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Dunkle Obsession

Dunkle Obsession

Titel: Dunkle Obsession
Autoren: Fredrica Alleyn
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Erstes Kapitel
    »Aber ich kann doch nicht allein nach Leyton Hall fahren!«, rief Annabel und starrte David ungläubig an.
    David Crosbie, fünfzig Jahre alt und seit langer Zeit der gefragteste Innenarchitekt des Landes, lächelte sie an. »Natürlich kannst du das, Annabel. Du hast in den letzten drei Jahren so viele Renovierungen mit mir gemeinsam durchgezogen, dass du weißt, was verlangt wird.«
    »Aber doch immer mit dir zusammen«, wandte Annabel ein. »Ich habe noch nie etwas allein ausgeführt.«
    »Dann ist es umso wichtiger, dass du damit anfängst. Du bist jetzt dreiundzwanzig Jahre alt. Wenn Martin und ich uns auf die Seychellen zurückziehen, wirst du das ganze Geschäft übernehmen. Wie willst du bestehen, wenn du noch nie allein gearbeitet hast?«
    Annabel fuhr sich mit den Fingern durch die langen braunen Haare und schob die widerspenstigen Locken aus dem Gesicht. »Aber das wird noch Jahre dauern! Außerdem hatte ich gedacht, du würdest mir einen kleineren Auftrag geben. Lady Corbett-Wynne wird einen Trainee vielleicht gar nicht akzeptieren. Ich würde es nicht tun an ihrer Stelle.«
    »Mädchen, Schatz, du hast das Kunststudium mit Auszeichnung abgeschlossen und drei Jahre lang an meiner Seite gearbeitet. Wenn das für die Lady nicht genug ist, wird sie sich eine andere Adresse suchen müssen. Ich habe nicht die Zeit, mehrere Wochen irgendwo in Wiltshire unterzutauchen, denn so lange wird es zweifellos dauern, bis sie sich entschieden hat, was sie will. Ich meine, schau dir doch nur den Brief an! Hast du schon mal so was von Unentschlossenheit gelesen?«
    Annabel lächelte. »Sie klingt ein bisschen unsicher, aber deshalb braucht sie dich.«
    »Nein, deshalb bekommt sie dich!«, korrigierte David sie. »Du bringst frische Ideen mit und gehst mit viel mehr Elan an die Aufgabe heran, als ich das tun würde. Ich werde es langsam müde, verfallende Landhäuser mit knappen Budgets zu retten. Dann lieber jede Woche ein Penthouse in London.«
    In diesem Augenblick kam Martin Wells dazu, Davids Partner und langjähriger Lebensgefährte. Er war zehn Jahre jünger als David, und während David groß, schlank und grauhaarig war, hatte Martin eine gedrungene Figur und eine dichte schwarze Mähne, die immer so aussah, als brauchte sie dringend einen Schnitt. Trotz ihrer körperlichen Gegensätze bildeten sie ein perfektes Paar. David war intensiv und neigte zu Depressionen; Martin nahm das Leben leichter und hatte eine Schwäche für guten Humor, den aber nicht alle Kunden schätzten.
    »Wo liegt das Problem?«, fragte er und schenkte sich eine Tasse des starken Kaffees ein.
    »Ich habe Annabel gerade gesagt, dass sie den Leyton-Hall-Auftrag übernehmen soll«, erklärte David. »Sie sagt, dafür sei sie nicht gut genug.«
    »Du bist gut genug für alles«, sagte Martin und ließ sich in einen Sessel fallen. Er hielt die Tasse in beiden Händen. »Verdammt, wie viel habe ich gestern Abend getrunken?«
    »Zu viel«, gab David zurück. »Haben wir dich bei unserer Heimkehr geweckt, Annabel?«
    »Ich war noch nicht eingeschlafen. Ich habe darüber nachgedacht, welches Blau ich für Amanda Grants Bad verwenden soll und ...«
    »Siehst du, das ist haargenau der Grund, warum ich dir Leyton Hall übertrage«, sagte David triumphierend. »Du lebst in deiner Arbeit. Tag und Nacht, wach oder im Schlaf. Du denkst an nichts anderes als an Inneneinrichtungen. Von dem, was ich gehört habe, wirst du auf Leyton Hall deinen ganzen Enthusiasmus brauchen. Den habe ich nicht mehr, meine Liebe, und das ist die reine Wahrheit.«
    »Es wird dir guttun, eine Weile von uns weg zu sein«, sagte Martin, der sich langsam wieder als ganzer Mensch fühlte, nachdem die Wirkung des Kaffees eingesetzt hatte. »Du musst junge Leute kennen lernen und mehr ausgehen.«
    »Aber ich will nicht ausgehen und auch keine jungen Leute kennen lernen. Ich liebe es, mit euch hier zu arbeiten. Außerdem seid ihr meine Familie. Falls meine Eltern jemals nach London kommen, bezweifle ich, dass sie sich bei mir melden würden. Und wenn doch, würden sie mich nicht erkennen. Sie haben mich das letzte Mal gesehen, als ich siebzehn war.«
    »Niemand würde dich heute noch für siebzehn halten«, sagte Martin und sah sie musternd an. Sie war immer gut gekleidet, und heute trug sie eine marineblau und weiß gestreifte Jacke, die eine gute Handbreit über ihrem Knie endete und fünf Zentimeter länger war als der Mini, den sie darunter trug.
    Eine frische weiße
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