Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schockwellenreiter

Der Schockwellenreiter

Titel: Der Schockwellenreiter
Autoren: John Brunner
Vom Netzwerk:
Gedanke zum Tage
    Nimm sie am kleinen Finger, und sie machen dir die Hölle heiß.
Methode zur Daten-Reschablonstruktion
    Der Mann im ungepolsterten Metallstuhl war so nackt wie die Wände des Zimmers. Man hatte seinen Kopf und auch den gesamten Körper vollständig rasiert; nur die Wimpern waren geblieben. An einem Dutzend Stellen seines Schädels hielten kleine Streifen von Heftpflaster Sensoren fest, ebenso an den Schläfen nahe der Augenwinkel, an beiden Seiten des Mundes, an seiner Kehle, überm Herzen, dem Solarplexus und an allen wichtigen Ganglien bis hinab zu den Knöcheln.
    Von jedem Sensor führte eine Leitung, fein wie Sommerfäden, zum einzigen Gegenstand, wovon sich - außer dem Metallstuhl und zwei Sesseln, beide weich gepolstert - sagen ließ, daß er den Raum in Beschlag nahm. Dabei handelte es sich um eine Konsole zur Datenanalyse von ungefähr zwei Metern Breite und eineinhalb Metern Höhe, deren abgeschrägte Oberseite Bildschirme und Signallämpchen aufwies; von einem der Polstersessel aus ließ die Anlage sich leicht bedienen.
    Außerdem gab es in dem Raum an verstellbaren Gestängen, die aus der Rücklehne des Metallstuhls ragten, Mikrofone und eine 3d-Fernsehkamera.
    Der Geschorene war nicht allein. Drei andere Personen waren ebenfalls anwesend: eine junge Frau in schickem weißen Overall, deren Aufgabe darin bestand, den Sitz der Sensoren zu überprüfen; ein Schwarzer in modischem dunkelroten Anzug mit Weste, an dessen Brusttasche eine Karte mit seinem Bild und dem Namen Paul T. Freeman geklammert war; und ein untersetzter Weißer von etwa fünfzig Jahren, gekleidet in Dunkelblau, den seine gleichartige Karte als Ralph C. Hartz bezeichnete.
    Nach langer Begutachtung des gebotenen Anblicks öffnete Hartz den Mund. »Das ist also der Schwindler, der es weiter und ärger und obendrein länger getrieben hat als irgendein anderer.«
    »Haflingers Laufbahn ist durchaus ein wenig eindrucksvoll«, sagte Freeman nachsichtig. »Sie haben seine Unterlagen eingesehen?«
    »Natürlich. Deshalb bin ich hier. Es mag eine atavistische Anwandlung sein, aber ich konnte mich nicht davon zurückhalten, mir mit eigenen Augen den Menschen anzuschauen, der eine so verblüffende Vielfalt unterschiedlicher Personenrollen zu spielen vermochte. Man könnte wohl eher danach fragen, was er noch nicht gemacht, als danach, was er gemacht hat. Utopia-Designer, Lebensstil-Berater, Delphi-Hasardeur, ComputerSabotageSpezialist, Systemrationalisator… und Gott weiß, was noch alles.«
    »Und Priester«, ergänzte Freeman. »In diesen Bereich dringen wir heute vor. Aber am bemerkenswertesten ist nicht die Anzahl der verschiedenartigen Tätigkeiten, denen er nachgegangen ist. Am beachtlichsten ist vielmehr der Kontrast zwischen den sukzessiven Versionen seiner Selbst.«
    »Aber es war doch sicherlich zu erwarten, daß er seine Spur jedesmal so gründlich wie möglich verwischt hat?«
    »Sie verfehlen den wesentlichen Punkt. Die Tatsache nämlich, daß er uns so lange entgehen konnte, läßt sich darauf zurückführen, daß er es gelernt hat, mit seinen ÜberflutungsReflexen zu leben und sie in gewissem Maße sogar einzudämmen, indem er die gleichen Sorten handelsüblicher Beruhigungsmittel einnahm, die Sie und ich verwenden, um beispielsweise den Schock eines Umzugs zu mildern, und er schluckte auch keine großen Mengen.«
    »Hmm…« Hartz überlegte. »Sie haben recht. Das ist erstaunlich. Sind Sie soweit, um mit der heutigen Sitzung anzufangen? Ich habe hier im Tarnover nicht sonderlich viel Zeit zur Verfügung, müssen Sie wissen.«
    »Ja, Sir«, sagte das Mädchen im weißen Plastik, ohne den Blick zu heben. »Er ist im Fertig-Status.«
    Das Mädchen entfernte sich zur Tür. »Müssen Sie ihm keine Spritzen zur Aufmunterung oder so etwas geben?« fragte Hartz unschlüssig, während er auf eine diesbezügliche Geste Freemans hin Platz nahm. »Er wirkt momentan stark ruhiggestellt.«
    Freeman setzte sich im Sessel vor der Analysenkonsole bequem zurecht. »Nein, das ist keine Frage von Drogen. Wir arbeiten mit Induktionsstrom in den motorischen Zentren. Eine unserer Spezialitäten, wie ich Ihnen verraten darf. Ich brauche nur diesen Schalter zu betätigen, und er kommt zu Bewußtsein - aber natürlich nicht in dem Umfang, daß er dazu fähig wäre, etwas anzustellen. Gerade genug, daß er in genügender Ausführlichkeit antworten kann. Doch bevor ich ihn einschalte, sollte ich Sie kurz über den Einstieg informieren. Gestern
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher