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Kuesse sich, wer kann

Kuesse sich, wer kann

Titel: Kuesse sich, wer kann
Autoren: Janet Evanovich
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meisten Leute haben gedacht, Dugan hätte was ausgefressen und sei abgetaucht.«
    Ich stopfte die Mappen in meinen Umhängebeutel und rief Lula an.
    »Was gibt’s?«, sagte sie.
    »Kommst du noch mal vorbei?«
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht.«
    »Ich ziehe los, zwei neue NVG ler jagen.« NVG war unser Kürzel für »nicht vor Gericht erschienen«.
    »Dann muss ich wohl mitziehen«, sagte Lula. »Wie ich dich kenne, hast du nicht mal deine Pistole dabei. Wenn du nun jemanden erschießen musst? Was dann?«
    »Wir erschießen keine Menschen«, sagte ich.
    »Das wüsste ich aber.«
    Zehn Minuten später holte ich Lula auf dem Parkplatz vorm Cluck-in-a-Bucket ab. Ihre Tasche hatte sie um die Schulter geworfen, unterm Arm klemmte eine Tüte Chicken-Nuggets, die Hand schlang sich um eine Literflasche Limo.
    »Frau braucht ein anständiges Frühstück«, sagte sie und schnallte sich an. »Außerdem habe ich gerade eine Diät beendet, ich muss erst wieder zu Kräften kommen.« Sie legte sich eine Papierserviette auf den Schoß und pickte eine Hähnchenkeule aus der Tüte. »Und wen suchen wir?«
    »Merlin Brown.«
    »Kenne ich doch«, sagte Lula. »Haben wir den nicht erst letztes Jahr wegen Kaufhausdiebstahls zurück in den Knast befördert? Er wollte einfach nicht mitkommen. Eine echte Nervensäge. Weswegen ist er diesmal dran?«
    »Bewaffneter Raubüberfall.«
    »Schön für ihn. Wenigstens strebt er nach Höherem. Und wen haben wir noch?«
    »Ziggy Glitch.« Ich gab ihr seine Akte. »Zweiundsiebzig. Köperverletzung. Nach dem suchen wir zuerst.«
    Lula blätterte in den wenigen Seiten. »Er wohnt in Burg, Kreiner Street. Hier steht, er sei bissig. Solche Leute habe ich ja gefressen.«
    Burg war ein Stadtviertel mit kleinen Häusern, schmalen Straßen und fußballfeldgroßen Fernsehbildschirmen. Ich bin in Burg geboren und aufgewachsen, meine Eltern wohnen heute noch da.
    Ich bog von der Hamilton ab, fuhr am St. Frances Hospital vorbei und stieß auf die Kreiner Street.
    »Erfährt man etwas über Ziggys Vorgeschichte?«, fragte ich Lula.
    »Hier steht, er ist pensioniert, hat früher in der Knopffabrik gearbeitet. Nicht verheiratet, soweit ich das überblicken kann. Eine Schwester, die auch die Kautionsvereinbarung unterschrieben hat. Sie wohnt in New Brunswick. Sieht so aus, als sei das seine erste Festnahme. Wahrscheinlich hat er nur seine Pillen nicht genommen, ist durchgedreht und hat irgendeinem anderen alten Sack mit seiner Krücke eins übergezogen.« Lula beugte sich aus dem Fenster und zählte die Häuser ab. »Da drüben das Backsteinhaus mit der roten Tür, das ist es. Schwarze Gardinen vor den Fenstern. Was soll das denn?«
    Ziggy wohnte in einem schmalen zweigeschossigen Haus mit Miniveranda und Kunstrasenabtreter als Vorgärtchen, wodurch es sich in nichts von den anderen Häusern im Block unterschied, abgesehen von den schwarzen Gardinen. Wir stiegen aus, klingelten an der Tür und warteten. Keine Reaktion.
    »Der ist bestimmt da«, sagte Lula. »Wo soll er sonst sein? Zur Arbeit geht er nicht mehr, und die Bingo-Kasinos haben so früh noch nicht geöffnet.«
    Ich drückte noch mal die Klingel, schlurfende Geräusche waren zu hören, dann öffnete sich die Tür einen Spalt.
    »Ja?«, kam es uns aus einem blassen Gesicht entgegen.
    Schütteres graues Haar, knappe 1,80 m große dürre Gestalt; nach der Beschreibung musste das Ziggy Glitch sein.
    »Ich vertrete Ihre Kautionsagentur«, stellte ich mich vor. »Sie haben Ihren Gerichtstermin versäumt. Sie müssen einen neuen vereinbaren.«
    »Kommen Sie wieder, wenn es dunkel ist.« Er knallte die Tür zu und schloss ab.
    »Fängt ja verheißungsvoll an«, sagte Lula. »Warum musst du auch immer mit diesem lahmen Spruch kommen. Der funktioniert nie. Jeder weiß doch, dass du sie nur in den Knast bringen willst. Und wenn sie ins Gefängnis wollten, hätten sie den Gerichtstermin gleich eingehalten.«
    »He!«, brüllte ich Ziggy an. »Machen Sie die Tür auf, oder wir treten sie ein.«
    »Ich trete mit meinen Via Spigas keine Tür ein«, sagte Lula.
    »Toll. Dann trete ich sie eben allein ein.«
    Wir wussten beide, dass das nur dahergeredet war. Türeintreten gehörte nicht zu meinen Spezialitäten.
    »Ich setze mich wieder ins Auto«, sagte Lula. »Die Chicken-Nuggets sind jetzt genau das Richtige, die essen sich schließlich nicht von allein«
    Ich trabte hinter Lula her zum Auto und fuhr uns die kurze Strecke zum Haus meiner Eltern. Burg ist eine
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