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Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Titel: Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman
Autoren: Eve Rudschies
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kamen Bauern höchstens mit dem Rindvieh, dessen Fleisch als völlig unverträglich galt für die feinen Leute.
    Nur zum Vergleich: Zum reinen Element Feuer gehörte der unsterbliche Salamander; zur edlen Luft die traumhaften Sylphen, die Naturgeister, die Paracelsus so eindringlich beschrieben hat; zum Wasser die geheimnisvollen, schönen, aber gefährlichen Undinen, sozusagen die Süßwassersirenen; dem Element Erde verbunden war die Melancholie, also das Starre, Trübe, Passive. Nichts, was damit in Berührung kam, konnte einen raffinierten Magen zufriedenstellen. Doch die Zuchtspargel und die ebenfalls gezüchtete Artischocke, die Gemüsestars der Renaissance, schienen wie geschaffen für die edlen Lufttemperamente. Beide waren Blumen, Töchter der Luft und der Sonne. Ihre wilden Ahnen kamen, wie die göttlichen Zitrusfrüchte, aus der Wiege der wiederentdeckten Zivilisation, dem Mittelmeerraum – insbesondere aus Italien.
    Wenden wir uns nach diesem Exkurs wieder der Artischocke zu. Schnell wurde sie zum Liebling aller Mächtigen. Das prächtige Distelgewächs kann menschenhoch werden. Seine herrliche, lilafarbene Blume hat die Form einer Krone; die furchterregend stacheligen Blätter, der phallische Körper der Pflanze versprechen ewige Potenz und Liebeslust. Katharina von Medici, die die schöne, gefährliche Italienerin nach Frankreich brachte, fütterte damit König Heinrich II., ihren Gemahl. So hoffte sie, ihn den Armen seiner Mätresse Diane de Poitiers zu entreißen. Doch Heinrich blieb der zehn Jahre älteren Diane (s)ein Leben lang verbunden, wenn auch nicht treu. Denn gleichzeitig gebar Katharina dem Untreuen zehn Kinder. Artischocke bedeutete Manneskraft, das war nun erwiesen. Also hielt die Artischocke, meist getrocknet oder in Pulverform, Einzug in die Apotheken. Man empfahl sie gegen Melancholie, Trübsinn, Starre und Lustlosigkeit. Sie galt als harntreibend und verdauungsfördernd. Den Greisen sollte sie die Kraft der Jugend zurückgeben. Das mag unglaubwürdig klingen, doch es stimmt: Die Artischocke ist tatsächlich eine medizinisch hochpotente Pflanze. Ihre Bitterstoffe treiben noch den schwächsten Verdauungstrakt zu Höchstleistungen. Sie ist voller Antioxidantien. Wie man an greisen Ratten erfolgreich testen konnte, kann sie sogar Blutgefäße erweitern und regenerieren. Viagra et. al. schaffen das nur für kurze Zeit …

    Zutaten (für 4 Personen):
    4 mittelgroße Artischocken (oder 4 tiefgekühlte Artischockenböden; auf keinen Fall Dosenware)
    4 Scheiben Toastbrot
    2 EL Butter
    1 großer Markknochen, gekocht, das Mark herausgeholt (oder 2 EL Schweineschmalz)
    ½ EL weiche Rosinen
    1 dl trockener Weißwein
    1 TL Muskatblüten (Macis), gemahlen oder im Mörser zerstampft
    1 Zitrone
    Salz und Pfeffer

    Zubereitung:
    Den Stiel der Artischocken abschneiden, die Schnittflächen mit etwas Zitronensaft einreiben. Die Artischocken in reichlich Salzwasser garen (je nach Größe zwischen 20 und 40 Minuten). Im Sud erkalten lassen. Die Blätter auszupfen und das Heu entfernen, sodass nur noch die Böden bleiben. Wenn die Blätter fleischig sind, können Sie sie mit einer kleinen Senfvinaigrette servieren. Benützen Sie tiefgekühlte Böden, so kochen sie diese 15 Minuten in Salzwasser und lassen sie dann abkühlen.
    Die Toastbrotscheiben in heißer Butter leicht rösten, auf Teller verteilen und die Artischockenböden darauf setzen. Das gekochte und leicht gehackte Rindermark (oder das Schweineschmalz) in einer kleinen Kasserole auslassen, mit den Rosinen, dem Wein und dem Macis mischen. Die Flüssigkeit zur Hälfte einkochen; löffelweise über die Artischocken gießen. Das Ganze mit Salz, Pfeffer und etwas Muskatblüten bestreuen.

    Die Verwendung der Rosinen zeugt wieder einmal vom arabischen Einfluss auf die Küche der Renaissance. Der arabischen Gartenbaukunst verdanken wir die Zähmung der wilden Distelpflanze. Sie bauten diese schon sehr früh in Spanien an. Von dort gelangte sie im 14. und 15. Jahrhundert nach Sizilien, wo der Einfluss der arabischen Küche noch heute deutlich spürbar ist.

    Muskat und Macis (Muskatblüte): Persönlich würde ich auf das Bestreuen mit Macis beim Servieren verzichten. Es gibt genug davon im Gericht selbst; außerdem sollte es nicht den feinen Geschmack der Artischocke und des Rindermarks überdecken. Deswegen würde ich lieber einige frisch gehackte Kräuter verwenden: Kerbel, glattblättrige Petersilie, Schnittlauch, Estragon, Fenchelgrün, Bärlauch in
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