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Kuesse sich, wer kann

Kuesse sich, wer kann

Titel: Kuesse sich, wer kann
Autoren: Janet Evanovich
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    Heute Morgen hat mich meine Oma angerufen, Grandma Mazur.
    »Ich habe von einem Pferd geträumt«, sagte sie. »Das konnte fliegen. Es hatte keine Flügel, aber es flog, einfach so. Es flog über dir, und es ließ Pferdeäpfel fallen, und du bist weggerannt. Das Komische war, dass du nichts anhattest, nur Unterwäsche, einen Stringtanga aus roter Spitze. Als Nächstes flog ein Nashorn über dir. Es schwebte in der Luft über deinem Kopf. In dem Moment bin ich aufgewacht. Ich habe das Gefühl, das hat etwas zu bedeuten.«
    »Und was?«, wollte ich wissen.
    »Keine Ahnung, jedenfalls nichts Gutes.« Aufgelegt.
    So begann mein Tag, und ehrlich gesagt: Der Traum bringt mein Leben auf den Punkt.
    Ich heiße Stephanie Plum. Ich arbeite als Kautionsdetektivin für meinen Cousin Vincent Plum und wohne günstig zur Miete in einem trostlosen dreigeschossigen Backsteinbau am Stadtrand von Trenton, New Jersey. Meine Wohnung im ersten Stock ist mit den ausrangierten Möbeln meiner Verwandten eingerichtet. Ich bin mittelgroß, habe eine normale Figur und halte mich für einigermaßen intelligent, auch wenn ich einen Scheißjob an Land gezogen habe. Mein schulterlanges Haar habe ich von der italienischen Seite meiner Familie geerbt, die blauen Augen von der ungarischen, und mein hübsches Näschen verdanke ich dem lieben Gott. Zum Glück hatte er mir das schon geschenkt, bevor er gemerkt hat, dass ich keine vorbildliche Katholikin bin.
    Es war Anfang September und zu warm für die Jahreszeit. Mein Haar hatte ich zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, auf Make-up ganz verzichtet und stattdessen nur ein wenig Fettstift benutzt. Ich trug ein rotes Stretch-Tanktop, Jeans und Sneakers. Die ideale Montur für die Gangsterjagd, oder um Donuts zu kaufen. Ich parkte meine Schrottkarre, einen alten Ford Escort, vor der Tasty Pastry Bakery in der Hamilton Avenue und zählte im Kopf das Kleingeld in meinem Portemonnaie zusammen. Für zwei Donuts würde es reichen, für drei nicht.
    Hinter der Theke stand Loretta Kucharski, die letztes Jahr noch eine Bankfiliale geleitet hatte. Als die Bank Pleite machte, fand sie diesen Job hier bei Tasty Pastry, meiner Meinung nach ein absoluter Karrieresprung. Mal ehrlich: Wer will nicht in einer Bäckerei arbeiten?
    »Was darf’s sein?«, fragte Loretta. »Cannoli? Italienische Kekse? Donuts?«
    »Donuts.«
    »Möchtest du Boston Cream, Schoko, rote Marmelade, Zitronenglasur, Schokoglasur, Zimtzucker, Heidelbeere, Cremefüllung oder Ahornsirup?«
    Ich kaute auf der Unterlippe. Am liebsten hätte ich alle genommen. »Auf jeden Fall Boston Cream.«
    Behutsam legte sie einen Boston Cream Donut in eine kleine weiße Pappschachtel. »Was noch?«
    »Einen mit roter Marmelade«, sagte ich. »Das heißt, nein. Moment! Mit Ahornsirup. Nein! Entweder Ahornsirup oder Zimtzucker. Oder vielleicht doch lieber den mit der Schokoglasur.«
    Die Tür flog auf, und eine alte Frau stolzierte herein.
    Klein, drahtig, schlichtes schwarzes Kleid, schwarzes Kopftuch, praktische schwarze Schuhe, dunkle Strümpfe – eine Statistin aus einem Low-Budget-Mafiafilm. Stahlgraues Haar, dunkle, blitzende Augen, buschige graue Brauen, mediterrane Hautfarbe.
    Loretta und ich rangen nach Luft, als wir sie erkannten. Es war Bella, die furchtbarste Frau von ganz Trenton. Vor über fünfzig Jahren nach Amerika ausgewandert war sie im Herzen Sizilianerin geblieben: hinterhältig, durchtrieben und höchstwahrscheinlich völlig verrückt. Sie war außerdem die Großmutter meines Freundes.
    Loretta bekreuzigte sich und bat die Heilige Jungfrau Maria um Beistand. Mir wäre angesichts meiner wenigen Kirchenbesuche nicht ganz wohl dabei gewesen, jetzt die Muttergottes um Hilfe zu bitten, deswegen lächelte ich Bella einfach an und winkte ihr scheu zu.
    Grandma Bella zeigte mit dem knochigen Finger auf mich. »Du?! Was machst du hier?«
    Es wäre der Witz des Jahres, wenn einer behaupten würde, meine Beziehung zu Grandma Bella wäre entspannt. In ihren Augen bin ich nicht nur eine Hure, die ihren Lieblingsenkel, Joseph Anthony Morelli, verführt und verdorben hat, ich bin auch noch Edna Mazurs Enkelin. Und Grandma Bella und Grandma Mazur sind sich spinnefeind.
    »Do… Do… Donut kaufen.«
    »Verschwinde!« Bella schob mich zur Seite und trat an die Theke. »Ich war zuerst hier.«
    Loretta fiel die Kinnlade herunter, aufgescheucht lief sie zwischen Bella und mir hin und her. »Äh«, machte sie, den Pappkarton mit meinem Boston-Cream-Donut in
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