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Teufelskreise (German Edition)

Teufelskreise (German Edition)

Titel: Teufelskreise (German Edition)
Autoren: Linda Robertson
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1
    Halb sieben Uhr am Morgen. Ein kräftig gebauter, gut aussehender Mann … Artus, ja, Artus … hielt mich in seinen starken Armen, sah mich mit einem Blick an, in dem Empfindsamkeit, Verständnis und Leidenschaft zugleich lagen, und war kurz davor, mich zu küssen, als …
    … das Geräusch der sich öffnenden Garagentür meinen schönen romantischen Traum unterbrach und mich aus seligem Schlaf riss. Ich schnellte im Bett auf, bereit, mein Hab und Gut zu verteidigen.
    Einen Baseballschläger fest umklammert ging ich im Zickzack – um die quietschenden Dielen zu vermeiden – die Treppe hinunter und schlich mich in die Küche. Vor den Fenstern, die nach Osten hinausgingen, war es noch immer dunkel. Eine Tür zur Rechten führte in die Garage. Von dort hörte ich, wie jemand die Außentreppe heraufkam.
    Mit angehaltenem Atem hob ich den Schläger.
    Die Tür öffnete sich.
    »Die verdammten Wærwölfe haben den gesamten Rasen mit Krispy-Kreme-Schachteln zugemüllt.«
    »Nana.« Seufzend ließ ich den Schläger sinken und stellte ihn hinter die Tür.
    Ohne in meine Richtung zu blicken, marschierte sie mit einer Zeitung und einer zerknüllten Gebäckschachtel in der Hand an mir vorbei. Grashalme klebten an ihren pinkfarbenen Plüschpantoffeln. Der Zeitungsjunge hatte mit seinem Wurf wohl mal wieder die Einfahrt verpasst.
    Meine Großmutter war erst gestern eingezogen, deshalb hatte ich mich noch nicht an ihre Anwesenheit gewöhnt. Aber ganz offensichtlich brauchte eine vierundachtzigjährige Frau nicht so viel Schlaf, wie ich angenommen hatte.
    Mit einer Marlboro im Mundwinkel schlurfte sie durch die Küche. »Bist du immer so eine Frühaufsteherin, Persephone?«
    Ich schnaubte. »Nein. Aber dass du keine Langschläferin mehr bist, das ist mir neu.«
    »Tja, das Morgengrauen ist jetzt mein Wecker.«
    »Selbst dafür bist du zu früh auf den Beinen.«
    »Daran sind die Krankenschwestern schuld«, sagte Nana. Dann brummte sie: »Tun so, als wäre man im Internat. Sagen mir, wann ich aufstehen darf, meine Medizin nehmen, essen, turnen, Bingo spielen soll. Schließlich bezahle ich für alles, da sollte ich doch wohl selbst entscheiden dürfen, wann ich schlafen gehe und wann ich rauche.« Murrend ging sie zum Abfalleimer, wo sie die Schachtel so heftig schüttelte, dass die Zellophanfolie knisterte. »Die lag mindestens schon zwei Tage da draußen rum«, sagte sie laut, damit ich wusste, dass dies an mich gerichtet war.
    »Ich hatte genug damit zu tun«, sagte ich, » dein Zeug von Woodhaven hierherzuschaffen.« Bei dem Gedanken an den Umzug machte sich mein Muskelkater wieder bemerkbar. Das unsanfte Erwachen und das angestrengte Schleichen hatten ihm nicht gerade gutgetan.
    Nana sah mich an und runzelte finster die Stirn. Ob es an meiner Antwort oder der Wahl meiner Nachtbekleidung lag, konnte ich nicht sagen: Ich trug einen lavendelfarbenen Slip und ein bauchfreies lilafarbenes Tanktop, auf demauf einem Wappenschild»Tafelrundengroupie«in altertümlicher Schrift prangte. Und das war sogar die Wahrheit! Ich war ein Groupie. Ich hatte alle Filme und jede Dokumentation, die je über Artus Pendragon gemacht wurden, gesehen und eine stattliche Sammlung an Büchern und Bildern zur Artussage zusammengetragen. Doch bisher hatte kein Zeichner oder Schauspieler je dem Artus meiner Träume gerecht werden können. Seltsam.
    Nana schüttelte den Kopf. »Tsts, wo ist eigentlich dein Nachthemd?«
    Mir fielen die langen Flanellnachthemden wieder ein, die sie mir als kleines Mädchen genäht hatte. Sie hatten ausgesehen wie Kostüme aus dem Film »Die Nacht vor Weihnachten«. Ich fragte mich, ob Nana in ihrer Jugend vielleicht eine lebenslange Mitgliedschaft in einem Geheimclub gewonnen hatte, der sich »Ausstatter für die altbackene Dame« nannte. »Das hier ist mein Schlafanzug.«
    »Mehr trägst du nicht?«
    »Bis gestern habe ich hier noch allein gelebt, Nana, da war es egal, was ich beim Schlafen trug.« Als der kühle Oktoberwind durch die offene Tür zur Garage hereinzog, wünschte ich mir aber doch, ich hätte meinen Bademantel angezogen. Ich schloss die Tür, die Nana offen gelassen hatte.
    Sie ließ die Gebäckschachtel in den Abfalleimer fallen, während Grashalme zu Boden rieselten. »Diese verdammten Drecksviecher.« Als sie zu mir zurückgeschlurft kam, strich sie sich selbstgefällig mit der Hand über ihr aufgetürmtes weißes Haar. Ich wusste, was jetzt kommen würde. Am liebsten hätte ich die Worte stumm
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