Wucht des Aufpralls jagte einen brennenden Schmerz durch Dhalias Arme bis in ihre Schultern hinauf. Doch sie verzog keine Miene.
Herausfordernd umkreiste ihr Gegner sie. "Was ist los, Schätzchen, ist das alles, was du kannst?" Er versuchte, sie in Rage zu bringen.
Doch sie blieb ruhig und beobachtete sorgfältig jede seiner Bewegungen. Seine Stimme hatte sie völlig ausgeblendet und konzentrierte sich darauf, seine Schwachstelle zu finden. Das war gar nicht so leicht. Sie täuschte einen Ausfall vor, doch er fiel nicht darauf
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