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Kuesse sich, wer kann

Kuesse sich, wer kann

Titel: Kuesse sich, wer kann
Autoren: Janet Evanovich
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meinem Kuchen. »Was meinst du damit? Was Krankhaftes?«
    »So könnte man es nennen. Er ist ein Vampir. Wenn er nach draußen an die Sonne geht, könnte ihn das umbringen. Er würde bei lebendigem Leib verbrennen. Du erinnerst dich, wie Dorothy aus dem Zauberer von Oz Wasser auf die böse Hexe kippt und die Hexe in Stücke zerfällt? So ähnlich musst du dir das bei ihm auch vorstellen.«
    Lula hätte vor Lachen beinahe ihren Kaffee ausgespuckt. »So ein Blödsinn! Willst du mich verarschen?«
    »Deswegen hat er nie geheiratet«, sagte Grandma. »Sobald die Frauen seine Reißzähne sahen, wollten sie nichts mehr mit ihm zu tun haben.«
    »In der Polizeiakte steht, er sei bissig. Das ist also ernst gemeint«, sagte Lula.
    Grandma goss ihr Kaffee nach. »Ja. Er zapft dich an und saugt dir dein Blut aus. Bis auf den letzten Tropfen.«
    »Unsinn«, sagte meine Mutter. »Der Mann ist kein Vampir. Er hat krumme Zähne und eine Persönlichkeitsstörung.«
    »Das dürfte wohl der politisch korrekte Ausdruck sein«, sagte Lula. »Ich habe nichts dagegen, es so zu sehen, solange ich keine Verrenkungen machen muss, nur damit ein blutsaugender Scheißvampir nicht beleidigt ist. Ich weiß, meine Ausdrucksweise ist nicht korrekt. Übrigens, der Rührkuchen schmeckt ausgezeichnet. Ist der aus dem Supermarkt?«
    »Als er mir die Tür aufmachte, habe ich keine hervorstehenden Eckzähne an ihm gesehen«, widersprach ich Grandma.
    »Das war tagsüber. Vielleicht hatte er sich gerade bettfertig gemacht und seine Zähne ins Reinigungsbad gelegt«, sagte Grandma. »Ich trage mein Gebiss ja auch nicht nachts.«
    Lula lehnte sich zurück. »Hat der Kerl etwa falsche Zähne?«
    »Früher waren sie echt«, sage Grandma. »Aber vor ein paar Jahren hat Joes Oma Bella mal ihren bösen Blick auf Ziggy abgeschossen, worauf ihm alle Zähne ausgefallen sind. Danach hat er sich an Horace Worly gewandt, den Zahnarzt in der Hamilton Avenue, und Horace hat ihm ein paar Beißerchen gezaubert, die genauso aussahen wie die alten.«
    Ich schaute über die Schulter zu meiner Mutter. »Stimmt das?«
    Meine Mutter seufzte und bügelte weiter.
    »Ich habe gehört, sie haben Lou Dugan gefunden«, sagte Grandma. »Wer hätte gedacht, dass die ihn direkt in der Hamilton Avenue verbuddeln.«
    »Wir haben die Leiche gesehen«, sagte Lula. »Eine Hand ragte aus dem Boden, als hätte er noch versucht, aus dem Grab zu klettern.«
    Grandma schnappte nach Luft. »Wart ihr etwa da? Wie sah er denn aus?«
    »Eklig, wurmzerfressen.«
    »Da muss der Bestatter aber ganz schön ran, um ihn für die Aufbahrung herzurichten«, sagte Grandma.
    »Ja.« Lula tat noch etwas Sahne in ihren Kaffee. »Ohne den Ring hätten wir vielleicht nie gewusst, wer er ist.«
    Grandma beugte sich vor. »Er trug einen Ring? Der ist eine Menge Geld wert. Welcher Hohlkopf vergräbt denn Lou Dugan mit seinem Ring am Finger?«
    Lula schaufelte sich das nächste Stück Kuchen auf den Teller. »Sag ich doch, es kann nur ein Amateur gewesen sein. Der muss in Panik gehandelt haben.«
    Oder es ist jemand, der ein Exempel statuieren will, dachte ich. Vielleicht war es Absicht, dass Lou Dugan entdeckt werden sollte.
    »Gemütlich habt ihr es hier in eurer Küche«, sagte Lula. »Hier drin könnte ich Lou Dugan und seine wurmstichige Hand glatt vergessen.«
    Das Haus meiner Eltern ist klein und vollgestopft mit bequemen, leicht angeranzten Möbeln. Vor den Fenstern hängen weiße Gardinen, auf den Mahagoni-Beistelltischen stehen Lampen und diverse Teller mit Süßigkeiten, über die champagnerfarbene Sofalehne, exakt mittig gefaltet, ist eine orange-braun-cremefarbene Häkeldecke drapiert. Der Lieblingssessel meines Vaters ist bordeauxrot-gold gestreift, das Sitzpolster ziert ein dauerhafter Abdruck seines Hinterns. Sofa und Sessel sind auf einen neuen Flachbildschirm ausgerichtet, der wiederum in einem neuen Mahagoni-Entertainment-Center eingebaut ist. Auf dem Sofatisch ordentlich angeordnet Untersetzer und Zeitschriften. An die Wand gerückt ein Wäschekorb mit Spielsachen. Die Spielsachen gehören den Kindern meiner Schwester.
    Das Wohnzimmer geht ins Esszimmer über. Der Esszimmertisch ist für sechs, kann aber ausgezogen werden, um mehr Personen Platz zu bieten. Meine Mutter sorgt dafür, dass immer ein Tischtuch aufliegt, meistens was Rotgelbes, und über dem bunten Tischtuch breitet sie noch eine Spitzendecke aus. So hält sie es, seit ich denken kann.
    Das Esszimmer ist von der Küche durch eine Tür
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