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Die Hitze der Hölle

Die Hitze der Hölle

Titel: Die Hitze der Hölle
Autoren: Paul C. Doherty
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Prolog

    A n den Ufern des Toten Meeres, wo die Dschinns und Teufel von ihrem ständigen Kampf gegen den Menschen ausruhen, stand auf einem Felsen die aus Sandstein errichtete Festung von Am Massafia, der Bau des Scheichs Al-Jebal, des Alten Mannes der Berge. Die Pfade, die zum Bau des Alten Mannes führten, waren schmal, verschlungen und schwer zu finden. Geier, deren Schatten den Wanderer ständig begleiteten, kreisten über ihnen. Das letzte Stück des Weges führte auf einer schwankenden Hängebrücke über einen tiefen Abgrund und wurde von Schwertkämpfern aus dem Sudan bewacht. Ihre breiten Krummschwerter, die am Gürtel hingen, waren wie Rasiermesser. Hatte der Besucher jedoch erst einmal diesen fürchterlichen Abgrund und ein eisenbeschlagenes Tor passiert, dann fand er sich in einem Palast mit Mosaikfußböden und kühlen Innenhöfen mit sprudelnden eiskalten Brunnen wieder, die Schutz gegen die Sonne boten. Pfauen stolzierten umher, und Papageien krakeelten in den Rosengärten oder raschelten im dunklen Laub der Maulbeerbäume. Die Innenhöfe waren von Spalieren umgeben, an denen sich seltene exotische Pflanzen emporrankten, die die trockene Luft mit ihrem Duft erfüllten. Weihrauchfässer, die in Ecken oder auf Borden standen, sandten ihren gelbbraunen Rauch in den ewigblauen Himmel.
    Doch unter der Festung verbargen sich Räumlichkeiten, die einen ganz anderen Charakter hatten: dunkle und heiße Gänge, fensterlose, stickige Gelasse. Hier flackerte nur gelegentlich einmal eine Fackel vor dem blutroten Sandstein. Die Kerker des Alten Mannes der Berge beherbergten viele Gefangene. Einige waren schon lange tot. Ihr Fleisch war verwest, und ihre Knochen nahmen in der Hitze eine immer gelblichere Färbung an. Andere waren verrückt geworden, kauerten wie Tiere angekettet in den Kerkern oder liefen auf allen vieren wie Hunde, ließen die Zunge heraushängen und heulten gegen die Dunkelheit an. Ihnen sah der Wahnsinn aus den Augen. In einer Zelle jedoch wand sich der Unbekannte, der andersgläubige Ritter mit flachsblondem Haar und wasserblauen Augen, auf fauligem Stroh und sann auf Rache. Einzig der Traum von Vergeltung hielt die nachtschwarzen Gedanken und die Dämonen, die ständig nach seiner Seele trachteten, auf Abstand. Haß, Wut und dieses glühende Verlangen nach Rache ließen ihn seinen Verstand behalten und trieben ihn auch dazu, sich körperlich zu stählen. Er versuchte die Gedanken an die Schrecken, die ihn umgaben, zu verdrängen und lebte ständig in der Vergangenheit. Er dachte an die schreckliche Nacht, in der die mächtige Stadt Akka den Türken in die Hände gefallen war. Immer wieder erinnerte er sich an das Donnern der Kesseltrommeln. Es hatte die Stürmung der Stadt durch die muslimischen Horden begleitet. Die schwerbewaffneten Regimenter der Mamelucken hatten die Wallanlagen überwunden, waren über Leichen und zerstörte Rammböcke geklettert, hatten die verwundeten Ritter zurückgeworfen und von den Straßen der Stadt Besitz ergriffen. Der Gefangene blinzelte, hob den Arm und schaute auf den weißlichen Schorf, der Arme und Beine bedeckte. Er schloß die Augen und bat, daß Gott sein Leben erhalten möge. Er betete nicht darum, vom Aussatz geheilt zu werden, sondern darum, so lange am Leben zu bleiben, daß er Rache üben könne.
    In den prächtigen luftigen Räumen weit oberhalb des Kerkers saß Scheich Al-Jebal, der Alte Mann der Berge, und sah auf einen von einer Mauer umgebenen Garten mit einem Marmorbrunnen, der funkelnden Wein in die von Blütenduft erfüllte Luft schleuderte. Er schaute mit opiumverschleiertem Blick auf Pavillons, die mit Seidenteppichen ausgelegt waren, und auf geflieste Säulengänge, in denen junge Männer mit tscherkessischen Mädchen lagen und im Haschischrausch vom Paradies träumten. Die paradiesische Stunde dauerte jeden Tag, bis die Befehle des Alten Mannes erfolgten. War der Würfel einmal gefallen, dann zogen diese jungen Männer in weißen Roben mit roten Schärpen und in scharlachroten goldbestickten Pantoffeln von der Festung in die Täler, um diese nach dem Willen ihres Herrn heimzusuchen. Niemand vermochte sich ihm zu widersetzen. Niemand entging je seinem Todesurteil. Zwei Dolche in roter Seide neben dem Kopfkissen und ein Stück Sesambrot an einem auffälligen Platz waren eine Warnung vom Alten Mann der Berge, daß seine Meuchelmörder bald ihre Arbeit ausführen würden, die Tage des Betroffenen gezählt waren.
    Der Alte Mann drehte sich um
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