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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)
Autoren: Patrick Roth
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verdient?
    Sondern war sie nicht eingesprungen, weiterzuführen, was er begonnen hatte? Und eingesprungen bedenkenlos? Wie der Sprung von der Mauer, die er bedenkenlos übersprang, als er den Sklaven vor dem Schlangenbiß retten wollte. So war Maria bei ihm gewesen, und ohne Rückhalt ihre Hilfe in seiner Not.
    ›Und diese Frau‹, sprach Joseph zu sich, ›die mir verlobt ist, hab ich allein gelassen und ungeschützt. Und ist jetzt ohne einen, der ganz für sie stünde.‹
    Umstanden war Joseph von solchen Gedanken. Und er hielt noch vor Morgengrauen bei einem felsigen Winkel, kroch außer Sicht.
    Und Joseph fror vor Erschöpfung.
    Da packte er aus, was er mitgebracht, nahm das Bündel, das blutverklebte Gewand, und lockerte es. Und stellte’s hinein in ein Feuer, das er entfachte. Damit nicht, ergriffen ihn welche, sie Beweis bei ihm fänden der Entführung des Sklaven.
    Und verbrannte vor seinen Augen das brennend gefärbte Gewand. Und wie ihm schien, alle Tage, die er’s zuvor getragen, verbrannten mit jenem zu Asche.
    Nur blieb – inmitten des Feuers, in das Joseph blickte – der Abend im Garten unverzehrt von den Flammen.
    Heller als Flammen brannten Sklave und Baum. Und wurden nicht verzehrt von den Flammen.
    Heller als Flammen brannten Schlange und Augenpracht. Und wurden nicht verzehrt von den Flammen.
    Und ein Stich aus den Flammen war der Sprung auf den Hängenden zu.
    Der verzehrte ihn.
    Und Joseph fühlte, verzehrend wie Flammen, die Last auf dem Rücken, da Joseph sie annahm.
    Und ein Wind kam auf, daß Joseph die Not tiefer spürte der Flucht und sich hingab unter den Wind, erschöpft und näher ans erkaltende Feuer rückend.
    Da schlief Joseph, eingekrümmt, die Knie angezogen wie Ungeborenes, und sein Traum stieg herab, und ihm träumte.
    Kapitel 12. Die Ragebilder
    Treibender Regen fällt nieder auf ihn am Ort, wo er eingeschlafen, im Traum aber gerade erwacht.
    So erwacht Joseph im treibenden Regen des Traums.
    Da sieht er, durch eine Hürde von ihm getrennt, zwei Löwen stehen.
    Der Aufseher aber des Gartens des römischen Landhauses tritt aus dem Dickicht des Regens, peitscht deren triefende Mähnen, daß sie aufjagen wütend, losgetrieben über die Hürde, Löwen auf Joseph zu.
    Und Joseph reißt aus der Asche
    glühenden Scheit, daß es
    aufflammt,
    hält schützend vor sich
    die Flamme.
    Und weicht rückwärts
    hinein in den
    Riß
    zwischen
    Felsen.
    Und da, am fleckigen Seil – er erkennt es, das er zu Häupten des Ägypters belassen –, seilt er sich durch den Riß hin abwärts hinab.
    Nur der Hall Tiergebrüll dringt ihm nach und, armlang von Joseph entfernt, der Guß Regen.
    Durch den Riß gesammelt fließen die Wasser, im Herabschuß aufzweigend aber, sich drehend und wirbelnd in Strängen, strähnig aufsprühend in taumelndem Fall, stärker und schwächer, herabwärts am Seil her, hinabwärts an Joseph vorbei, vorauseilend ihm nach unten ins Dunkel.
    Da, auf gewölbt-steinernem Vorsprung landet Joseph am Seil.
    Und im schwachen Licht seiner Flamme beschaut er den Teil des Gewölbten, auf dem er zu stehen gekommen.
    Und sich haltend am Seil, sieht er: feinstbehauen den Stein des Gewölbes, auf dessen Vorsprung er steht.
    Und glaubt zu erkennen, daß der Teil des Gewölbten Teil ist eines mächtig steinernen Lids.
    Oder – da Joseph die Grenzen der Wölbung des Lids nicht ermißt und das Auge unterm steinernen Lid nur erahnt – Teil ist einer noch mächtigeren Stirn.
    Die Stirn aber Teil eines Antlitzes.
    Das Antlitz aber Teil eines riesigen Bildes – aufrecht stehenden Ragebilds, wie er es bei Ismaeliten gesehen.
    Das Ragebild aber selbst nur ein Teil – fühlt Joseph und ahnt es durchs Dunkel hinabhin –, Teil eines steineren Kettenstamms Ragebilder, die sich strecken hinabwärts,
    Kopf
    auf
    Fuß
    auf
    Kopf
    auf
    Fuß
    auf
    Kopf
    auf
    Fuß gestürzt ragend.
    So daß Joseph bewußt wird:
    Es ist ein Tempel, in den ich am Seil mich gestürzt, ein dunkel vergessener Tempel.
    So riesiger Ausmaße aber der Tempel, so grenzenlos unermeßlich, daß es Joseph, wo er stand, das Leben selbst zu sein schien, das unter ihm sich erstreckte.
    Die Einsamkeit aber so grenzenlos, sich dehnend hinabhin ins Dunkel hinaus, daß er aufschrie im Aufschrei zur Frau.
    Denn über sich, es ist wahr, sah er welche, zwei oder drei, darunter auch eine Frau, nicht mehr weit, die seilten ebenfalls sich herab.
    Aber die Frau – denn einsam versuchte er, rufend nach ihr, die da kam, zu erkennen –, war
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